IQWIG

Kein Zusatznutzen für Cannabis bei multipler Sklerose

Berlin - 03.04.2012, 09:12 Uhr


Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kann aus formalen Gründen keinen Hinweis auf einen Zusatznutzen von Extrakten aus Cannabis sativa (Sativex®) im Vergleich zur optimierten Standardtherapie feststellen. Die Wirkstoffkombination Tetrahydrocannabinol / Cannabidiol (THC / CBD) ist als erstes Mundspray zur Behandlung von Spasmen aufgrund einer multiplen Sklerose seit Mai 2011 zugelassen.

Laut IQWiG ist das pharmazeutische Unternehmen Almirall im vorgelegten Arzneimitteldossier von der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegten Vergleichstherapie ohne ausreichende Begründung abgewichen. In keiner der Studien sei eine Optimierung der spasmolytischen Vormedikation geplant gewesen, weshalb auch keine Aussage zum Zusatznutzen von THC / CBD gemacht werden könne. 

Die festgesetzte Vergleichstherapie des G-BA sah vor, eine Kombinationstherapie mit Cannabis-Extrakt mit einer optimierten Kombinationstherapie aus anderen spasmolytischen Wirkstoffen zu vergleichen. Laut G-BA sollten demnach einer Therapie mit Cannabis-Extrakt mindestens zwei Therapieversuche mit verschiedenen anderen oralen Spasmolytika vorausgegangen sein. Von diesen eingesetzten Arzneimitteln sollte mindestens ein Arzneimittel Baclofen oder Tizanidin gewesen sein. 

Almirall wählte jedoch abweichend von der Vergleichstherapie des G-BA die Beibehaltung der individuellen spasmolytischen Vormedikation des Patienten. Das Unternehmen begründete die Abweichung damit, dass bei länger vorbehandelten Patienten davon ausgegangen werden könne, dass die vorausgegangene Therapie optimiert und diese als Vergleich aussagekräftiger sei. Die Entscheidung des IQWiG sei „nicht nachvollziehbar“, so Farid Taha, Managing Director bei Almirall. Diese innovative Therapieoption sei ein großer Fortschritt in der Behandlung von Patienten mit MS-induzierter Spastik. Laut einer Studie litten fünf von sechs MS-Patienten im Laufe ihrer Erkrankungen an Spastiken.

Nach der Dossierbewertung durch das IQWiG trifft der G-BA den letztendlichen Beschluss über das Ausmaß eines Zusatznutzens und beschließt damit das Verfahren der frühen Nutzenbewertung.


Almuth Schmidt