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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch
War wieder eine bunte Woche, mit einigen bemerkenswerten Urteilen, Entscheidungen und Nachrichten. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir Pillendreher – ja, das müssen wir aushalten, wenn man uns so nennt – dürfen keine Drachen-Taler abgeben – auch wenn es manche immer noch nicht wahrhaben wollen. Aber mit unserem Rohertrag geht es aufwärts. Und wir sollten ordentlich unsere Steuern zahlen, sonst wird der Laden dicht gemacht. Oder man kauft sich einen Kleinbus, um übers Land zu summen und Rezepte einzusammeln. Was allerdings gar nicht geht: eine gute Fax-Zusammenarbeit zwischen dem Doktor und dem Pillendreher. Mein liebes Tagebuch, es gibt nichts, was es nicht gibt.
14. Oktober 2013
Darüber sollte man in der Tat nachdenken: Der Vorsitzende des Apothekerverbands Westfalen-Lippe, Klaus Michels, warnte davor, die Diskussion um das Leitbild zu sehr auf die pharmazeutischen Kernbereiche zu konzentrieren. Denn: Die Apothekenkunden erwarten laut Michels viel mehr als „reine Pharmazie“. Stimmt, mein liebes Tagebuch. Bei aller Liebe zu den zukunftsträchtigen Themen wie Medikationsmanagement und Patientenbetreuung – es gibt nicht nur ältere, multimorbide und polymedikamentierte Patienten. Auch Jüngere und Gesunde, Mütter, Kinder, Sportler und solche, die mal eine kleine Befindlichkeitsstörung haben, brauchen Hilfe aus der Apotheke. Für diese Kunden muss die Apotheke ebenfalls da sein, ihnen helfen und Dienstleistungen anbieten können. Also, auch das muss ein Leitbild für den modernen Apotheker umfassen. Nur: das Medikationsmanagement und Co. ist einfach die neuere Komponente des Berufsbilds und vielleicht derzeit stärker im Fokus. Und hier braucht der Apotheker noch mehr Aus-, Fort- und Weiterbildung.
15. Oktober 2013
Der Versandhandel verliert Rx-Umsatzanteile und wächst leicht bei OTC. Für den Zeitraum Januar bis August 2013 verbuchte der gesamte Versandhandel ein vierprozentiges Plus. Die rezeptfreien Präparate wuchsen mit sechs Prozent deutlich stärker, während Rx-Präparate um drei Prozent rückläufig waren. Die Augustzahlen: 43 Millionen Euro wurden im Versandbereich mit OTC umgesetzt, 16 Millionen Euro mit Rx. Das wundert nicht, mein liebes Tagebuch. Ist halt auch recht umständlich: Man muss sein Rezept eintüten und per Briefpost an den Versender schicken. Dann bekommt man nach ein paar Tagen einen Karton mit Arzneimitteln und kann sich durchfummeln, wie man sie einzunehmen hat. Beraten wird man auch nicht. Da müsste man schon zum Telefon greifen und anrufen. Und einen Gutschein oder einen Bonus gibt’s eh nicht mehr. Also, lieber gleich in die Apotheke vor Ort, gell? Bei den OTC allerdings – da geben die Versender satte Preisnachlässe. Tendiert das schon in Richtung Verramschung von Arzneimitteln?
„Spiegel online“ hatte der Münchener Verrechnungsstelle Süddeutscher Apotheken (VSA) vorgeworfen, unzureichend verschlüsselte Rezeptdaten an Marktforschungsunternehmen geliefert zu haben. Solche Behauptungen gefallen der VSA überhaupt nicht. Sie ging dagegen juristisch vor und erwirkte vor dem Berliner Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen „Spiegel online“. Und „Spiegel online“ gab klein bei: Der Text wurde umgehend gelöscht. Freude bei der VSA. Aber, was ist mit dem gedruckten Text und weiteren Texten im „Spiegel-Blog“? Hier stehen nach wie vor massive Vorwürfe gegen die VSA im Raum. Was ist da dran? Eine Richtigstellung im Spiegel oder ein korrigierender Beitrag der Texte war bis jetzt noch nicht zu lesen.
Da sieht man’s wieder: es gibt diese Grünen und jene Grünen. Zu diesen, die für die Belange der Bürgerinnen und Bürger ein offenes Ohr haben und die Mechanismen unseres Gesundheitswesens verstehen, gehört die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Sie hat erkannt, dass die Entscheidung von 2004, OTC generell aus der Erstattungspflicht zu entlassen, ein großer Fehler war. In der Tat, diese Arzneimittelgruppe wurde entwertet und trivialisiert. Mein liebes Tagebuch, das hat sie richtig erkannt: es ist zu einer Verschiebung der Verschreibungen hin zu Rx-Arzneimitteln gekommen. Wenn OTC helfen und wirken – und das tun sie nachweislich –, dann spricht alles dafür, dass sie auch erstattet werden. Meines Wissens hat noch nie jemand richtig untersucht, ob die Herausnahme der OTC-Arzneimittel Einsparungen gebracht hat, denn man müsste als Ersatz dafür die verordneten Rx-Arzneimittel dagegen rechnen. Aber, mein liebes Tagebuch, kommen solche Überlegungen nicht viel zu spät? Ist dieser Zug nicht schon längst abgefahren angesichts der Preisschlachten im OTC-Bereich? Welche Preise sollten denn die Krankenkassen erstatten? Den billigsten Online-Preis einer Versandapo? Oder einen per Rabattvertrag ausgehandelten Superniedrigpreis für Kassen? Also, vor diesem Hintergrund: vielleicht doch lieber alles lassen wie es ist?
