LSG Berlin-Brandenburg

Festbetragsfestsetzung für Cipralex® gekippt

Berlin - 14.12.2011, 16:32 Uhr


Patienten, die Cipralex® (Escitalopram) verordnet bekommen, müssen ab sofort keine Aufzahlung mehr leisten. Wie der Hersteller Lundbeck mitteilte, hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einem Eilantrag des Unternehmens stattgegeben und den Festbetrag für Cipralex® bis auf weiteres außer Vollzug gesetzt.

Seit dem 1. Juli finden sich die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram und Escitalopram in einer gemeinsamen Festbetragsgruppe. Lundbeck hatte gegen den dieser Eingruppierung zugrunde liegenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geklagt und nun im Eilverfahren vorläufig Recht zugesprochen bekommen.

Zur Begründung führte der Senat aus, derzeit sei von der Rechtswidrigkeit der Festbetragsfestsetzung auszugehen. Der Beschluss des G-BA leidet nach Auffassung des Senats an Beurteilungsfehlern. Dies gelte auch für den Fall, dass der G-BA nach einer Korrektur der festgestellten Mängel im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes zum selben Ergebnis gelange. Zunächst sei der Wettbewerb zwischen den Arzneimittelherstellern jedenfalls verfälscht.

Die Beurteilungsfehler des G-BA sah der Senat im Zusammenhang mit dessen Bewertung, dem Wirkstoff Escitalopram eine therapeutische Verbesserung der Behandlung der Depression abzusprechen. Zumindest empfanden die Richter die Begründung nicht als in dem Maße nachvollziehbar, wie es das SGB V fordere. Auch die Annahme des G-BA, der Wirkstoff Escitalopram dürfe zusammen mit dem Wirkstoff Citalopram in einer Festbetragsgruppe zusammengefasst werden, weil Therapiemöglichkeiten dadurch nicht eingeschränkt würden, sei aufgrund einer fehlerhaften Beurteilungsgrundlage ergangen, entschieden die Richter.

Ob darüber hinaus auch die Vergleichsgrößenfestsetzung des G-BA rechtsfehlerhaft erfolgte, ließ der Senat hingegen offen. Er verwies jedoch darauf, dass seiner Auffassung nach die gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke als  kritisch anzusehen sei –  insbesondere wenn die Anwendungsgebiete der Wirkstoffe bei einer Festbetragsgruppe II unterschiedlich seien.

Beschwerde gegen den Eilbeschluss des LSG ist nicht möglich. Abzuwarten bleibt nun, wann über die Klage selbst entschieden werden kann. Dies steht derzeit noch nicht fest. Durch den Beschluss sind die Krankenkassen nun vorerst verpflichtet, Patienten die Behandlungskosten mit Cipralex® zu bezahlen – ganz ohne zusätzliche Zuzahlungen.

(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2011, Az. L 1 KR 184/11 ER)


Juliane Ziegler