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ABDA-Präsidentschaft
Friedemann Schmidt steht als Wolf-Nachfolger bereit
Heinz-Günter Wolf hat angekündigt, sich zum Jahresende als Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zurückzuziehen. Acht Jahre hatte er die Spitzenposition inne. Für die im Dezember anstehende Wahl steht Wolfs Vize zur Verfügung. Im Interview mit DAZ.online erklärt Friedemann Schmidt, was ihn zu dieser Kandidatur motiviert.
DAZ.online: ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf hat seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit verkündet. Sie gelten als aussichtsreicher Anwärter auf die Nachfolge. Kandidieren Sie am 6. Dezember als neuer ABDA-Präsident?
Schmidt: Ja, ich werde kandidieren. Das ist ja kein wirkliches Geheimnis. Ich habe seit eineinhalb Jahren auf diese Frage immer geantwortet, dass ich mich für einen Kandidaten halte und mich für eine Kandidatur bereit halte, wenn sich alles fügt. Jetzt ist es soweit. Ich werde auf jeden Fall am 6. Dezember Kandidat sein.
DAZ.online: Diese öffentliche Kandidaturankündigung ist bei der ABDA ein Novum.
Schmidt: Da haben Sie Recht. Das ist ein Teil der neuen Form von Kommunikation, die ich pflegen will. Es war ja außerdem nie so, dass man seine Kandidatur auch in der Vergangenheit ganz geheimhalten konnte. Auch vor acht Jahren gab es im ABDA-Vorstand Diskussionen. Heinz-Günter Wolfs Kandidatur war in Vorstandskreisen kein Geheimnis. Ich halte es aber heute für fair gegenüber der Apothekerschaft, dem Deutschen Apothekertag und gegenüber der Mitgliederversammlung, dass ich meine Absicht öffentlich ankündige.
DAZ.online: Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, dass man als ABDA-Präsident nicht nur Ruhm und Ehre ernten kann, sondern auch viel Kritik aushalten muss. Was motiviert Sie für dieses Amt?
Schmidt: Ich arbeite bereits seit acht Jahren als ABDA-Vize-Präsident. Ich möchte jetzt ganz nach vorne treten, das Amt jetzt noch stärker gestalten. Ich wollte schon immer an der Art, wie wir unseren Beruf ausüben, etwas verbessern. Das will ich heute immer noch. Ich glaube, wenn man wirklich etwas verändern will, dann muss man das von der Spitze aus beginnen. Daher reizt mich diese Herausforderung. Mir ist allerdings bewusst, dass ich damit die Pfeile der Kritik auf mich ziehe. Das habe ich in den letzten Wochen ganz besonders intensiv durchlebt und auch durchdacht.
DAZ.online: Können Sie mit öffentlicher Kritik und Druck umgehen?
Schmidt: Ich denke schon. Ich bin öffentliche Kritik gewohnt und habe mich auch als ABDA-Vize ja nicht versteckt und immer versucht, einen Teil des Druckes von Heinz-Günter Wolf abzunehmen. Aber klar ist, das Präsidentenamt bringt da noch einmal eine ganz andere Dimension. Darüber habe ich lange nachgedacht. Ich werde mir dafür noch eine etwas dickere Haut wachsen lassen müssen. An mir perlt Kritik nicht spurlos ab. Aber ich bin vorbereitet.
DAZ.online: Die Art der Auseinandersetzung hat gerade in den letzten Monaten deutlich an Schärfe zugelegt.
Schmidt: Dass der ABDA-Präsident Zielscheibe der Kritik ist, ist Teil des Amtes. Die neuen Medien haben aber den Stil der Auseinandersetzung verändert, intensiviert und das nicht nur zeitlich. Heute geht es Schlag auf Schlag in Internetforen, und das ist nicht immer besonders höflich. Das gefällt mir nicht. Das gebe ich offen zu. Ich habe zwar Freude an der Auseinandersetzung, auch am Streit um die Sache. Was ich da aber teilweise lese, ärgert mich angesichts des Niveaus schon. Aber das kann ich mir nicht aussuchen.
