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BGH zur Rezeptvermittlung durch Dritte
Entlassmanagement schlägt Zuweisungsverbot
Eine Rezeptvermittlung durch Dritte ist in der Regel nach dem Apothekengesetz tabu. Der Bundesgerichtshof will das Zuweisungsverbot des § 11 ApoG jedoch eingeschränkt ausgelegt wissen, wenn es mit dem Entlassmanagement von Krankenhäusern kollidiert. In den jetzt vorliegenden Gründen eines schon im März ergangenen Urteils führt er aus, dass es zulässig ist, wenn ein von einem Krankenhaus beauftragter Dritter im Rahmen des Entlassmanagements Patienten die benötigten Medikamente durch eine Apotheke an ihr Krankenbett liefern lässt – jedenfalls dann, wenn diese keine Belieferung durch eine andere Apotheke wünschen.
Im vorliegenden Fall stritten zwei Apotheker: Der Beklagte kooperierte mit der „Patientenring Gesellschaft für ganzheitliche Krankenversorgung und Anwendung mbH“. Diese Gesellschaft – an der die Universitätsklinik Freiburg einen Geschäftsanteil in Höhe von 40 Prozent und drei Sanitätshäuser Geschäftsanteile in Höhe von jeweils 20 Prozent halten – verfolgt das Ziel, Patienten der Uniklinik, deren Entlassung bevorsteht, über ihre weitere Behandlung und Versorgung zu unterrichten. Zudem beschafft sie für diese die nötige sachliche Ausstattung und bietet weitere Beratungs- und Organisationshilfe. Zu diesem Zweck kooperiert sie mit verschiedenen Leistungserbringern – auch mehreren Apotheken.
Hat sich ein Patient der Klinik für eine solche Betreuung entschieden und benötigt er bei der Entlassung pharmazeutische Betreuung, bietet ihm die Patientenring GmbH an, einen Kontakt zu einer Apotheke herzustellen. Ist der Patient einverstanden, wird das ausgestellte Rezept von einem Mitarbeiter der Universitätsklinik an die Patientenring GmbH gefaxt, die das Rezept an eine Kooperationsapotheke schickt. Wünscht der Patient eine andere Apotheke, wird die Verordnung an diese weitergeleitet. Die Kooperationsapotheke, die ein solches Rezept erhält, liefert die Medikamente gegen Aushändigung des Originalrezepts ans Krankenbett.
Hierin sah die klagende Apothekerin eine unzulässige Absprache über die Zuweisung von Verschreibungen. Um das Verhalten zu unterbinden, zog sie vor Gericht. Das Landgericht hat die Klage zunächst abgewiesen. In der Berufung war die Klägerin dann erfolgreich. Die Revision vor dem BGH ging dann allerdings wieder zugunsten des beklagten Apothekers aus.
In seinem Urteil führt der BGH aus, dass das in § 11 Abs. 4 SGB V geregelte Versorgungsmanagement und sein Spezialfall des Entlassmanagements (§ 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB V) eine einschränkende Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG erfordern. Nach dieser apothekenrechtlichen Norm dürfen Apotheken mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Absprachen treffen, die die Zuführung von Verschreibungen zum Gegenstand haben. Diese Vorschrift, so der BGH, ziele auf die Trennung zwischen dem Beruf des Arztes und dem Beruf des Apothekers ab und solle die Wahlfreiheit des Patienten gewährleisten.
Auf der anderen Seite hätten gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf ein Versorgungsmanagement, mit dem insbesondere Probleme beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche gelöst werden sollen. Die betroffenen Leistungserbringer müssen dabei – vorausgesetzt der Versicherte hat eingewilligt – für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten sorgen und sich gegenseitig die erforderlichen Informationen übermitteln. Das Entlassmanagement, bei der es konkret um den Übergang nach einer Krankenhausbehandlung geht, sei hierzu eine Spezialregelung. Krankenhäusern, die im GKV-Auftrag handeln, obliege es danach, den Übergang in den nächsten Versorgungsbereich zu planen und zu organisieren – auch die weitere Versorgung mit Medikamenten. Liegt die Einwilligung des Versicherten vor, ist diese Handhabung aus BGH-Sicht unproblematisch – auch wenn die operative Durchführung auf einen externen privaten Anbieter ausgelagert wird.
Den Widerspruch, der zwischen dem Zuweisungsverbot sowie dem Umstand besteht, dass das Gesetz für das Entlassmanagement – anders als § 11 Abs. 1 Satz 2 ApoG für die integrierte Versorgung – keine ausdrückliche Ausnahme von den apothekengesetzlichen Verboten vorsieht, löst der BGH schlicht: Der neueren und spezielleren Regelung des Entlassmanagements komme gegenüber § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG der Vorrang zu. Dafür spreche, dass ein reibungslos funktionierendes Entlassmanagement geeignet sei, Gesundheitsgefahren abzuwehren, die sich für die Patienten im Zusammenhang mit ihrer Entlassung aus der Krankenhausbehandlung – unter anderem dadurch, dass die nachfolgend benötigten Medikamente möglicherweise nicht sofort zur Verfügung stehen – ergeben. Diesem Ziel komme vorliegend ein wesentlich größeres Gewicht zu als der Durchsetzung des in § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG geregelten Verbots. Denn der Zweck dieser Bestimmung werde nicht nennenswert beeinträchtigt.
Aus den gleichen Gründen liege auch kein Verstoß gegen § 12 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg vor, bei dem es ebenfalls um unzulässige Vereinbarungen, Absprachen und Handlungen geht, die die Zuführung von Patienten oder die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben.
Berlin - 06.08.2014, 17:55 Uhr