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Typ-1-Diabetes
Kaiserschnitt erhöht das Risiko
Kinder, die per Kaiserschnitt zur Welt kamen, haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko für einen Typ-1-Diabetes als Kinder, die spontan entbunden wurden. Eine Erklärung sehen die Forscher in der Tatsache, dass eine Entbindung per Kaiserschnitt die Zusammensetzung der kindlichen Darmflora verändert und damit die Entwicklung von Autoimmunität begünstigt.
Das zeigten die Ergebnisse der BABYDIAB-Studie, wie die Universität München jetzt mitteilte. Die Studie zählt zu den Vorreiterstudien auf dem Gebiet der Pathogeneseforschung des Typ-1-Diabetes. Seit 1989 werden mehr als 1.650 Kinder von Eltern mit Typ-1-Diabetes von Geburt an über einen Zeitraum von inzwischen 20 Jahren beobachtet. Dabei werden die Teilnehmer regelmäßig auf Inselautoantikörper untersucht.
In der Langzeit-Studie der Forschergruppe Diabetes der Technischen Universität München wurde der Einfluss von Umweltfaktoren auf die Entwicklung der Erkrankung bei 1.650 Kindern aus Risikofamilien untersucht. Die Studienteilnehmer wurden von Geburt an durchschnittlich elf Jahre lang beobachtet. Dabei haben Kinder, deren Mutter oder Vater an Typ-1-Diabetes erkrankt ist und die per Kaiserschnitt geboren wurden, ein Risiko von 4,8 Prozent, bis zum 12. Lebensjahr an Diabetes zu erkranken. Dagegen liegt das Risiko von Kindern mit familiärer Vorbelastung, die vaginal entbunden wurden, bei 2,2 Prozent. Das erhöhte Diabetesrisiko bei Kaiserschnitt trat unabhängig davon auf, ob es sich um eine Mehrlingsschwangerschaft, Frühgeburt oder um das Erstgeborene handelte. Auch der Geburtsmonat und Rauchen während der Schwangerschaft hatten keinen Einfluss.
Ein größeres Diabetes-Risiko durch Kaiserschnitt war auch nachweisbar bei Kindern mit bestimmten Varianten des Gens IFIH1 (Interferon induced with helicase C domain 1), das die Entwicklung von Typ-1-Diabetes beeinflusst. Das Protein IFIH1 ist für die Erkennung von Virus-RNA zuständig und reguliert somit die angeborene Immunabwehr gegenüber Viren. Man nimmt an, dass eine Virusinfektion das IFIH1-Gen aktiviert und es dadurch zur Ausschüttung des immunstimulierenden Proteins Interferon kommt. Dies hemmt zwar die Virusvermehrung, jedoch lockt es auch die zytotoxischen T-Zellen an, die – so nimmt man an – Betazellen erkennen und zerstören. Somit scheinen Virusinfektionen die Entwicklung von Typ-1-Diabetes zu fördern. Bei Kindern mit bestimmten Varianten dieses Gens steigt das Risiko für die Autoimmunerkrankung bei einem Kaiserschnitt sogar um etwa das Dreifache (9,1 Prozent gegenüber 2,8 Prozent bei spontaner Entbindung).
Ein Kaiserschnitt beeinflusst jedoch nicht das Risiko für die Entstehung von Inselautoimmunität und die Bildung von Autoantikörpern gegen die Insulin produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse als Vorboten der Manifestation eines Diabetes. Allerdings beschleunigt die Geburt per Kaiserschnitt offenbar die Entstehung von Diabetes nach dem Auftreten erster Autoantikörper.
Eine Erklärung für diese Ergebnisse ist die Tatsache, dass die Entbindung per Kaiserschnitt auf die Beschaffenheit der kindlichen Darmflora und damit auf das Immunsystem einwirkt. Unter den Mikroorganismen, die den Darm besiedeln, lassen sich bei Kindern, die per Kaiserschnitt auf die Welt kamen, zum Beispiel weniger Bifidobakterien nachweisen. Somit ähnelt die Darmflora dieser Kinder der gestörten Darmflora von Diabetikern. Bei den Bifidobakterien handelt es sich um die wichtigste Gruppe der nützlichen Darmbakterien. Sie sind auch in der Vagina gesunder Frauen zu finden, so dass sie bei einer vaginalen Entbindung vom Säugling aufgenommen werden können. Diese Mikroorganismen erfüllen neben der Bekämpfung von Krankheitskeimen und Schadstoffen vielfältige Aufgaben für das Immunsystem.
München - 25.02.2012, 10:00 Uhr