Bundesweite Durchsuchung

Staatsanwälte gehen gegen Zyto-Mafia vor

Berlin - 19.04.2012, 09:24 Uhr


Für den Berliner Apotheker-Verein sind die im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ erhobenen Vorwürfe gegen Onkologen, Apotheken und pharmazeutische Unternehmen sowie das dazugehörige Interview des Vorsitzenden des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, nur „alles alte Kamellen“ oder „kalter Kaffee aufgewärmt“. So steht es im Berliner Rundschreiben VI/2012 geschrieben: Der Spiegel-Bericht sei ausgefallen „wie nicht anders zu erwarten war: Bösewichte, wohin man schaut.“ Doch jetzt gab es eine Razzia.

Ganz so lapidar scheint die Angelegenheit aber doch nicht zu sein. Jedenfalls sehen das die Staatsanwälte offenbar ganz anders: Wegen Korruptionsverdachts sind am Mittwoch in 13 Bundesländern Privat- und Geschäftsräume von 48 Onkologen, 18 Apothekern sowie von Verantwortlichen eines Pharmaunternehmens aus Bayern durchsucht worden.

Auch ein Beratungsunternehmen im Landkreis Hildesheim, das Daten für Pharmastudien erhebt, wurde nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft in Hannover durchsucht. Das bayrische Pharmaunternehmen soll den Angaben zufolge unerlaubt Provisionen für die Verschreibung seiner Krebsmittel an Ärzte gezahlt haben. Insgesamt sollen nach diesen Angaben 1,5 Millionen Euro geflossen sein.

Die Provisionen seien von der Beratungsfirma als Honorare für Anwendungsstudien getarnt gewesen. Es bestehe der Verdacht, dass es sich dabei um Scheinstudien handele, da das Verhältnis von Zahlung und Gegenleistung völlig unangemessen war, teilte die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

Gegen die Verantwortlichen des Pharmaunternehmens und der Beratungsfirma bestehe der Verdacht der gewerbsmäßigen Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Den Ärzten werde gewerbsmäßige Bestechlichkeit und den Apothekern Beihilfe vorgeworfen, teilte der Sprecher mit. Es seien umfangreiche schriftliche Unterlagen und Computerdateien sichergestellt worden. Es habe sich auch herausgestellt, dass einige Ärzte rechtswidrige Angebote abgelehnt hätten.


Lothar Klein