Brustimplantate-Skandal

Vier Jahre Haft für PIP-Gründer

Berlin - 11.12.2013, 09:05 Uhr


Im Skandal um minderwertige Brustimplantate hat ein Strafgericht in Marseille am Dienstagvormittag den Gründer des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) zu vier Jahren Haft verurteilt. Am Mittag entschied in Deutschland das Sozialgericht Berlin über die Klage einer Berlinerin, die von ihrer Krankenkasse Kostenerstattung für den Austausch eines PIP-Implantats beanspruchte.

Im ersten Strafprozess um den weltweiten Verkauf von Brustimplantaten aus Billigsilikon sah es das Gericht in Marseille als erwiesen an, dass der 74-jährige Jean-Claude Mas seine Kunden jahrelang bewusst täuschte. Vier mitangeklagte frühere Mitarbeiter von PIP wurden ebenfalls schuldig gesprochen. Das Unternehmen hatte die Implantate aus nicht zugelassenem billigem Industriesilikon hergestellt und verkauft, weshalb die Gefahr der Rissbildung und von Entzündungen besteht. Weltweit dürften hunderttausend Frauen betroffen sein, in Deutschland über 5.000. Das Unternehmen ist inzwischen insolvent.

Das Berliner Sozialgericht entschied im Fall der Klägerin, dass Krankenkassen die Kosten für die Explantation der minderwertigen Brustimplantate tragen müssen, weil der Eingriff medizinisch notwendig sei (S 182 KR 1747/12). Allerdings muss sich die Patientin an den Kosten beteiligen, wenn das erstmalige Einsetzen der Implantate allein ästhetische Gründe hatte. Die Kosten für die ersatzweise Einbringung neuer Implantate hat die Patientin allerdings vollständig selbst zu tragen.

Die Berliner Klägerin hatte sich 2004 in Alicante/Spanien auf eigene Kosten beidseits PIP-Brustimplantate einsetzen lassen. Acht Jahre danach stellte sich beim Implantatwechsel heraus, dass die PIP-Implantate zwar noch intakt waren, aber bereits deutlich Silikon verloren hatten. Ihre Krankenkasse erstattete die Kosten der medizinisch erforderlichen Herausnahme der schädlichen Implantate (rund 4.100 Euro). Die alleinerziehende ALG II-Empfängerin musste sich aber mit 2 % (280 Euro) ihrer jährlichen Einnahmen (14.000 Euro) an den Kosten beteiligen. Die Kosten für das Ersatzimplantat übernahm die Kasse nicht (ebenfalls rund 4.100 Euro), weil die erstmalige Versorgung mit Brustimplantaten aus rein kosmetischen Gründen erfolgt sei.

Dagegen erhob die 27-jährige Frau im Oktober 2012 Klage: Sie habe sich die Implantate seinerzeit aus psychischen Gründen einsetzen lassen, argumentierte sie. Das Sozialgericht wies die Klage am Dienstag ab. Es sei nicht sachgerecht, wenn die Versichertengemeinschaft alle Risiken trage, die mit einer medizinisch nicht notwendigen Operation verbunden seien, erklärt das Gericht in einer Mitteilung. Der Eingriff in einen gesunden menschlichen Körper sei – jedenfalls nach den Maßstäben des Krankenversicherungsrechts – nicht gerechtfertigt. Psychische Erkrankungen seien mit Mitteln der Psychotherapie zu behandeln. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor.


DAZ.online