Frühe Nutzenbewertung

IQWIG sieht zwei Mal „erheblichen Zusatznutzen“

Berlin - 01.04.2014, 16:28 Uhr


Gleich drei frühe Nutzenbewertungen hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) heute vorgelegt. Zwei neuen Krebsarzneimitteln attestieren die Kölner Wissenschaftler einen „erheblichen“ Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie – jedenfalls für bestimmte Patientengruppen.

Einen „Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen“ sieht das IQWiG beim Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab Emtansin (Kadcyla® von Roche). Er ist zugelassen zur Behandlung des inoperablen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Brustkrebs, der HER2-positiv ist. Die gute Bewertung gilt jedenfalls für die Patientengruppe, die bereits mit Trastuzumab und Taxanen sowie mit Anthracyclinen behandelt worden sind. Für drei weitere untersuchte Teilpopulationen hält das IQWiG einen Zusatznutzen hingegen nicht für belegt. Hier habe der Hersteller in seinem Dossier nicht die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegte Vergleichstherapie umgesetzt.

Auch Radium-223-dichlorid (kurz: Radium-223, Xofigo® von Bayer) gab das IQWiG für einen besonderen Patientenkreis die Bestnote. Das Arzneimittel ist zugelassen für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs, bei denen eine Hormonblockade nicht mehr wirkt, und symptomatischen Knochenmetastasen, aber ohne Metastasen in den Eingeweiden. Das radioaktive Medikament reichert sich hauptsächlich im Knochen an; der Wirkstoff soll durch Bestrahlung aus der Nähe das Wachstum der Knochenmetastasen hemmen.

Für den Vergleich mit Docetaxel bei Patienten, bei denen die Lebensverlängerung vorrangiges Therapieziel war, lagen laut IQWiG keine verwertbaren Daten vor. Deshalb ist ein Zusatznutzen hierfür nicht belegt. Hingegen sahen die Wissenschaftler beim Vergleich mit best supportive care (BSC) in Abhängigkeit vom Alter der Patienten und von der Begleittherapie (mit/ohne Bisphosphonate) einen Hinweis auf einen Zusatznutzen: Bei Patienten, die jünger als 65 Jahre sind, und solchen, die zwar älter sind, aber mit Bisphosphonat behandelt wurden, stellt das IQWiG jeweils einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Radium-223 + BSC gegenüber BSC fest. Bei Patienten über 65 Jahren ohne Bisphosphonat-Begleittherapie sah es dagegen nur einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen.

In einer dritten Nutzenbewertung ging es um ein HIV-Präparat, das schon einmal bewertet wurde: die antivirale Wirkstoffkombination Rilpivirin/Emtricitabin/Tenofovir (Eviplera® von Gilead). Anfang 2012 wurde die Kombination zur Behandlung von HIV-1-infizierten Erwachsenen zugelassen, die noch keine antiretrovirale Therapie erhalten haben. In der ersten frühen Nutzenbewertung fand das Institut für Männer Belege und für Frauen Hinweise auf einen beträchtlichen Zusatznutzen der fixen Kombination im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie – allerdings erst nachdem das Unternehmen eine weitere Studie eingereicht hatte. Anfänglich hatte das IQWiG gar keinen Zusatznutzen gesehen. Mittlerweile wurde die Zulassung auf antiretroviral vorbehandelte Personen erweitert. Für dieses neue Anwendungsgebiet hatte der Hersteller ein Dossier eingereicht. Doch diesmal fällt die IQWiG-Bewertung negativ aus: Die einzige im Dossier angeführte Studie sei zur Beurteilung eines Zusatznutzens zu kurz. Zudem sei die zweckmäßige Vergleichstherapie nicht umgesetzt worden. Daher sei ein Zusatznutzen bei der Behandlung antiretroviral vorbehandelter Erwachsener mit einer HIV-1-Infektion nicht belegt.

Nun ist der G-BA am Zuge. Er führt ein Stellungnahmeverfahren durch und fällt am Ende die abschließenden Beschlüsse zur frühen Nutzenbewertung.


Kirsten Sucker-Sket


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