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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch
Die Politik sieht keine Umsetzungschance mehr für die Notdienstpauschale, war in der vergangenen Woche zu lesen. Was so viel heißt wie: Die Apotheken kriegen nichts, sie sind die Gelackmeierten. Geht’s noch deutlicher, liebes Tagebuch? Es ist der teuerste Satz für Apothekerinnen und Apotheker in diesem Jahr: er kostet 120 Millionen Euro. Und wer glaubt, dass stattdessen das Honorar von 8,35 auf 8,55 angehoben wird, wie es der Bundeswirtschaftsminister mal zugesagt hatte, der glaubt auch, dass die Erde eine Scheibe ist. Damit nicht genug. Der Chef des AOK-Bundesverbands poltert, der Kassenabschlag betrage nicht 1,75 Euro, sondern 2,05 Euro, und droht mit Retaxierungen. Und als Sahnehäubchen obendrauf: ABDA-Pressesprecher Martius geht. War also wieder eine Super-Woche.
21. Januar 2013
Die Geschichte vom Maulwurf und dem Datenklau im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist noch nicht zu Ende. BMG und Berliner Staatsanwaltschaft werkeln zusammen und versuchen Aufklärung. Am kommenden Mittwoch will der Gesundheitsausschuss des Bundestags den BMG-Bericht dazu beraten. Da sind wir gespannt. Immerhin, schneller als die ABDA, die auch werkelt: Mittlerweile soll ein externer Prüfer die Vorgänge um den ehemaligen Pressesprecher und seiner Kommunikationsagentur aufdecken. Ja, wer sagt’s denn. Es wird schon. Aber schonungslos. Alles muss unterm Teppich hervor und auf den Tisch. Auch wenn’s unappetitlich wird, liebes Tagebuch.
Optimistischer klang da schon die Meldung: Keine Retax-Gefahr für Apotheken. Es geht um die Abrechnungsbasis von 13 nutzenbewerteten Präparaten, bei denen die Hersteller den Kassen einen Rabatt einräumen müssen. Die Frage ist: Welcher Betrag ist Berechnungsgrundlage für Apotheken und Großhandel? Der Abgabepreis der Unternehmen oder der um den Rabatt verminderte Erstattungspreis für die Kassen? Die Kassen meinen letzterer. Ein Rechtsgutachten aber zeigt: Der Herstellerabgabepreis ist’s. Wenn Apotheken ab 1. Februar also diesen höheren Preis als Grundlage nehmen, dürfen sie nicht retaxiert werden. Sagt jedenfalls das Gutachten der Hersteller. Ob sich die Kassen davon beeindrucken lassen? Wir werden’s bald wissen.
SPD und Grüne wollen sie, die „Pille danach“ ohne Rezept aus Apothekers Hand. Sie wollen endlich, dass das Notfallkontrazeptivum auch in Deutschland den Frauen ohne große Umwege über die ärztliche Sprechstunde zur Verfügung steht. Deshalb soll eine Bundesratsinitiative gestartet werden, wenn, ja wenn denn endlich von den Apothekern das Signal käme: Ja, wir können dazu umfassend beraten, die „Pille danach“ ist in unseren Händen sicher. Liebes Tagebuch, hast du da noch Worte? Da will die Politik dem Apotheker mal Kompetenz zutrauen – und von Apothekerseite keine Reaktion! Eigentlich hätte man in der Jägerstraße einen Entwurf aus der Schublade ziehen müssen: Ja, wir Apothekerinnen und Apotheker stehen bereit, diese Aufgabe zu übernehmen, wir haben ein Programm, wie wir uns schulen und fit dafür machen. Wir übernehmen. Stattdessen: Sendepause. Ob das noch was wird?
Der Frust der Woche: das Gerangel um die Notdienstpauschale. Noch auf dem Neujahrsempfang der Apobank appellierte Gesundheitsminister Bahr an den Bundesrat, auf parteipolitische Blockaden zu verzichten. Nett vom Minister, aber es passiert halt nichts.
22. Januar 2013
Passt zur wintergrauen kalten Woche: Trübe Aussichten für Apotheker, so das Ergebnis einer Expertenbefragung zur zukünftigen Ertragssituation von Apotheken. Die von der Großhandlung Noweda initiierte und von Professor Kaapke durchgeführte Studie offenbart, dass fast jeder Zweite der befragten Experten aus der Apothekerbranche an eine Verschlechterung glaubt.
23. Januar 2013
Und der Aufreger der Woche: Der Standpunkt des Chefs vom AOK-Bundesverband, Uwe Deh. Er droht den Apothekern mit Retaxationen, wenn die Rechenzentren nur 1,75 Euro als Kassenabschlag abziehen und nicht weiterhin 2,05 Euro. (Huh huh, Herr Deh, die Apotheken zittern schon.) Dass der Apothekerverband die Rechenzentren angewiesen habe, ab 1. Januar den verminderten Abschlag in Abzug zu bringen, ohne dass ein neuer Abschlag offiziell festgesetzt worden sei: „das passt nicht zum Ansehen der deutschen Apothekerschaft als zuverlässiger Vertragspartner…“, poltert Deh. Und es fallen Worte wie „negative Nebenwirkungen für das Vertrauen“, „Radikalisierung der Verbandspolitik“, Eskalationspolitik des DAV und der Landesapothekerverbände“. Liebes Tagebuch, wir halten fest: Bevor er solche Geschütze auffährt, sollte er das Gebaren seiner Kassen hinterfragen. Wie eskalierend und radikalisierend sind die mit den Apothekern umgesprungen, wenn es um Retaxationen ging!
