Amyotrophe Lateralsklerose

Neues Entstehungsmodell

München - 17.03.2012, 10:00 Uhr


Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu einer fortschreitenden Muskellähmung führt. Bisher ging man davon aus, dass ein Transportproblem der Organellen Axone von motorischen Neuronen verkümmern lässt.

Neue Untersuchungen eines Forscherteams der Technischen Universität München (TUM) stellen jetzt dieses Erklärungsmodell infrage. Ein typisches Merkmal neurogenerativer Erkrankungen ist eine Schädigung von Axonen. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass der gestörte Transport von Zellorganellen entlang der Axone unmittelbar zu ihrem Absterben führt, da Organellen wie Mitochondrien für den Stoffwechsel und -austausch in der Zelle verantwortlich sind. 

Die Wissenschaftler untersuchten Axone auf morphologische Veränderungen und Störungen im Zelltransport. An Tiermodellen mit verschiedenen genetischen Mutationen, die ALS beim Menschen auslösen, entwickelten sie neue Methoden, um die Organellen im Axon mittels genetischer Verfahren zu markieren und unter speziellen „Zeitraffe“’-Mikroskopen live zu beobachten. Dabei stellten sie fest, dass verschiedene Modelle sich unterschiedlich verhielten.

Unter dem Mikroskop verfolgten sie die Bewegungen einzelner Mitochondrien und von Vesikeln des Endosom-Systems. Zu ihrer Überraschung stellten sie fest, dass die eingeschränkte Bewegung der Organellen und das Axon-Sterben voneinander unabhängige Prozesse darstellen können – und widerlegten so die bis dahin gültige Hypothese. Offensichtlich gibt es für die eingeschränkte Mobilität der Organellen und für das Absterben der Axone unterschiedliche Mechanismen. Zumindest im Fall der ALS scheint der Zelltransport daher nicht das geeignete Ziel für therapeutische Ansätze darzustellen.

Literatur: Marinković, P., et al.: PNAS Early Edition, Feb. 27-March 2, 2012. DOI: 10.1073/pnas.1200658109


Dr. Bettina Hellwig