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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch
Pharmazie an der Uni Potsdam, wünscht sich der Brandenburger Kammerpräsident. Defektlisten für fehlende Präparate der neue BfArM-Präsident. Und in Nordrhein gibt’s einen neuen alten Präsidenten. Und während über Importe aus Italien munter die Arzneimittelfälschungen in unseren Markt kommen (Importe sind wichtig! sagt das Ministerium), fragt sich der BfArM-Präsident, ob man das kontrollieren kann. Egal, mein liebes Tagebuch, Hauptsache die Ärzte kriegen mehr Kohle. Und die ABDA hat ein neues Logo kreiert: Aber da hilft nur ein Eiskübel drüber. Und danach Rescue-Tropfen – sind apothekenüblich, sagt der Bundesgerichtshof.
25. August 2014
Oh, mein Gott, welch ein Design-Geschmacks-Schock, mit dem wir da am Wochenanfang konfrontiert wurden. Der ABDA-Vorstand soll ein neues ABDA-Logo abgesegnet haben, das kurz vor dem Apothekertag offiziell vorgestellt werden soll. Wenn es tatsächlich so aussehen sollte, wie das Logo, das der DAZ zugespielt wurde, dann Gute Nacht. Bleibt die Hoffnung, dass das nicht die endgültige Version war. Tiefschwarze dicke Lettern mit dicken Serifen stehen da drohend im Raum – grusel, grusel. Irgendwie erinnert der Schrifttypus an alte Zöpfe, viel Tradition und längst vergangene dunkle Zeiten. Natürlich gibt es bei Schriften auch einen Retro- oder Vintage-Trend, der sich an die Vergangenheit anlehnt. Aber mit einer dynamischen, agilen, auf die Zukunft ausgerichteten Berufsorganisation hat dieses Logo wahrlich nichts zu tun. Ach ja, mein liebes Tagebuch, was hab ich da grad geschrieben? ABDA und dynamisch, agil, Zukunft – vielleicht soll das Logo auch nicht daran erinnern, oder?
26. August 2014
Der Sommer wird als Eiskübel-Sommer in die Annalen eingehen. Die übers Internet bekanntgewordene, ursprünglich aus den USA kommende Benefizaktion „Ice Bucket Challenge“ macht nun auch in Deutschland ihre Runden. Der Charité hat sie bereits zahlreiche Spenden für Patienten eingebracht, die an der degenerativen Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) leiden. Die Aktion, bei der man sich einen Kübel voller Eiswasser über den Kopf schüttet und spendet, hat auch schon einige Pharmazeuten erfasst, wie man auf den Facebook-Seiten feststellen kann. Mein liebes Tagebuch, was wir bisher noch nicht entdeckt haben: Das Foto, wie sich die ABDA-Spitze Schmidt, Kiefer, Becker den Eiskübel überstülpen – gemeinsam und synchron. Das Bild hätte zugegebenermaßen einen gewissen Reiz, gell?
27. August 2014
Jetzt ist’s amtlich: Lutz Engelen wird für die nächsten fünf Jahre der Apothekerkammer Nordrhein als Präsident vorstehen. Es ist seine dritte Amtszeit. Mein liebes Tagebuch, einfach war’s nicht, in Nordrhein den Präsidentensessel zu halten. In kaum einem anderen Bundesland gibt es so viele Listen und Oppositionelle. Unumstritten ist und war er nicht. Jetzt hat er’s geschafft. Und kann loslegen mit seinen Vorhaben. Im Vorfeld der Wahl hat er bereits bemerkenswerte Initiativen an den Tag gelegt, z. B. eine genaue Analyse der BtM-Gebühr. Es ist auch die Kammer Nordrhein, die erneut den Antrag in den Apothekertag einbringt, den ABDA-Präsidenten zukünftig durch die Delegierten auf dem Apothekertag wählen zu lassen. Na, dann mal weiter mit dieser Power!
