BfArM

Escitalopram im Stufenplanverfahren

Berlin - 15.02.2012, 11:39 Uhr


Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat ein Stufenplanverfahren (Stufe II) für Escitalopram-haltige Arzneimittel eingeleitet. Nachdem der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA das Antidepressivum im Hinblick auf QT-Zeit-Verlängerung wissenschaftlich neu bewertet hat, reagierte nun auch die zuständige deutsche Behörde. Nach der neuen Erkenntnislage halten der CHMP und das BfArM Anpassungen der Gebrauchs- und der Fachinformation für erforderlich.

In einer Studie mit gesunden Probanden und in ergänzenden pharmakokinetischen Studien hatte sich eine dosisabhängige Verlängerung des QT-Intervalls gezeigt, unter anderem mit Auftreten von ventrikulären Arrhythmien, einschließlich sogenannter Torsade-de-pointes-Arrhythmien. Die Beobachtungen wurden durch Daten aus der Spontanberichterstattung bestätigt. Bisher ist nichts über die Häufigkeit der Nebenwirkung bekannt. Hauptsächlich betroffen waren weibliche Patienten, Patienten mit Hypokaliämie, vorbestehender QT-Zeit-Verlängerung oder anderen Herzerkrankungen. Schon im Dezember 2011 wurde ein Rote-Hand-Brief zur dosisabhängigen QT-Intervall-Verlängerung unter Escitalopram veröffentlicht. 

Nach den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen soll die Fachinformation für medizinische Fachkreise um folgende Informationen ergänzt werden: 

  • Escitalopram ist kontraindiziert bei angeborenen Herzrhythmusstörungen oder wenn andere Arzneimittel eingenommen werden, die den Herzrhythmus beeinflussen, dazu zählen Antiarrhythmika der Klassen Ia (Natriumkanalblocker wie z.B. Chinidin) und III (Kaliumkanalblocker wie Amiodaron), Antipsychotika (z.B. Haloperidol), trizyklische Antidepressiva, sowie bestimmte Antibiotika (z.B. Erythromycin) und Antihistaminika (z.B.Astemizol)
  • Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit kurz zurückliegendem akutem Myokardinfarkt, Bradykardie (verlangsamtem Herzschlag) oder dekompensierter Herzinsuffizienz geboten
  • Elektrolytstörungen wie verringerte Kalium- oder Magnesiumspiegel können das Risiko für Herzrhythmusstörungen unter Escitalopram-Behandlung erhöhen
  • Für Patienten mit stabilen Herzerkrankungen sollte vor Beginn der Behandlung mit Escitalopram eine Überprüfung durch ein Elektrokardiogramm (EKG) in Erwägung gezogen werden
  • Bei Anzeichen von Herzrhythmusstörungen unter Escitalopram-Behandlung oder Überdosierung sollte das Arzneimittel abgesetzt und ebenfalls ein EKG durchgeführt werden

In der Gebrauchsinformation für den Patienten soll  unter den Nebenwirkungen darauf hingewiesen werden, bei Auftreten eines schnellen, unregelmäßigen Herzschlags und Ohnmacht sofort einen Arzt zu benachrichtigen oder sich direkt in ein Krankenhaus zu begeben.

Bis zum 20. März 2012 haben die pharmazeutischen Unternehmer Zeit Stellung zu nehmen. Aufgrund der Vielzahl von Herstellern regt das BfArM eine Koordinierung mit den Verbänden der pharmazeutischen Industrie zu einer gemeinsamen Stellungnahme an. 

Die Bekanntmachung des BfArM finden Sie unter: BfArM Liste der Stufenplanverfahren Escitalopram: Dosisabhängige QT-Intervall-Verlängerung, Ergänzungen in den Produktinformationen


Almuth Schmidt