Erfolglose Verfassungsbeschwerden

Auch Rentner müssen Zusatzbeitrag zahlen

Berlin - 30.07.2014, 10:39 Uhr


Das Ausbleiben einer Rentenerhöhung und die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge der Rentner zum 1. Juli 2005 verstoßen nicht gegen das Grundgesetz. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Beschlüssen entschieden. Mit beiden Maßnahmen habe sich der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsermessens im Bereich des Sozialrechts bewegt, teilte das Gericht mit.

Seit dem 1. Juli 2005 zahlen Arbeitnehmer und Rentner zur gesetzlichen Krankenversicherung einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 0,9 Prozent. Gesetzgeberischer Hintergrund dieser Abkehr von der Parität bei den Kassenbeiträgen war, Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger zu entlasten. Die Rentenwerte blieben zu diesem Zeitpunkt unverändert. Gegen die entsprechenden Rentenbescheide gingen verschiedene Betroffene juristisch vor – und kämpften sich bis nach Karlsruhe vors Bundesverfassungsgericht.

Doch die Richter halten die  Verfassungsbeschwerden für unbegründet. Grundrechte der Beschwerdeführer würden weder durch die unterbliebene Erhöhung der Renten zum 1. Juli 2005 noch durch den allein von ihnen zu tragenden Zusatzbeitrag verletzt.

Was den Rentenbeitrag betrifft, so hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben muss, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, müssten allerdings von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und verhältnismäßig sein. Dies sei hier der Fall.

Hinsichtlich des zusätzlichen Krankenkassenbeitrags zur Krankenversicherung der Rentner gilt Ähnliches. Und auch hier kommen die Verfassungsrichter zum Ergebnis, dass die vom Gesetzgeber angestrebte Senkung der Lohnnebenkosten ein Regelungsziel ist, das im öffentlichen Interesse liegt. Denn mit der finanziellen Entlastung der Arbeitgeber und auch der Rentenversicherung sollte die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung dazu beitragen, Beschäftigung zu fördern, was wiederum zu mehr Einnahmen und damit zu einer Stabilisierung der Finanzgrundlagen der Sozialversicherung insgesamt führen sollte.

Der Umstand, dass der Gesetzentwurf die Erhebung des Zusatzbeitrags im Zusammenhang mit einer Umfinanzierung des Krankengelds nennt, führe zu keiner anderen Beurteilung. Der zusätzliche Beitrag sei rechtlich nicht an die Finanzierung bestimmter Leistungen, insbesondere des Krankengeldes, gebunden. Es sei hier allenfalls um eine Größenordnung gegangen, in der Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger entlastet werden sollten.

Der 2005 eingeführte 0,9-prozentige Zusatzbeitrag wird nach der jüngst von der Großen Koalition beschlossenen GKV-Finanzreform im kommenden Jahr entfallen. Allerdings können die gesetzlichen Kassen dann einen variablen prozentualen Zusatzbeitrag allein von den Arbeitnehmern verlangen.

Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juni 2014, Az.: 1 BvR 79/09 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/09


Kirsten Sucker-Sket