In den Wahlprogrammen der Parteien zur Landtagswahl in Brandenburg kommen die Apotheker nicht vor. Kann auf der einen Seite ja von Vorteil sein, in Ruhe gelassen zu werden. Andererseits: Eine positive Erwähnung der apothekerlichen Arbeit und den Nutzen der Apothekenarbeit für das Gesundheitswesen hätte auch gut getan. Die Apothekerkammer Brandenburg ist daher selbst aktiv geworden. Kammerpräsident Jens Dobbert hat die Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Linke, Grüne, FDP und AfD angeschrieben, ihnen die Rolle der Apotheken dargelegt und aufgezeigt, wie wichtig der Nachwuchs ist. Und der Clou: Er schloss seinen Brief mit der Frage, ob sie sich im Fall ihrer Wahl dafür einsetzen würden, einen Studiengang Pharmazie an der Uni Potsdam einzurichten. Pharmazie in Potsdam! Eine nette Initiative. In Zeiten, in denen Leipzig auf der Kippe stehen und Hamburg schwächelt. Mein liebes Tagebuch, mit einer solchen Initiative bringt man sich bei den Landtagspolitikern ins Gespräch. Immerhin, wie aus den Antworten hervorgeht, können sich CDU und FDP sich eine Pharmazie in Brandenburg vorstellen, während SPD und die Grünen davon nichts halten.
Er ist voller Elan, der neue Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Karl Broich. Im DAZ-Interview kündigte er weitere Maßnahmen an, um Arzneimittel-Lieferengpässen besser entgegentreten zu können. Zum Beispiel kann er sich vorstellen, die freiwillige Liste zu Lieferengpässen zu einer verpflichtenden zu machen. Er würde es auch begrüßen, wenn Großhändler, Apotheker und Krankenhausapotheker zentrale Defektlisten veröffentlichen würden. Hhmm, mein liebes Tagebuch, alles richtig, alles wichtig – damit wären die Engpässe und Defekte zumindest dokumentiert, aber das Problem noch lange nicht gelöst. Immerhin sieht Broich auch, dass die Firmen nicht zu sehr auf die Produktion in Ländern wie China oder Indien setzen sollten, da dort immer wieder Qualitätsmängel auftreten würden. Tja, wenn aber der durch die Kassen ausgelöste Preiskampf immer härter wird …
Gut auch, dass dem BfArM-Präsidenten im Zusammenhang mit den Arzneimittelfälschungen sehr wohl die Probleme mit dem Parallelhandel bewusst sind. Auch er fragt sich, ob wir die bestehenden Lieferketten mit vier, fünf Zwischenhändlern heute ausreichend kontrollieren können. Klare Antwort, Herr Präsident: Das können wir nicht. Aber genau da liegt das Einfallstor für Fälschungen. Wäre es da nicht das Einfachste der Welt, wenn wir die Lieferkette auf Hersteller – Großhandel – Apotheke beschränken würden? Mein liebes Tagebuch, vielleicht könnte da der BfArM-Präsident mal einen Vorstoß wagen.
5 Milliarden Euro hatten sie gefordert, die Ärzte in den Honorarverhandlungen mit den Kassen. Jetzt bekommen sie 800 Millionen mehr im nächsten Jahr und sind zufrieden. Ups, so geht das. So, mein liebes Tagebuch, jetzt stehen die Honorarerhöhungen für die Apotheker an. Und was fordern wir? Was werden wir bekommen? Nee, ich sach jetzt nix.
28. August 2014
Es brodelte auf der Hauptversammlung des Apothekenrechenzentrums ARZ Haan. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) will, wie angekündigt, aus dem Aktionärskreis aussteigen. Wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Geschäftsführung hatte der AVWL seine Beteiligung und den Stimmrechtsvertrag Ende 2012 mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 gekündigt. Jetzt gibt es Streit über die Höhe der Abfindung. Die Verhandlungen im Vorfeld der Hauptversammlung brachten jedoch keine Einigung. Während das ARZ Haan die Aktie für maximal 29,50 Euro zurückkaufen möchte, stellt sich der AVWL einen deutlich höheren Beitrag vor (die Aktie hatte auch schon mal einen Wert von 36 Euro). Da liegen noch Welten dazwischen, eine Einigung ist noch nicht in Sicht. Denkbar, dass sich bald die Gerichte mit dem Zwist beschäftigen müssen.
