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Pharmazeutische Industrie
Durchwachsener Standort Berlin
Wer an den Pharmastandort Deutschland denkt, dem dürften vor allem die großen Unternehmen in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in den Sinn kommen. Doch auch die Bundeshauptstadt mischt ganz oben mit. 22 pharmazeutische Betriebe gibt es in Berlin – sie geben dort jedem zehnten Industriebeschäftigten einen Job. Es ist sogar die bedeutendste Einzelbranche in Berlin, wie aus einer Studie der Forschungsstelle Pharmastandort Deutschland hervorgeht.
Berlin behauptet sich – wenngleich hier gegenüber ganz Deutschland ein gegenläufiger Trend in der pharmazeutischen Industrie zu beobachten ist. So entwickelten sich die Beschäftigtenzahlen in der Hauptstadt 2012 (-3,9%) und 2013 (-2,5%) rückläufig, während sie 2011 und 2012 im gesamten Bundesgebiet zunahmen (bundesweite Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor). Auch die Produktion fuhr 2013 in Berlin mit -1,8 Prozent leicht zurück, während sie in ganz Deutschland um mehr als vier Prozent zulegte. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Investitionen: Nachdem Pharmaunternehmen in Berlin 2010 und 2011 kräftig investiert hatten, war 2013 ein Minus von fast 20 Prozent auszumachen. Genau umgekehrt war es in Gesamtdeutschland: Hier gingen die Investitionen 2010 und 2011 zurück und stiegen 2012 wieder.
Für Studienautorin Dr. Jasmina Kirchhoff ist dies allerdings kein Drama. Wenn zuvor viel investiert wurde, etwa in neue Produktionsanlagen, sei es nur natürlich, wenn ein Jahr später die Zahlen rückläufig seien. Für 2013 liegen zwar noch keine Zahlen für ganz Berlin vor, doch der Verband Forschender Pharma-Unternehmen (vfa), der die Studie in Auftrag gegeben hat, hat zumindest bei seinen elf in Berlin ansässigen Mitgliedern aktuelle Daten abgefragt. Diese zeigen: Bei den Investitionen ist 2013 wieder ein Plus von 3,9 Prozent zu verzeichnen, die Umsätze stiegen um 5,7 Prozent – allerdings ging die Beschäftigtenzahl bei ihnen mit -4,7 Prozent stärker zurück als in der gesamten Berliner Pharmabranche.
Kirchhoffs Fazit: Das Bild in Berlin ist durchwachsen. Nach wie vor sei die Pharmabranche ein „gewichtiges Pfund für den Industriestandort Berlin“. Der Rückgang bei Beschäftigung und Produktion lasse bislang noch nicht auf ein strukturelles Problem schließen.
vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer mahnte indessen, dass die positive Wechselbeziehung zwischen Deutschland als Standort und der Pharmaindustrie derzeit stark belastet werde. Nach wie vor sei Deutschland von besonderer Bedeutung für die Branche: 23 der 45 vfa-Mitgliedsunternehmen hätten Labors für neue Arzneimittel in Deutschland, 35 Abteilungen für klinische Entwicklung. Bei industriellen klinischen Studien sei die Bundesrepublik nach den USA weltweit die Nummer zwei.
Doch das AMNOG-Verfahren macht vielen Unternehmen zu schaffen. Wobei es, wie Fischer betont, nicht der grundsätzliche Ansatz des AMNOG ist, den sie kritisch sehen. Es seien vielmehr die konkreten Methoden, die etwa bei der frühen Nutzenbewertung angewendet werden. Die Aufteilung der Patienten in immer kleinere Subgruppen mache es nicht leichter, die Evidenz zu belegen, die der Gemeinsame Bundesausschuss ohnehin oftmals nicht für ausreichend durch die Zulassungsstudien belegt sieht. Auch der frühe Fokus auf die Kosten der neuen Arzneimittel sowie die herausragende Rolle des GKV-Spitzenverbandes im AMNOG-Verfahren stören den vfa. Auf diese Weise werde die Innovationskraft ausgebremst, warnte Fischer.
Berlin - 15.10.2014, 17:13 Uhr