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Hamburger Apothekerverein
Retaxationen und Datenschutz bleiben auf der Tagesordnung
Kritik am jüngsten Bundessozialgerichtsurteil zu Retaxationen, Zurückhaltung gegenüber der geplanten großen Koalition und der Umgang mit dem Datenschutz waren herausragende Aspekte in der Rede von Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, bei der gestrigen Mitgliederversammlung des Vereins.
Die Argumentation des Bundessozialgerichts zu Nullretaxationen bei nicht rabattvertragskonformer Abgabe sei aus politischen und ökonomischen Gründen gefährlich, erklärte Graue. Das Gericht habe seines Erachtens § 242 BGB nicht genügend berücksichtigt, nach dem der Schuldner die Leistung gemäß Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu bewirken habe. Nun zeichne sich das nächste Desaster ab, wenn die Krankenkassen alle nicht rabattvertragskonformen Substitutionen auf null retaxieren. Noch deutlicher wurde Vereinsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich. Seines Erachtens werde mit dem Urteil das Sachleistungsprinzip in Frage gestellt. Denn dies könne nicht funktionieren, wenn die „Gutscheine“, also die Rezepte, nichts mehr wert seien. In seinem Geschäftsbericht wies Friedrich auch auf immer wieder kuriose Retaxationen externer Dienstleister bei Rezeptprüfungen hin und bezweifelte, dass solche Dienstleister der Krankenkassen überhaupt für Ablehnungen gegenüber den Vertragspartnern zuständig seien.
Sehr zurückhaltend äußerte sich Graue zur geplanten großen Koalition. Das verhaltene Lob der ABDA sei wohl mehr der diplomatischen Höflichkeit als der Realität geschuldet. Graue verwies auf etliche nicht erfüllte Forderungen, insbesondere das erhoffte Ende der Haftung für das Inkasso der „unseligen Herstellerrabatte“, verbesserte Rezepturpreise und eine jährliche Anpassung des Festzuschlages. Beim Festhalten am Fremd- und Mehrbesitzverbot komme Freude auf, doch „wieso schreibt man dies explizit in das Papier“, fragte Graue. Heiße das etwa, dass bei einer mutmaßlichen andersfarbigen Koalition daran gerüttelt werde, fragte er weiter. Letztlich zog Graue das Fazit: „Wir erwarten zu viel von dieser Koalition der Angst, wenn sie denn noch auf den letzten Drücker zustande kommt.“
Der Datenschutz bleibt für Graue ein wichtiges Thema. Damit die Apotheker nicht zu unbeabsichtigten und unbewussten Helfershelfern mutierten, hätten die norddeutschen Verbände die notwendigen Maßnahmen ergriffen, so Graue. Er verwies insbesondere auf das Zertifikat eines akkreditierten Prüfzentrums für Datensicherheit, das bundesweit erstmalig für die bei den Rechenzentren NARZ/AVN abrechnenden Apotheken erstellt worden sei. Dies stelle umfassend sicher, dass die dem Rechenzentrum überlassenen Rezepte nur auftragsgemäß für die Rezeptabrechnung in Einklang mit den Datenschutzgesetzen verarbeitet werden dürfen. Die Apotheker kämen damit ihrer gesetzlichen Kontrollpflicht vollkommen nach, die sich aus der Geheimnisträgerschaft gemäß § 203 StGB ergebe, erklärte Graue. „Dies war unabdingbar notwendig, denn schlechterdings kann niemand über sein Können hinaus verpflichtet werden, auch wenn dies so im Gesetz steht“, so Graue.
Hamburg - 03.12.2013, 12:22 Uhr