DAZ.online: Als ABDA-Präsident zieht man nicht nur die Kritik auf sich, man muss auch politisch gestaltend vorangehen. Was wollen Sie verändern?
Schmidt: Bis jetzt bin ich nur Kandidat und nicht gewählt. Daher gilt das alles nur im Konjunktiv, falls ich am 6. Dezember gewählt werde: Als erstes muss ganz schnell der eingetretene Vertrauensverlust, das Auseinanderdriften zwischen der Organisation im Deutschen Apothekerhaus und der Mitgliedschaft, ausgeräumt werden. Im Zuge der Debatte über die Apothekenbetriebsordnung und vor allem über die Honorierung gab es Missverständnisse und Irritationen zwischen den Mitgliedsorganisationen und der Zentrale. Einige Mitgliedsorganisationen waren nicht immer einverstanden mit unserer Arbeit. Das muss man klar einräumen. Das muss ausgeräumt und geändert werden. Mein Wunsch wäre, dass wir das ganz schnell hinbekommen. Dass wir wieder zusammenrücken. Alle 34 Mitgliedsorganisationen müssen wieder davon überzeugt sein, dass wir das im Apothekerhaus in Berlin richtig machen. Heute sind nicht alle überzeugt davon.
DAZ.online: Betrifft das auch die ABDA-Strukturen?
Schmidt: Es gibt dazu ja einige Anträge zum Apothekertag. Da bin ich allerdings sehr skeptisch, dass uns die weiterbringen. Ich halte die Organisationsform der ABDA nach wie vor für sehr, sehr gut und für sehr erfolgreich. Jeder Apotheker ist Kammermitglied und kann auf dem Wege der repräsentativen Demokratie innerhalb der ABDA mitentscheiden. Das kann man nicht verändern, ohne dass der Charakter der Gesamtvertretung der Apotheker durch die ABDA verlorengeht. Ich sehe da auch keinen Veränderungsbedarf. Außerdem: Nach der Organisationsreform im Apothekerhaus und zahlreichen Personalveränderungen in den letzten beiden Jahren hat die ABDA jetzt wieder ihre volle Schlagkraft erreicht.
DAZ.online: Gelegentlich benötigen Wandlungsprozesse nach außen ein Symbol: Was halten Sie davon, den ABDA-Präsidenten künftig vom Apothekertag wählen zu lassen?
Schmidt: Die nach der Satzung zuständige Mitgliederversammlung ist das richtige Gremium und außerdem keine Geheimversammlung, wie manchmal behauptet wird. Dabei soll es bleiben.
DAZ.online: Aber sie ist nicht öffentlich zugänglich, und erst recht findet dort keine öffentliche Debatte über Personen und Inhalte statt.
Schmidt: Das stimmt. Über diesen Punkt kann man sicher nachdenken. Für künftige Wahlsituationen kann man sicher Instrumente schaffen, die eine intensivere Diskussion mit den Kandidaten und deren inhaltlichen Vorstellungen ermöglichen. Ich habe nichts dagegen, dass wir die Debatte über ABDA-Führungspersonen offener führen. Das haben wir bis jetzt nicht gemacht. Mal abwarten, was sich jetzt aus meiner Kandidaturankündigung noch entwickelt. Aber eine Direktwahl lehne ich ab, weil der ABDA-Präsident ja mit dem geschäftsführenden Vorstand eng zusammenarbeiten muss. Dann gäbe es in diesem Gremium unterschiedliche demokratische Legitimationen. Das wäre nicht sinnvoll.
DAZ.online: Wie sehen Sie das Verhältnis der ABDA zu den sogenannten „jungen“ Verbänden, den Versandapothekern, den Kooperationsapothekern?
