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Ermessen des Arbeitgebers
AU-Bescheinigung auch am ersten Tag
Arztbesuche von Arbeitnehmern könnten künftig zunehmen: Denn Arbeitgeber dürfen von ihren Angestellten bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein entsprechendes ärztliches Attest verlangen. Das entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichts am Mittwoch.
Im entschiedenen Fall hatte eine angestellte Redakteurin einer Rundfunkanstalt geklagt. Sie hatte für den 30. November 2010 einen Dienstreiseantrag gestellt, dem ihr Vorgesetzter nicht entsprach. Am 29. November fragte sie erneut wegen der Dienstreisegenehmigung an – ihre Anfrage wurde erneut abgelehnt. Tags darauf meldete sich die Redakteurin krank und erschien am Folgetag, dem 1. Dezember 2010, wieder zur Arbeit. Ihr Arbeitgeber forderte sie daraufhin auf, künftig schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen.
Die Redakteurin klagte daraufhin auf Widerruf dieser Weisung. Das Verlangen ihres Arbeitgebers auf Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits für den ersten Tag der Erkrankung bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung, erklärte sie. Außerdem sehe der für die Beklagte geltende Tarifvertrag ein derartiges Recht nicht vor. In den Vorinstanzen blieb sie jedoch erfolglos und auch die Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt gab der Rundfunkanstalt nun recht.
Grundsätzlich gilt: Dauert eine Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung unter Angabe der voraussichtlichen Dauer spätestens ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz). Jeder Arbeitgeber ist jedoch dazu berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch früher zu verlangen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG) – auch am ersten Tag. Die Ausübung dieses Rechts steht im Ermessen des Arbeitgebers, erklären die Arbeitsrichter.
Und dieses Recht sei auch nicht an besondere Voraussetzungen gebunden. Denn laut Gesetz müsse der Arbeitgeber für seine Entscheidung nicht einmal besondere Gründe nennen, wird in einer Mitteilung des Gerichts dazu ausgeführt. Es sei auch nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Zum Einwand der klagenden Redakteurin, der Tarifvertrag sehe ein derartiges Recht nicht vor, erklären die Arbeitsrichter: Eine tarifliche Regelung stehe nur dann entgegen, wenn sie das Recht des Arbeitgebers, am ersten Tag ein Attest zu verlangen, ausdrücklich ausschließe. Das sei vorliegend aber nicht der Fall.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. November 2012, Az. 5 AZR 886/11
Erfurt - 15.11.2012, 09:21 Uhr