Schmerzforschung

Die Sensoren des Fadenwurms

Freiburg - 18.04.2012, 10:00 Uhr


Forscher an der Universität Freiburg haben jetzt Mechanismen der Schmerzwahrnehmung entschlüsselt. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst einfache Organismen mehrfach abgesicherte Sensorsysteme besitzen, um zum Beispiel Hitze wahrzunehmen.

Vor mehr als 14 Jahren wurde das erste Schmerzrezeptormolekül gefunden, das sowohl auf Hitze als auch auf Capsaicin, die wirksame Substanz in Chiliextrakten, reagiert. Wissenschaftler glaubten damals, dem Verständnis der Schmerzentstehung und ihrer medikamentösen Behandlung ein großes Stück näher gekommen zu sein. Die Ernüchterung war groß, als sich einige Jahre später herausstellte, dass Labormäuse, bei denen das Gen dieses Rezeptors künstlich entfernt worden war, immer noch Schmerz empfanden. Seither versuchen die Wissenschaftler, die Ursachen dieser Beobachtung zu verstehen.

Der Fadenwurm C. elegans verfügt über die gleichen Rezeptorgene wie der Mensch. Die Schmerzwahrnehmung, die in der Natur lebensrettend sein kann, ist selbst bei einem so einfach gebauten Tier gut abgesichert. Der Winzling verfügt zwar nur über 302 Nervenzellen, die aber für komplexe Verhaltensweisen und selbst für Lernvorgänge ausreichend sind. Ähnlich wie ein Auto heute über elektronische Backup-Systeme verfügt, um einen Bauteileausfall ohne fatale Konsequenzen zu überstehen, verwendet auch der Wurm, wie die Studie zeigt, mindestens sechs dieser Zellen als Sensoren für schädliche Hitze. Jede einzelne davon reicht aber aus, um den Schmerz wahrzunehmen. Darüber hinaus kann ein und dieselbe Zelle mit unterschiedlichen molekularen Mechanismen auf den schmerzhaften Reiz reagieren.

Literatur: Shu, L., et al: PLoS One 2012;7(3):e32360. 


Dr. Bettina Hellwig