Lieferengpässe

BMG: „können immer wieder auftreten“

Berlin - 13.03.2014, 10:45 Uhr


Die Bundesregierung rechnet damit, dass es auch künftig Schwierigkeiten bei der Lieferung von Impfstoffen und anderen Arzneimitteln geben kann. „Lieferengpässe oder Lieferunfähigkeiten bei einzelnen Impfstoffen können immer wieder auftreten“, erklärt die parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Grundsätzlich sei die Arzneimittelversorgung aber „sehr gut“ und Lieferengpässe führten nicht zwangsläufig zu Versorgungsengpässen.

Seit Juni 2012 sei es nach Kenntnis des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zu Lieferengpässen bei verschiedenen Arzneimitteln gekommen, schreibt Fischbach – unter anderem Zytostatika, Antibiotika, Schilddrüsenhormone und Impfstoffen. Die Ursachen seien „sehr heterogen“: Globalisierung, Konzentration auf wenige Herstellungsstätten, Qualitätsmängel bei der Herstellung, Produktions- und Lieferverzögerungen für Rohstoffe, Produktionseinstellungen bei Arzneimitteln oder Marktrücknahmen aus verschiedenen Gründen. Allerdings seien die Lieferengpässe „häufig nicht von langer Dauer“ und müssten „nicht zwangsläufig zu Versorgungsengpässen führen“.

Eine gesetzliche Verpflichtung der Hersteller zur Vorratshaltung hält Fischbach aber nicht für erforderlich: Derzeit bestehe auf Ebene der Handelsstufen des Großhandels und der Apotheken eine ein- bis zweiwöchige Vorratshaltung, zum Teil gesetzlich vorgesehen, zum Teil kraft Selbstverpflichtung. Großhandel und Apotheken trügen so zu einer „kostengünstigen und effizienten Distribution und Arzneimittelabgabe“ bei. „Fraglich ist, ob eine zusätzliche Vorratshaltung auf der Herstellerebene die in der Regel mehrere Monate andauernden Lieferengpässe spürbar abmildern könnte“ – darüber hinaus stelle sich die Frage zur praktischen Umsetzung und der Kostentragung einer solchen längerfristigen Lagerhaltung.

Eine Ausweitung der Rechte der Behörden im Hinblick auf deren Kontrollbefugnisse hält Fischbach ebenfalls nicht für erforderlich. Der Bereitstellungsauftrag nach § 52b Arzneimittelgesetz knüpfe an das tatsächliche Inverkehrbringen eines zugelassenen Arzneimittels an. Der pharmazeutische Unternehmer müsse für eine bedarfsgerechte Bereitstellung sorgen. „Versorgungsmängel, die außerhalb des Verantwortungsbereichs und damit einer Einwirkungsmöglichkeit der Beteiligten liegen, sind kein Verstoß gegen den Bereitstellungsauftrag“, etwa bei einer unvorhergesehenen Verknappung benötigter Roh- oder Wirkstoffe oder bei Problemen in der einzig vorhandenen Produktionsstätte. Die Befugnisse der zuständigen Behörden reichten insoweit aus.

Zu Impfstoff-Lieferengpässen schreibt Fischbach, diese könnten immer wieder auftreten und seien in der Regel zeitlich begrenzt. Die Ursachen seien vielfältig (Probleme der Herstellung, Verunreinigung, erhöhte Nachfrage beispielsweise durch veränderte Empfehlungen). Keine Kenntnis habe die Regierung, dass Rabattverträge zu gravierenden Veränderungen der Marktstruktur bei den pharmazeutischen Herstellern geführt hätten. Eine Konzentration sei ausschließlich im Bereich der Nicht-Influenza-Impfstoffe zu erkennen – das sei allerdings bereits so gewesen, bevor Rabattverträge für Impfstoffe ermöglicht wurden. Im Übrigen habe erst eine Kasse von der Vertragsmöglichkeit für Nicht-Influenza-Impfstoffe Gebrauch gemacht. Auch lassen sich Lieferengpässe laut Fischbach nicht generell ausschließen, da die Herstellung und Kontrolle von Impfstoffen „sehr komplex“ sei. Letztlich hätten die bisherigen Lieferengpässe aber „nur zur Verzögerung von Impfungen“ geführt – „Krankheitsausbrüche aufgrund nicht erfolgter Impfung sind bisher nicht aufgetreten“. Nicht ganz unglücklich war die Staatssekretärin vermutlich darüber, dass die Engpässe bei Varizellen-Impfstoffen von GSK mittlerweile behoben sind. Um diese hatten sich einige Fragen gedreht.

Den Linken ist die Haltung der Bundesregierung zu lax: Immerhin streite sie nicht ab, dass es Engpässe bei der Lieferung von Medikamenten und Impfstoffen gebe, erklärt Kathrin Vogler, Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte. Maßnahmen wolle sie aber nicht ergreifen. „Das ist gesundheitspolitische Geisterfahrerei!“ Das freiwillige Melderegister sei nicht ausreichend, kritisiert Vogler. Zur Situation auf dem Impfstoffsektor habe die Regierung „erschreckend wenig Erkenntnisse“ und nicht zuletzt dürfte auch ihr bekannt sein, dass die Rabattverträge mit für Lieferschwierigkeiten verantwortlich seien: „Aber auch hier schaut die Bundes­regierung weg“ – das gefährde die Sicherheit der Patienten „hochgradig“ und sei „unverantwortlich“.


Juliane Ziegler