AMG-Novelle im Bundesrat

AOK warnt vor steigenden Arzneimittelausgaben

Berlin - 30.03.2012, 07:48 Uhr


Die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen könnten nach Einschätzung der AOK bald wieder deutlich steigen. Sorge bereiten der Kasse Empfehlungen der Bundesratsausschüsse zur Novellierung des Arzneimittelrechts, die heute im Plenum der Länderkammer abgestimmt werden. Sie sehen vor, Arzneimittel-Rabattverträge einzuschränken. Zudem sollen sich Pharmaunternehmen leichter vom erhöhten Herstellerabschlag befreien können.

Der geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbandes, Uwe Deh, sagte, die Pharmalobby versuche, „über Kungeleien im Hinterzimmer Gesetze auszuhebeln, von denen die Versicherten in erheblichem Umfang profitieren". Der von den Ländern aufgegriffene Vorschlag, wonach Krankenkassen nach Ablauf des Patentschutzes für ein Medikament zwei Jahre lang keinen Rabattvertrag mit dessen Hersteller abschließen dürfen, entspreche eins zu eins den Forderungen des Generika-Lobbyverbandes. „Das wäre nichts anderes als eine Lizenz zum Gelddrucken für die führenden Großen der Generikabranche“, ärgert sich Deh. 

Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Chefverhandler für die bundesweiten AOK-Arzneimittelrabattverträge, erklärte: „Es gibt kein belastbares Beispiel dafür, dass durch den Rabattvertrag einer Krankenkasse mit dem Originalhersteller nach Patentablauf der Generikawettbewerb behindert wurde“. In der Tat wäre eine solche Schonfrist für die AOK, die Pionierin der Rabattverträge, ein bedrohliches Szenario. Durch neue und laufende Rabattverträge erwartet die AOK nach eigenen Angaben in diesem Jahr Einsparungen von bis zu einer Milliarde Euro. 

Eine weitere Empfehlung der Ausschüsse, die der AOK missfällt: Anträge von Pharmaunternehmen, sie vom erhöhten Herstellerabschlag zu befreien, sollen nicht ganz so streng wie bislang geprüft werden. Eine Befreiung sollte nicht erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn das Unternehmen kurz vor der Insolvenz stehe, so die Länderausschüsse. Um als „überfordert“ zu gelten, sollte beispielsweise ein 14-prozentiger Umsatzrückgang durch die Zwangsrabatte als Voraussetzung genügen. „Angesichts der guten Kassenlage in der gesetzlichen Krankenversicherung dürfte ausreichend Spielraum vorhanden sein, um die Belastung kleinerer Unternehmen, die nicht in der Lage sind, ihre Umsatzeinbußen auf anderen Märkten durch entsprechende Maßnahmen zu kompensieren, zu lindern“, so die Länder.

Insgesamt gaben die gesetzlichen Krankenkassen 2011 rund 180 Milliarden Euro aus, davon 61 Milliarden für Kliniken, 34 Milliarden für Ärzte und knapp 31 Milliarden für Arzneimittel. Ein Ausgabenminus war dabei in diesen drei größten Kostenblöcken nur bei den Medikamenten zu verzeichnen: Hier sanken die Kosten infolge der schwarz-gelben Spargesetze um vier Prozent. 

Der Bundesrat befasst sich heute erstmals mit dem Kabinettsentwurf des „Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“. Voraussichtlich Ende April soll die erste Lesung im Bundestag stattfinden.


Kirsten Sucker-Sket


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