Hessischer Verwaltungsgerichtshof

Apotheker gibt im Streit ums Verblistern im Heim auf

Kassel - 09.02.2012, 17:06 Uhr


Nach gut zweijährigem Rechtsstreit hat ein Apotheker aus Südhessen den Versuch aufgegeben, gerichtlich eine Erlaubnis für das Verblistern von Arzneimitteln in einem Seniorenheim durchzusetzen. Eine beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingelegte Berufung mit diesem Ziel nahm sein Rechtsanwalt heute während der mündlichen Verhandlung zurück.

Der Apotheker hatte 2009 begonnen, ein Heim im benachbarten Landkreis zu versorgen und dabei auch vor Ort in einem angemieteten Raum Medikamente zu verblistern. Dieses Verblistern außerhalb seiner Apotheke wurde ihm von der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Regierungspräsidium Darmstadt, untersagt. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt blieb ohne Erfolg. Bevor er die Berufung zurücknahm, hatte sich abgezeichnet, dass nun auch Hessens oberste Verwaltungsrichter seinen Argumenten nicht folgen würden. 

Völlig klar sei, so der Vorsitzende Richter, dass Verblistern ein Herstellen von Arzneimitteln darstelle. Klar sei auch, dass Verblistern dem Apotheker im üblichen Apothekenbetrieb erlaubt sei. Die Frage sei: „Kann das in einem ausgelagerten Raum stattfinden?“

Im konkreten Fall streitig war allerdings nur die spezielle Konstellation im Seniorenheim. Kritisch wies der Senat auf dessen große Distanz zur Apotheke hin – offenbar rund 47 km. Selbst in Fällen, wo die Nutzung ausgelagerter Räume erlaubt ist, fordert das Gesetz, dass diese „in angemessener Nähe“ zur Apotheke liegen. Dass der Apotheker mindestens 30 Minuten über die Autobahn fahren müsse, um sie zu erreichen, sei wohl kaum gemeint, deuteten die VGH-Richter an.

Der Kläger hatte unter anderem argumentiert, das Herstellungsprivileg eines Apothekers sei an die Person gebunden – nicht aber an die Räumlichkeiten der jeweiligen Apotheke. Auch gebe es etliche Ausnahmen vom Grundsatz der Betriebseinheit. Und es gebe keine Vorschrift für Heime, die dem ausdrücklichen Verbot, Lagerräume in einem Krankenhaus anzumieten, vergleichbar sei. 

Die erste Instanz hatte all diese Argumente zurückgewiesen. Der VGH, der die Berufung zugelassen hatte, um grundlegende Rechtsfragen zu klären, sah sich gestern vom Gesetzgeber überholt: Die geplante Novelle zur Apothekenbetriebsordnung erlaubt Heimversorgern explizit Herstellungstätigkeiten in bestimmten ausgelagerten Räumen – nicht aber in den Heimen selbst. Änderungen daran würden in Berlin nicht erwartet, erklärte der Vorsitzende unter Verweis auf ein Telefonat mit dem Bundesgesundheitsministerium: „Ich halte es nicht für sinnvoll, eine Sache zu entscheiden, die ohnehin in drei Monaten klar ist.“

Für klar rechtswidrig erklärte das Gericht das Vorgehen des Regierungspräsidiums in einem Punkt: Ohne rechtskräftige Entscheidung und ohne sofortige Vollziehbarkeit habe die Behörde dem Apotheker kein Zwangsgeld androhen dürfen, falls er das Verblistern im Heim fortsetze. Das Regierungspräsidium  nahm die Anordnung zurück.

Der Kläger geht nach Angaben seines Rechtsanwalts inzwischen so vor: Er hole Medikamente im Heim ab, verblistere sie in seiner Apotheke und liefere sie dann wieder aus. Das aber sei nicht effektiv.

VGH Hessen Az.: 8 A 1778/11


Katja Schmidt