Ja, und dann am gleichen Tag die Stellungnahme des Bundesinnenministeriums obendrauf: Die versprochene Notdienstpauschale sei nicht „mit dem Wesen des Beihilferechts des Bundes vereinbar“. Die Beamten des Bundesinnenministers sehen auch politisch keine Umsetzungschancen, und „eine Zustimmung der Bundesländer zu dem Gesetzentwurf ist nicht zu erwarten“. Patsch, patsch, da fühlt man sich doch links und rechts abgewatscht. Liebes Tagebuch, kennst du schon mein Kasperle-Drehbuch mit dem Titel „Der Apotheker-Kasper und das schwarzgelbe Krokodil“? Inhalt: „Ja, du Apotheker-Kasper“, blinzelt das schwarzgelbe Krokodil, „ich hab dir zwar was versprochen, aber sorry, halten kann ich’s wieder mal nicht. Nun hab dich mal nicht so, mein Kasper, du bist es doch gewöhnt, ein Pick-up-Verbot gibt’s doch auch nicht, obwohl es versprochen war“, raunzt das schwarzgelbe Krokodil, „und wenn du auch noch glaubst, dass ich dir statt 120 Millionen Notdienstpauschale lieber 20 Cent mehr in deinen Honorarsäckel tu, damit du 8,55 Euro hast, dann ist dir nicht zu helfen.“ Sprach’s und verschlang den armen Kasper mit einem Biss. Da half dann auch nicht, dass sein Oberkasper versuchte, das Krokodil umzustimmen: „Wir brauchen doch deine Notdienstgabe, damit unsere Kasperleins auf dem Land die Menschen mit Arzneien versorgen können. Wir stehen doch bereit, liebes Krokodil, deine Millionengabe unter uns Kasperleins gerecht zu verteilen. Und wir streiten uns auch nicht.“ Das Krokodil machte „schnapp“ und weg war er.
24. Januar 2013
Liebes Tagebuch, weißt du eigentlich, dass der Eingang zur Abteilung Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei der ABDA eine Drehtür hat? Ja: ist ein neuer ABDA-Pressesprecher reingegangen, kommt er bald schon wieder raus, aktuell: Florian Martius. Für alle, die noch nichts von ihm gehört haben: Er war seit Januar 2012 ABDA-Pressesprecher und geht nun zum 1. April, aus persönlichen Gründen. Er verweilte nur 15 Monate in der Jägerstraße. Sein Vorgänger Bellartz, der noch nach seinem Abgang für Schlagzeilen sorgte, blieb vier Jahre, seine Vorgängerin Rogalla keine zwei Jahre. Persönliche Gründe sind das eine. Man mag vielleicht auch weiterdenken, z. B. liegt’s am Arbeitsplatz, an den Strukturen, an den Personen? Vielleicht von allem etwas? Martius jedenfalls wird noch weiterhin als externer persönlicher Berater des ABDA-Präsidenten dabei sein. Ein neuer ABDA-Pressesprecher wird zusätzlich gesucht. So ist das nun mal.
So viel Entschlossenheit war selten bei der ABDA: Da es mit der Umsetzung der Notdienstpauschale nicht vorangeht, hält man an der Absicht fest, am 28. Februar einen bundesweiten Protesttag durchzuführen – auch wenn der Zug abgefahren ist. Liebes Tagebuch, da sind wir gespannt, was da kommt. Vielleicht eine Stunde Bedienung durch die Klappe? Oder eine halbe Stunde? Wir lassen uns überraschen.
25. Januar 2013
Respekt, Herr Becker! Wie Sie da dem AOK-Bundesverbandschef Deh in Sachen Zwangsabschlag 1,75 die Stirn bieten, hat was. Geschickt gekontert, gut argumentiert und vor allem nicht eingeknickt. Liebes Tagebuch, Fritz Becker, Chef des Deutschen Apothekerverbands (DAV), drehte den Spieß um: Nicht der DAV, sondern der GKV-Spitzenverband halte sich nicht an vertragliche und gesetzliche Vorgaben. Denn der Abschlag sei mit dem GKV-Spitzenverband im Jahr 2010 vertraglich auf 1,75 Euro festgesetzt und durch den Gesetzgeber nur für 2011 und 2012 als befristetes Sonderopfer auf 2,05 Euro erhöht worden. Also sei es konsequent, bis zur erneuten Festlegung durch die Schiedsstelle auf 1,75 Euro zurückzukehren. Punkt. Und außerdem seien die 1,75 Euro nur eine Ausgangsbasis für weitere Anpassungen (nach unten, selbstverständlich) und keineswegs der angestrebte Abschlag. Und Becker ließ sich auch nicht bange machen von Dehs Androhung, die Apotheken würden bei einem Abschlag, der nicht 2,05 Euro aufweist, von den Kassen retaxiert. Gut so, sollen sie doch kommen.
26. Januar 2013
Ja, wenn das kein Grund ist, Viagra zu nehmen. Forscher haben entdeckt, dass Sildenafil das Hüftgold schmelzen lässt. Nein, nicht durch die auf die Einnahme in aller Regel folgenden zum Teil mehr oder weniger anstrengenden körperlichen Tätigkeiten, sondern durch einen pharmakologischen Mechanismus: Es hilft dabei, die energiespeichernden weißen Adipozyten in energieverbrauchende beige Adipozyten umzuwandeln. Viagra als Schlankheitspille? Gibt es bald ältere Herren mit Sixpack? Abwarten, bisher hat man den antiadipösen Effekt von Sildenafil erst bei Mäusen festgestellt.
27.01.2013, 08:00 Uhr