Schmidt: Das muss man sehr differenziert sehen. Es gibt die jungen Organisationen, aber auch die traditionsreichen wie die Heimversorgenden Apotheker oder die Krankenhausapotheker. Diese verstehen sich als Fachverbände innerhalb unserer Berufsgruppe. Das ist völlig legitim. Und ich würde mir wünschen, deren fachliche Expertise stärker in unseren Meinungsbildungsprozess einzubinden.
DAZ.online: Wie könnte das geschehen?
Schmidt: Theoretisch lässt das die ABDA-Konstruktion schon heute über die Kammern und Verbände zu. Aber in der Praxis ist das schwieriger. Daher könnte ich mir die Einrichtung eines Fachbeirates vorstellen, in dem ein regelmäßiger Informations- und Meinungsaustausch stattfindet. Das wäre sinnvoll.
DAZ.online: Und die anderen?
Schmidt: Die anderen sind politische Verbände, die sich als Lobby-Verbände gegründet haben wie die Versandapotheker oder die Kooperationsapotheker. Sie vertreten Partikularinteressen. Da fällt mir eine Kooperation schwer, weil sie andere Interessen als die ABDA verfolgen. Der Versandhandel ist zwar eine wahrzunehmende, aber keine wünschenswerte Versorgungsform. Das ist für mich eine qualitätsgeminderte Form. Dazu stehe ich. Es würde mir daher sehr schwerfallen, diese Interessen in meine politische Meinungsbildung einfließen zu lassen, wir stehen einfach nicht auf der gleichen Seite. Das trifft mit Einschränkungen auch auf die Kooperationsapotheken zu. Ich halte zwar wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Apotheken für sinnvoll. Aber der Wettbewerber, gegen den sich diese Zusammenarbeit richtet, muss außerhalb der Apothekerschaft liegen und nicht wie bei den Kooperationen auf Verdrängungsprozesse im Inneren ausgerichtet sein. Hier sehe ich nicht, wo und wie sich die Interessen der Kooperationen und die ABDA-Position inhaltlich überschneiden.
DAZ.online: Es muss ja nicht nur um deckungsgleiche Interessen gehen. Das unkoordinierte Nebeneinander hat beispielsweise bei der Beratung der ApBetrO den politischen Prozess erheblich gestört.
Schmidt: Zunächst einmal wäre es die Aufgabe und Pflicht der Landesapothekerkammern, diese Kollegen und deren Interessen einzubinden. Falls es gemeinsame Interessen wie bei der ApBetrO gibt, wäre ich natürlich bereit, von der ABDA aus einen Gesprächsfaden beispielsweise zu Stefan Hartmann vom BVDAK zu knüpfen. Das muss man von Fall zu Falle beurteilen. Die Aufnahme eines Gesprächsfadens gehört sicherlich zu den Aufgaben der neuen ABDA-Führung. Ich glaube aber nicht, dass sich daraus eine langfristige und institutionalisierte Zusammenarbeit entwickeln kann.
DAZ.online: Die Diskussionen um die ApBetrO und die Honorarerhöhung haben gezeigt, dass der ABDA der Kontakt zur Basis verlorengegangen ist. Wie wollen Sie das reparieren?
Schmidt: In der Vergangenheit war die direkte Kommunikation mit den Kollegen an der Basis kein Ziel der ABDA-Politik. Dafür waren die Mitgliedsorganisationen auf Landesebene zuständig. Da gab es eine klare Arbeitsteilung. Ich habe aber jetzt den Eindruck, dass diese strikte Trennung vielleicht nicht mehr zeitgemäß ist und wir sie überdenken müssen. Das müssten wir mit den Mitgliedsorganisationen im Rahmen einer Strategiedebatte besprechen. Auf jeden Fall würde ich mich aber als neuer ABDA-Präsident noch häufiger als bisher schon auf regionalen Mitgliederversammlungen sehen lassen und mit der Basis diskutieren, falls die Mitgliedsorganisationen das wünschen. Längerfristig müssen wir dann in unserer Organisation neue Regeln und Wege schaffen, wie wir als ABDA-Dachverband mit der Basis in Kontakt treten.
München - 10.10.2012, 17:37 Uhr