82 verschiedene gestohlene und gefälschte Arzneimittel italienischer Herkunft sind über den Parallelvertrieb bzw. -import in mehrere europäische Länder gelangt – die Mehrzahl von ihnen nach Deutschland. Das teilte die italienische Arzneimittel-Zulassungsbehörde mit. Ja, mein liebes Tagebuch, und unsere Gesundheitspolitiker sind nach wie vor der Überzeugung, dass Parallel- und Reimporte wesentlich zur wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung in unserem Land beitragen. Bei diesen Fälschungsgefahren! Ein Witz! Ich bin gespannt, mein liebes Tagebuch, wie viele gefälschte Arzneimittel noch über diese grauen Importwege nach Deutschland gelangen müssen, damit mal ernsthaft über das Problem Importe nachgedacht wird. Immer wieder traurig, wie ein paar (vermeintlich) eingesparte Euro das Denken und Handeln bestimmen – die Sicherheit fällt hinten runter.
29. August 2014
Für die Zytostatika herstellenden Apotheken im Land hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) kollektivvertragliche Regelungen mit den Krankenkassen geschlossen. Der Vorteil für die Apotheken: der Vertrag gilt bundesweit, es gibt kein Gerangel zwischen Apotheken, die sich über Selektivverträge gegenseitig das Leben schwer machen könnten und bei dem sich ein Monopolist für eine Region herauskristallisieren könnte. Der Nachteil: Es kostet die Apotheken schlappe 55 Mio. Euro – sie müssen die von den Herstellern erzielten Einkaufsvorteile bei den Ausgangsstoffen an die Kostenträger weiterreichen, so der Deal zwischen DAV und GKV. Mein liebes Tagebuch, dass Apotheken nicht mehr an den Einkaufsrabatten für Waren und Stoffe profitieren sollen, ist das eine. Aber mal unabhängig davon: Dann müssten wenigstens die Arbeitsleistungen der Apotheken gerecht honoriert werden, stellt auch der DAV-Vorsitzende Becker heraus. Stimmt! Das gilt für Apotheken, die Spezialrezepturen anfertigen genauso wie für Apotheken, die „nur“ normale Rezepturen herstellen. Also, da muss schleunigst eine Analyse her, wie hoch der Arbeitspreis sein muss. Die Forderung, die unlängst zu hören war, auf Rezepturen nur 8,35 Euro Abgabe- und Beratungshonorar aufzuschlagen, reicht nicht. Es muss auch ein realistischer Arbeitspreis her.
Bonner Posse. Die Apotheken in der Bonner Fußgängerzone durften nachmittags nicht mehr vom Großhandel beliefert werden. Die Stadtverwaltung tolerierte nur noch die Belieferung in der offiziellen Anlieferzeit zwischen 6 und 12 Uhr. Ein Unding. Die Apotheker protestierten, mit Recht. Es kam zum Treffen mit dem Ordnungsdezernenten. Apothekerverband und Apotheken konnten überzeugend darlegen, dass Apotheken auf nachmittägliche Arzneilieferungen angewiesen seien. Jetzt gibt’s Ausnahmegenehmigungen für die Apothekenlieferanten. Endlich! Mein liebes Tagebuch, wie wir sie lieben, diese provinziellen Bürokraten-Bestimmungen. Na ja, immerhin ist’s hier noch mal gut ausgegangen.
Ja, und wenn’s einer immer noch nicht glauben mag: Bach-Blüten-Produkte gehören zu den apothekenüblichen Waren. Hat jetzt sogar der Bundesgerichtshof bestätigt. Zum Sortiment gehören beispielsweise so Produkte wie die alkoholischen Tropfen Gorse aus Stechginster, selbstverständlich mit „Bio-Alkohol“, Rock Water (reines Quellwasser) und Vine (ohne Wein, aber aus der Weinrebe). Für die Richter geht das alles in Ordnung, weil ihrer Ansicht nach alle Produkte der Gesundheit von Menschen dienten. Probleme gibt’s nur mit dem Rock Water, dem Quellwasser: weil diese Angabe gegen die Kennzeichnungsvorschriften der Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser verstößt. Wer hätte das gedacht? Tja, mein liebes Tagebuch, da wäre mir eher in den Sinn gekommen, dass die Gerichte Bach-Blüten als Humbug einstufen, aber nur das nicht. Immer wieder nett, wie uns Gerichte in Erstaunen versetzen.
Vielleicht sollte ich’s auch mal mit Gorse versuchen. Der Leitsatz dieses Präparats heißt: „Gorse hilft bei totaler Resignation und vollkommener Hoffnungslosigkeit. Wenn man sich dazu berufen fühlt, zu leiden.“ Oder greif ich lieber gleich zu den Rescue-Tropfen?
31.08.2014, 08:00 Uhr