Bemessung des Kammerbeitrags

VG Münster: Deckelung muss nicht sein

Münster - 24.07.2012, 11:36 Uhr


Eine umsatzbezogene Beitragsbemessung ohne Bemessungsgrenze ist rechtmäßig – auch wenn dies jährliche Kammerbeiträge von rund 140.000 Euro bedeutet. So entschied das Verwaltungsgericht Münster und lehnte die Klage eines Apothekers ab, der sich gerichtlich gegen einen Beitragsfestsetzungsbescheid der Apothekerkammer Westfalen-Lippe wehrte.

Mit der Berg-Apotheke in Tecklenburg führt Apotheker Paul-Christoph Dörr mit großem Abstand die Liste der 17 umsatzstärksten Apotheken im Kammerbezirk Westfalen-Lippe an: Im Jahr 2010 belief sich sein Nettoumsatz auf rund 127 Millionen Euro – die Apotheke mit dem zweithöchsten Umsatz erreichte davon gerade ein Fünftel. Dörr beschäftigt in seiner Apotheke 124 Mitarbeiter, darunter fünf Apotheker, 33 PTA und acht PKA. Rund 80 Prozent seines Umsatzes erzielte er in den Spezialbereichen Impfstoffversand, Ophthalmologie und Onkologie.

Die Beitragsordnung der Kammer sah bis 2010 eine Beitragsbemessungsgrenze von zehn Millionen Euro vor. Sie wurde jedoch immer häufiger überschritten, woraufhin die Kammerversammlung sie im Jahr 2011 aufhob, um für eine höhere Beitragsgerechtigkeit zu sorgen. Für Dörr bedeutete das, dass er statt des bisherigen Höchstbetrages von 2.750 Euro im Quartal für die ersten beiden Quartale 2011 nun rund 32.000 bzw. 35.000 Euro Kammerbeiträge zahlen musste. Dagegen wehrte er sich vor Gericht. Er vertrat die Auffassung, dass der Beitrag keine Gegenleistung für einen Vorteil oder Mehrwert darstelle. Schließlich resultiere für die Kammer aus einem höheren Umsatz kein höherer Aufwand.

Das Verwaltungsgericht Münster gab jedoch der Apothekerkammer recht: Sowohl die Bemessung des Kammerbeitrages am Umsatz der jeweiligen Apotheke als auch die Streichung der Beitragsbemessungsgrenze sei rechtmäßig. Auch in diversen anderen Landesapothekerkammern werde auf eine Deckelung verzichtet (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen), erklären die Richter. Es lasse sich nicht feststellen, dass ab einer gewissen Umsatzhöhe der dem jeweiligen Apotheker aus der Kammertätigkeit erwachsende Vorteil nicht mehr ansteige – ein solcher Vorteil sei ohnehin schwer messbar und könne häufig nur vermutet werden.

Darüber hinaus hielten die Richter es nicht für erforderlich, dass der bei der Kammer hervorgerufene Aufwand steigt. Denn leistungsstärkere Apotheken profitierten in größerem Maß von der Interessenwahrnehmung durch die Kammer. „Dass hierbei nicht die Interessen Einzelner, sondern die der Gesamtapothekerschaft im Vordergrund stehen, liegt im Wesen der Kammer als Solidargemeinschaft begründet.“ Die Richter lehnten auch die Argumentation ab, eine Differenzierung nach verschiedenen Umsatzbereichen oder Sortimenten sei geboten: In Anbetracht der Vielzahl der möglichen Tätigkeitsfelder wäre die Bildung von Sortimentsgruppen und Spezialbereichen nur schwer möglich, und zudem würde eine derartige Differenzierung einen kaum vertretbaren Verwaltungsaufwand bedeuten.

Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 29. Juni 2012, Az. 3 K 1589/11 – nicht rechtskräftig


Juliane Ziegler