Verbraucherschutz

Hessen und Bayern gegen Kaffeefahrten-Abzocke

München/Wiesbaden - 29.08.2012, 11:18 Uhr


Bayern und Hessen wollen Rentner besser vor Betrug schützen: Anbietern von „Kaffeefahrten“ soll das Handwerk gelegt werden, unter anderem durch ein Verbot für den Kauf von Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln. Dies sieht ein gemeinsamer Antrag der Länder zur Verbraucherschutzministerkonferenz vor. Der Hessische Apothekerverband (HAV) begrüßt die Initiative.

Kaffeefahrten sind ein Dauerbrenner im Verbraucherschutz. Zumeist steht bei den Verkaufsveranstaltungen der Handel mit Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln im Mittelpunkt. Ob Vitaminpräparate, Magnetfeldunterbetten, Massagematten oder Fußsprudelbäder – alles wird zu völlig überhöhten Preisen angeboten. Teilweise liegen sie im vierstelligen Euro-Bereich. Dabei, so betonen die Ministerien, liegen die Einkaufspreise bei Nahrungsergänzungsmitteln zwischen sieben und höchstens 50 Euro pro Packung. Magnetfeldmatten kaufe die Branche für ca. 30 Euro ein. Es gebe sogar Fälle, bei denen die Teilnehmer dazu angeregt wurden, nicht mehr den ihnen vom Arzt verschriebenen Arzneimitteln zu vertrauen, sondern obskuren und überteuerten Wundermitteln.

„Der Handel mit minderwertigen Gesundheitsprodukten ist gefährlicher Hokuspokus. Und das muss ein Ende haben“, fordern nun die Verbraucherministerinnen Beate Merk (CSU/Bayern) und Lucia Puttrich (CDU/Hessen). Die Zahl der Problemfälle habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Deshalb seien wirksame Maßnahmen auf Bundesebene nötig. So sollen auch die Bußgelder drastisch erhöht werden. „Mit diesem Antrag machen wir den nötigen Druck. Wir dürfen nicht weiter zusehen, wie Menschen unter Druck gesetzt werden, minderwertige Dinge zu erwerben, die sie unter normalen Umständen niemals kaufen würden“, so die beiden Ministerinnen.

Der HAV kann den Antrag aus Bayern und Hessen nur unterstützen. Er verweist zudem darauf, dass die fraglichen Produkte vorher gezielt in der Preisdatenbank der Apotheken platziert werden – und das zu „Mondpreisen“. Dazu bedürfe es keines Wirksamkeitsnachweises. Einziges Ziel dieser Listung sei, die Produkte bei Verkaufsfahrten zu „Schnäppchenpreisen“ verkaufen zu können, so der HAV. Um die „einmalige Gelegenheit“ zu unterstreichen, werde während der Veranstaltung telefonisch in Apotheken der angebliche Apotheken-Verkaufspreis abgefragt. Zugleich werde durch den Bezug zur Apotheke suggeriert, dass die Produkte auch über Qualität und Wirksamkeit verfügen. „Apotheker würden solche Produkte von sich aus jedoch nie empfehlen“, betont der HAV. Allerdings gebe es keine rechtliche Möglichkeit, die Listung zu verhindern.

Die Kaffeefahrt-Branche verschickt den Verbraucherministerien zufolge pro Jahr etwa 440 Millionen Einladungsschreiben. Bei rund 90 Prozent aller Einladungen fehle der Hinweis, dass es sich um eine Verkaufsveranstaltung handelt. Schätzungsweise bis zu fünf Millionen Deutsche nehmen an den dubiosen Verkaufsfahrten teil. Rund 400 Busse sind jeden Tag zu Kaffeefahrten unterwegs.


Kirsten Sucker-Sket