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Startschuss für Nationale Kohorte
200.000 Menschen für einen Medizin-Schatz
Anfang nächsten Jahres soll die bislang größte medizinische Gesundheitsstudie Deutschlands starten. Jetzt werden zunächst die Teilnehmer gesucht: 400.000 per Zufallsprinzip aus dem Melderegister ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zwischen 20 und 69 Jahren werden eine Einladung erhalten. 200.000 von ihnen können sich dann beteiligen und so „die Erforschung von Volkskrankheiten aktiv unterstützen und zu einem gesünderen Leben in Deutschland beitragen“, heißt es seitens der Initiatoren.
Wodurch entstehen chronische Krankheiten? Wie können diese Krankheiten frühzeitig erkannt werden? Und wie können wir uns besser vor ihnen schützen? Auch wenn wir meinen, schon eine Menge zu wissen – vieles ist uns nach wie vor rätselhaft. Mit der Nationalen Kohorte will man der Beantwortung all dieser Fragen näher kommen, erläuterte heute Bundesforschungsministerin Johanna Wanka – ihr Haus trägt das Projekt maßgeblich. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren – sogar 30 könnten es werden – sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie genetische Faktoren, Umweltbedingungen, soziales Umfeld und Lebensstil die Entstehung von Volkskrankheiten wie Diabetes, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs beeinflussen.
Dr. Karl-Heinz Jöckel, Vorstand des Nationalen Kohorte e.V., ist sicher: „Wir wüssten heute schon mehr über Alzheimer, wenn wir die Studie schon vor 20 Jahren angefangen hätten“. Doch besser spät als nie: Die teilnehmenden Wissenschaftler sind überzeugt, einen „unermesslichen Schatz“ – nicht zuletzt für die nachfolgenden Generationen – anzulegen. Gesammelt werden mehrere Millionen Gesundheitsdaten, hinzu kommen Blut-, Urin-, Stuhl- und Speichelproben der unterschiedlichsten Menschen. Allein in München sollen zentral rund 21 Millionen Proben in einem Kühllager beherbergt sein.
Doch erst einmal gilt es, den Grundstock für diese Riesen-Studie zu legen. Es wird deutschlandweit 18 Studienzentren geben, an denen die teilnehmenden Frauen und Männer medizinisch untersucht und zu ihren Lebensgewohnheiten und Lebensumständen befragt werden. 20 Prozent der Probanden werden noch etwas intensiver gecheckt – so erwartet etwa 30.000 Menschen eine MRT-Untersuchung. Nach vier bis fünf Jahren laden die Studienzentren alle Probanden zu einer zweiten Untersuchung ein. Und so geht es regelmäßig weiter.
Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig und wird in Form der Einwilligungserklärung dokumentiert. Wer mitmacht, kann seine Teilnahme jederzeit widerrufen. Bevor es losgeht, legen die Probanden fest, ob sie über Ergebnisse der Untersuchungen informiert werden wollen. Es sollen zwar Gesunde untersucht werden – aber es ist nicht auszuschließen, dass dabei gefährliche genetische Anlagen entdeckt werden. Das muss der Studienteilnehmer nicht zwingend erfahren – nur wenn er dies zuvor so bestimmt hat. Auch das Recht auf Nichtwissen wird gewahrt, betonten Wanka und Jöckel. „Wir wollen die Menschen nicht krank machen“, so die Ministerin. Ein unabhängiger Beirat soll die Einhaltung der ethischen Standards überwachen.
Auch in Sachen Datenschutz sieht man beim BMBF und den anderen Beteiligten kein Problem: Die für den Schutz der im Rahmen der Studie zu gewinnenden Informationen notwendigen Maßnahmen seien in einem Datenschutz- und IT-Sicherheitskonzept erarbeitet und festgelegt. Das Konzept sei vom Bundesdatenschutzbeauftragten positiv bewertet worden.
Wanka erhofft sich nun eine hohe Teilnahmebereitschaft in der Bevölkerung: Wer einen Brief mit einer Einladung zur Studie erhält, soll wissen, dass es sich um ein seriöses und ein wichtiges Projekt handelt. Nicht gebraucht werden allerdings Anfragen von Freiwilligen – schon aus statistischen Gründen.
Die Studie gehört zur Hightech-Strategie des BMBF. Das Ministerium selbst stellt 105 Millionen Euro hierfür bereit. Weitere 35 Millionen kommen aus den 14 beteiligten Bundesländern. Mit 70 Millionen Euro ist zudem die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren mit dabei – somit summiert sich die Förderung auf 210 Millionen Euro – für die nächsten zehn Jahre, dann wird man erneut über die Finanzierung nachdenken müssen.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.nationale-kohorte.de
Berlin - 01.07.2013, 12:42 Uhr