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AMG-Novelle
Pick-up-Problem ungelöst
Gestern Abend stand die erste Lesung des Entwurfs für das „Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ auf der Tagesordnung des Bundestages. Die angesichts der fortgeschrittenen Stunde zu Protokoll gegeben Reden zeigen: Das von der Regierungskoalition versprochene, aber nach wie vor nicht realisierte Pick-up-Verbot treibt die Gesundheitspolitiker weiterhin um.
Die EU-Richtlinien zu Arzneimittelfälschungen und zur Pharmakovigilanz waren der ursprüngliche Anlass für die jetzt anstehende AMG-Novelle. Im Gesetzgebungsverfahren zeichnete sich aber schon früh ab, dass es nicht dabei bleiben wird, diese Vorgaben umzusetzen. Mittlerweile handelt es sich um ein ausgewachsenes Artikelgesetz, mit dem an vielen Stellschrauben des Gesundheitswesens gedreht wird. Auch die Apotheker hoffen, dass noch eine Regelung für eine bessere Honorierung ins Gesetz eingehen wird. Abgesehen von den vielen Änderungen, die einen besseren Schutz vor Arzneimittelfälschungen bezwecken, betrifft der Gesetzentwurf Apotheken vorerst primär durch eine neue Vorschrift für ausländische Versandapotheken: Diese sollen sich künftig per Gesetz an die Arzneimittelpreisverordnung halten müssen – überbordende Boni für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind damit auch für sie tabu. Darüber hinaus hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf ein Verbot des Rx-Versandhandels gefordert – dies lehnte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung jedoch rundweg ab.
Michael Hennrich (CDU) sind die Apotheker in seiner zu Protokoll gegebenen Rede jedenfalls einige Worte wert. Zum einen würdigt er ihren Sparbeitrag im Rahmen der vorangegangenen AMNOG-Gesetzgebung. Und er bekräftigt die bereits von der Union mehrfach bestätigte Position, dass nach Auslaufen der Sparmaßnahmen Ende dieses Jahres der Apothekenabschlag für 2013 auf Grundlage des in den Jahren 2009 und 2010 geltenden Abschlags zu vereinbaren sei – also 1,75 Euro. Zum anderen drückt Hennrich sich auch nicht vor dem im Koalitionsvertrag versprochenen Pick-up-Verbot. An diesem halte man nach wie vor fest, heißt es in der Rede. Sodann hat sich offenbar der Fehlerteufel in sein Redemanuskript eingeschlichen: „Nachdem auch die Bundesregierung ein Verbot des Versandhandels anstrebt, liegt es in den Händen des Bundesrates, hier die richtigen Entscheidungen zu treffen“, heißt es im online zugänglichen Protokoll der Sitzung. Doch eine Nachfrage in Hennrichs Büro bestätigt, dass es sich hier um einen Irrtum handelt: Statt „ein Verbot“ solle es „kein Verbot“ heißen, eine Korrektur ist bereits veranlasst, heißt es gegenüber DAZ.online.
Die parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Flach (FDP) stellt sich in ihrer schriftlichen Rede ebenfalls hinter den Versandhandel. Das vom Bundesrat geforderte Verbot begegne verfassungsrechtlichen Vorbehalten, heißt es. Flachs Schlussfolgerung aus der Bundesrats-Offensive: „Der Vorschlag nebst seiner Begründung zeigt jedoch, dass die Mehrheit der Länder zumindest ein isoliertes Verbot von Pick-up-Stellen zwischenzeitlich ebenfalls für verfassungsrechtlich bedenklich hält“. Was sie selbst mittlerweile vom Pick-up-Verbot hält, bleibt offen.
Marlies Volkmer (SPD) hält der Regierungskoalition vor, die Forderung des Bundesrats nach einem Rx-Versandverbot abzulehnen, aber bisher keinen anderen Vorschlag gemacht zu haben, wie Pick-up-Stellen untersagt werden können. „Es ist an der Zeit für Sie, hier endlich einmal aktiv zu werden und eine verfassungskonforme Regelung vorzuschlagen“, heißt es im Plenarprotokoll.
Klar pro Rx-Versandverbot positioniert sich übrigens Kathrin Vogeler (Linke) – und bleibt damit ganz auf der Linie, der von ihrer Fraktion schon seit langem vertretenen Auffassung. „Dieses Einfallstor für Fälschungen bekommt man auch mit aufwendigen Siegeln und Packungsnummern nicht in den Griff“, so Vogeler.
Nun wird der Gesetzentwurf mitsamt Bundesratsstellungnahme und Gegenäußerung der Bundesregierung zur Beratung an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Für den 13. Juni 2012 ist der Abschluss der Beratungen im Gesundheitsausschuss geplant. Zwei Tage später soll die 2./3. Lesung im Bundestag und am 6. Juli 2012 der zweite Durchgang im Bundesrat stattfinden.
Berlin - 27.04.2012, 14:48 Uhr