Statinverordnung in Großbritannien

Zweifel an der Unabhängigkeit des NICE

Remagen - 14.03.2014, 11:45 Uhr


Die Ankündigung des NICE, den Schwellenwert für die Verordnung von Statinen im Rahmen des National Health Service absenken zu wollen, hat in den britischen Massen-Medien mächtig Staub aufgewirbelt. Der Sunday-Express vom letzten Sonntag behauptet, dass zwei Drittel der Mitglieder des für die Leitlinie verantwortlichen Expertengremiums finanzielle Verbindungen zu Firmen hätten, die Statine oder Cholesterol-senkende Mittel der nächsten Generation herstellen oder entwickeln.

In einer Pressemitteilung verwehrt sich das NICE gegen die Vorwürfe: Die Aktualisierung der Leitlinie von 2008 berücksichtige zum einen neue Erkenntnisse über die Bewertungs-Tools zum kardiovaskulären (CVD)-Risiko und zum anderen die geänderte Sachlage hinsichtlich des Preises und der Verfügbarkeit  generischer Statine. Der britische Verband der Generika-Hersteller schätze, dass der NHS nach Auslaufen des Patentes für Atorvastatin mit Alternativen zu dem Originator Lipitor 350 Millionen Pfund pro Jahr sparen kann. Das NICE sei hiermit im Übrigen im Einklang mit internationalen Entwicklungen. Das American College of Cardiology und die American Heart Association gingen mit ihren im November 2013 veröffentlichten  aktualisierte Leitlinien in dieselbe Richtung.

Im Hinblick auf mögliche Interessenskonflikte wird die Argumentation des Institutes allerdings deutlich dünner. Selbstverständlich habe man eine Politik zum Umgang hiermit, wird bekräftigt, und diese werde auch konsequent umgesetzt. Alle Mitglieder in den Leitlinien-Gremien müssten ihre Interessen fortlaufend offen legen. Tatsächlich hätten acht der zwölf Mitglieder Verbindungen mit Pharmaunternehmen, aber diese seien nicht spezifisch genug, um einen Rückzug aus dem Gremium zu rechtfertigen, meint das NICE. Immerhin war der Vorsitzender der Gruppe Dr. Anthony Wierzbicki an einer Reihe von klinischen Studien mit einem neuen, noch nicht im Einsatz befindlichen Cholesterinsenker zur Behandlung familiärer Hypercholesterolämien beteiligt.


Dr. Helga Blasius