16. Oktober 2013
Ja, ja, da verstehen die Gerichte keinen Spaß mehr. Und schon gar nicht bei Drachen-Talern! Der Fall: Wer in seiner Apotheke Kunden Taler gewährt, die diese gegen Einkaufsgutscheine und Prämien eintauschen können, handelt nach einem aktuellen Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen nicht rechtmäßig. Punkt. Mein liebes Tagebuch, da hatte man gedacht, dass der Boni- und Taler-Spuk weitgehend vorbei ist, aber nein, es gibt sie noch, die lieben Kolleginnen und Kollegen, die mit Talern ihre Kundschaft ködern und um Rezepteinlösung buhlen. Als die Apothekerkammer das beanstandete, stellte die betroffene Apothekerin um und warf ihre verlockenden Drachen-Taler sogar jedem Kunden nach, der bei ihr etwas kaufte. Ja, Drachentaler! Huhuhu. Wer nimmt die denn freiwillig in die Hand! Die zuständige Apothekerkammer jedenfalls hatte der Apothekerin per sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung untersagt, „Drachentaler“ auszugeben. Das Gericht stärkte der Kammer den Rücken, eine Klage der Betroffenen gegen die Verfügung hatte keine aufschiebende Wirkung hat, die Anordnung musste sofort umgesetzt werden. Es ist nun mal verboten, vom einheitlichen Apothekenpreis abzurücken – insbesondere durch Rabatte – und hierfür zu werben. Und mit der Ausgabe von Talern bei Rezepteinlösung wird von der gesetzlichen Preisbindung abgegangen. Da helfen auch keine Drachen-Taler.
Also, mein liebes Tagebuch, jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Wenn uns die Journaille als „Pillendreher“ bezeichnet, dann ist das keine Ehrverletzung. Das müssen wir so schlucken, damit das ein für alle Mal klar ist. Gut zu wissen, oder? Dem Bayerischen Apothekerverband (BAV) war die Überschrift des „Spiegel“-Artikels „Pillendreher als Datendealer“ sauer aufgestoßen. Der Verband hatte daraufhin Beschwerde beim Deutschen Presserat eingelegt. Der wiederum sieht in dem Begriff „Pillendreher“ die Grenze zu einer Schmähung gemäß Pressekodex nicht überschritten. Der BAV akzeptierte die Entscheidung, Pressefreiheit und hohes Gut und so. Aber immerhin, er hatte seinen Mund aufgemacht und wollte solche Überschriften und Berichterstattungen nicht unkommentiert hinnehmen. Und das ist gut so.
17. Oktober 2013
Der Rohertrag stieg im Schnitt um neun Prozent, die wirtschaftliche Lage im ersten Halbjahr hat sich verbessert – das zeigt ein Blick in den ABDA-Quartalsbericht. Daraus lässt sich eine Wirtschaftsnachricht basteln. Aus einigen Kommentaren sprach Unverständnis, warum man solche Meldungen veröffentlicht. Hhmm, im ersten Moment vielleicht verständlich, aber auf der anderen Seite: Alles ruft nach Transparenz. Wenn man das ernst meint: Muss man dann nicht auch mal solche im Prinzip positiven Nachrichten aushalten können? Außerdem: was besagt eine solche Meldung schon? Eigentlich nicht sehr viel, jedenfalls nicht viel mehr, als jeder sich eh hätte denken können: Bei den Apotheken geht es im Schnitt nicht mehr abwärts. Nicht sonderlich überraschend, oder? Eine Mini-Honorarerhöhung und weniger Kassenabschlag führen zu mehr Rohertrag. Aber was sagt der Rohertrag schon aus? Herzlich wenig. Erst danach wird’s spannend, bei den Kosten, die vom Rohertrag abgehen. Und dann steht unterm Strich der Ertrag. Wenn eine Apotheke gut wirtschaftet, dürfte er besser ausfallen als in den Jahren zuvor. Und das steht uns nun nach zehn Jahren Talfahrt wirklich zu, mein liebes Tagebuch. Es wäre unglaubwürdig, wenn wir der Politik verkaufen wollten, dass es weiter bergab ginge. Also, dann sind wir auf die Ertragszahlen am Ende des Jahres gespannt.
