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Lieferengpässe bei Arzneimitteln
Vfa: Kaum echte Versorgungsengpässe
Ende letzten Jahres meldeten viele Zeitungen Erschreckendes: Kliniken beklagten Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln, vor allem Krebsmedikamente und Antibiotika fehlten. Aus Sicht der Hersteller sind Lieferengpässe zwar nicht gänzlich zu vermeiden – die wenigsten seien jedoch problematisch, da auf andere Medikamente ausgewichen werden könne.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte im November ein Positionspapier veröffentlicht, demzufolge Arzneimittelengpässe in den Kliniken gang und gäbe sind. 80 Prozent der Fälle träten plötzlich und ohne Vorabinformation der Arzneimittelhersteller auf. In der Folge müssten Patienten umgestellt werden, 20 Prozent von ihnen auf therapeutisch nicht gleichwertige Alternativpräparate. Die Herstellerverbände reagierten mit einer eigenen Stellungnahme und relativierten die Situation. Ein wirklicher Versorgungsengpass trete erst dann auf, wenn ein Wirkstoff nicht oder in zu geringer Menge verfügbar ist, für den es keine gleichwertige Alternative gebe. Und dies sei ein sehr seltenes Phänomen. Meistens könne – etwa im Fall eines Antibiotikums – auf ein anderes Präparat ausgewichen werden.
Welche Arzneimittel konkret hinter den von der DKG angegebenen Zahlen stecken, habe man nicht einsehen können, sagte heute Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer Forschung/Entwicklung/Innovation beim Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa). Man habe sich aber die Arzneimittellisten zweier großer Klinikapotheken angeschaut: Danach handele es sich bei den fehlenden Präparaten jedenfalls nicht um neue Arzneimittel. Ausfälle habe es beispielsweise bei zwei älteren Antibiotika gegeben: Fosfomycin und Streptomycin, beides Wirkstoffe, die angesichts zunehmender Resistenzen derzeit eine „Renaissance“ erlebten. Sie werden jedoch nur noch von einem Hersteller produziert.
Throm macht keinen Hehl daraus: So sehr den Herstellern an ihrer Lieferfähigkeit gelegen ist – nur so machen sie schließlich Umsatz – Engpässe können sie niemals ganz ausschließen. Ursachen können etwa Probleme bei einem Zulieferer für Wirk- oder Hilfsstoffe, ein Ausfall einer Produktionsanlage, Umweltkatastrophen oder ein unerwartet hoher Bedarf sein. Doch beim vfa ist man überzeugt: Es wurden bereits viele Maßnahmen angestoßen, um das Problem so klein wie möglich zu halten. Die europäische Arzneimittelagentur EMA, die Überwachungsbehörden und Hersteller arbeiteten zusammen, um bestehende oder künftige Engpässe zu mildern oder zu lösen. Gegenwärtig werde zudem ein EMA-Aktionsplan zu diesem speziellen Thema erarbeitet.
Throm macht zudem deutlich, dass es nicht zuletzt der Kostendruck ist, der dazu führt, dass bei den Herstellern eine Konzentration stattfindet und in preisgünstigeren Standorten produziert wird. Allerdings geht er nicht so weit, einen direkten Zusammenhang zwischen dem Kostendruck und den Lieferengpässen herzustellen. In den vergangenen Jahren sei keine Zunahme des Problems zu erkennen gewesen, so der vfa-Geschäftsführer.
Das Bundesgesundheitsministerium will der Sache dennoch genauer auf den Zahn fühlen und Lösungsmöglichkeiten ausloten. Für den 31. Januar hat es die Verbände der Hersteller, des pharmazeutischen Großhandels und der (Krankenhaus-) Apotheker sowie ärztliche Fachverbände und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft zu einem Gespräch geladen. Bereits Mitte Dezember hatte im BMG ein Gespräch – ohne Phagro und Herstellerverbände – stattgefunden. Dabei wurden unter anderem die Bevorratung/Lieferverpflichtung sogenannter „essenzieller Arzneimittel“ und Informationsverpflichtungen (Vorbild ist das Register der FDA) diskutiert.
Berlin - 24.01.2013, 17:30 Uhr