Indien und USA

Mindere Arzneiqualität? Der Ton wird schärfer

Remagen - 01.10.2014, 11:30 Uhr


Indien hat rechtliche Schritte gegen die amerikanische Denkfabrik American Enterprise Institute eingeleitet. Es geht um die „Verleumdung“ der inländischen Pharma-Industrie wegen der angeblich mangelhaften Qualität von Arzneimitteln. Konkret soll die Aktion von der Indian Brand Equity Foundation initiiert worden sein – als Antwort auf die „Hetzkampagne“, die von den Amerikanern angezettelt worden sei. Die indische Regierung unterstützt das Vorhaben, um die Interessen ihrer Industrie zu schützen.

Die IBEF, eine Stiftung, die vom indischen Handelsministerium zusammen mit der Industrie eingerichtet wurde, wehrt sich vehement gegen eine aktuelle Studie der US-Denkfabrik, die behauptet hatte, inländische Pharmaunternehmen produzierten einfach und billig minderwertige Medikamente für Märkte mit einer unterentwickelten Regulierungsaufsicht, besonders in Afrika. Die Studie unter der Leitung des Forschers Roger Bate hatte die Qualität von rund 1500 Antibiotika und Tuberkulose-Medikamenten beurteilt, die aus indischer Herstellung stammen sollen. Sie wurden zwischen 2009 und 2012 in insgesamt 18 Ländern – darunter Indien, Afrika und fünf nicht-afrikanischen Ländern mit mittlerer Einkommensstruktur – in Apotheken in 22 Städten gekauft. Fast elf Prozent sollen im Hinblick auf den Wirkstoff Mängel aufgewiesen haben, meistens durch Unterdosierung.

Der indische IBEF stellt nicht nur die Methodik und Ethik der Untersuchung infrage, sondern auch das Handling der Daten zu den Stichproben. „Wären die Forscher wirklich in Sorge um die Qualität der Arzneimittel, dann hätten sie sich an die Regulierungsbehörden in den jeweiligen Ländern wenden können, mit genauen Angaben über die Produkte, Hersteller, Test-Methoden und deren Ergebnisse. Offenbar war das jedoch nicht ihre Absicht“, sagte der Generalsekretär des Industrieverbandes der forschenden Unternehmen Indian Pharmaceutical Alliance, D.G. Shah. „Sie berufen sich auf Geheimhaltungsverpflichtungen. So können sie weiterhin Vorwürfe gegen Indien erheben, ohne uns die Möglichkeit zu geben, den Beschwerden über die schlechte Qualität nachzugehen.“

Außerdem wisse man zwar, dass die Medikamenten-Proben zwischen 2009 und 2012 gesammelt worden waren, aber nicht, wann und wo sie geprüft wurden und warum es zwei Jahre gedauert habe, um den Bericht zu schreiben. Bereits Anfang dieses Jahres habe die US-Zulassungsbehörde FDA eine solche Studie diskreditiert, führte Shah weiter aus. Sie sei von Dr. Preston Mason vom Brigham & Women's Hospital in Boston durchgeführt worden und habe angeblich Verunreinigungen in Dutzenden von importierten generischen Herzmitteln gefunden. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Forscher die Proben während der Testung selbst kontaminiert hätten.


Dr. Helga Blasius