Steuern nicht bezahlt, Betriebserlaubnis weg. So schnell kann’s gehen. Weil sie dem Finanzamt ihre Steuern weder erklärte noch bezahlte, verliert eine Apothekerin aus dem westlichen Schwaben jetzt ihre Betriebserlaubnis. Begründung des Gerichts: Eine der wesentlichen Pflichten eines Gewerbetreibenden sei es, die gesetzlich festgelegten Abgaben zu entrichten, erklärte das Verwaltungsgericht Augsburg. Die Nichtentrichtung der Steuern begründe die Unzuverlässigkeit zum Betrieb einer Apotheke, so das Landratsamt, als es die Betriebserlaubnis widerrief. Die Apothekerin klagte dagegen. Ihr Umsatz sei so gering, dass sie praktisch keine Steuern zu bezahlen habe, erklärte sie. Tja, wenn es so einfach wäre. Mein liebes Tagebuch, noch haben wir nicht die Möglichkeit, die Steuererklärung auf dem Bierdeckel abzugeben, gell.
18. Oktober 2013
Rezepte per Fax vom Arzt an die Apotheke? Und dann Auslieferung per Boten? Nur weil’s bequemer ist für alle? Nee, das geht nicht. Da haben die Apotheke und die Arztpraxis die Sache mit der Kooperation zwischen Arzt und Apotheker wohl ein wenig missverstanden. Klar, man hört ja so viel darüber, dass Arzt und Apotheker besser zusammenarbeiten sollten, beispielsweise beim Medikationsmanagement, bei der Patientenbetreuung. Aber das bedeutet nun wirklich nicht, dass die Rezepte gleich per Fax an die Apotheke weitergeleitet werden. Das Saarländische Oberlandesgericht entschied: Mit dieser Vorgehensweise unterhalte der Arzt in seiner Praxis eine nicht genehmigte Rezeptsammelstelle. Und damit es klar ist: Abgesehen von medizinisch begründeten Notfällen dürfe ein Arzt Rezepte nicht an eine bestimmte Apotheke weiterleiten – auch nicht, wenn Patienten dies ausdrücklich wünschten.
Ein bisschen Hoffnung für die von der Schließung bedrohte Pharmazie in Leipzig: ein Rechtsgutachten, das die sächsischen Apotheker in Auftrag gegeben hatten, kommt zu dem Ergebnis, dass der Studiengang Pharmazie an der Universität Leipzig ohne Einvernehmen des Sächsischen Sozialministeriums weitergeführt werden muss. Hintergrund: Aus Spargründen plant die Universitätsleitung die Schließung des Instituts, das Sächsische Sozialministerium lehnt die Schließung allerdings ab. Grundsätzlich liege die Entscheidungsbefugnis zur Schließung des Studiengangs im Verantwortungsbereich der Hochschulen, heißt es in dem Gutachten. Nicht aber im Fall von Staatsexamensstudiengängen, hier bestehe eine Doppelzuständigkeit von Freistaat und Hochschule. Das Vorschlagerecht zur Schließung habe der Fakultätsrat, die Entscheidung darüber treffe das Rektorat – vorliegend habe der Fakultätsrat aber keinen entsprechenden Vorschlag gemacht, sondern der Schließung vielmehr ausdrücklich widersprochen. Wie das Debakel ausgehen wird, ist offen, eine endgültige Entscheidung auf politischer Ebene steht noch aus. Und immerhin: noch werden 36 Pharmaziestudierende zum kommenden Wintersemester immatrikuliert. Sie haben einen Anspruch darauf, ihr Studium im Rahmen der Regelstudienzeit zu beenden, d. h., die Uni muss das Lehrangebot bis zum Abschluss bereithalten. Vielleicht hat die Politik ein Einsehen und spricht ein Machtwort: Lasst die Pharmazie in Leipzig weiter bestehen!
Innovativ war er ja schon immer, der Münchner Bienen-Apotheker Michael Grintz mit seiner Bienen-Kooperation. Aber, mein liebes Tagebuch, was meinst du: jetzt übertreibt er ein bisschen, oder? Wohl angesteckt durch die Debatte um Apothekenbusse und DocMorris-Bus will er sich jetzt einen VW-Bus kaufen und übers bayerische Land touren. Sein Ziel soll nicht sein, Arzneimittel zu verkaufen, sondern er will Beratungstermine mit der Bevölkerung in seinem Kleinbus ausmachen. Klar, dabei soll’s nicht bleiben. Aufträge für seine Versandapotheke sollen dabei auch herausspringen. Wenn da die Biene angeschwirrt kommt, wird das nicht zur Freude der örtlichen Apothekerinnen und Apotheker sein. So eine Art der Rezeptpiraterie oder hier besser Honigschleckerei kommt nicht gut an. Ich könnte mir vorstellen, liebes Tagebuch, dass sich die Kolleginnen und Kollegen schon mal ordentlich mit Anti-Brumm eindecken.
20.10.2013, 08:00 Uhr