Datenlage reicht nicht

Fachgesellschaften kritisieren IQWiG-Gutachten zu intrakraniellen Stents

Stuttgart - 15.10.2014, 17:31 Uhr


Vergangene Woche hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) seine Bewertung des Nutzens intrakranieller Stents nach Schlaganfall veröffentlicht: Die Stenteinlage schneide hinsichtlich des Endpunkts Schlaganfall im Vergleich zur rein medikamentösen Behandlung schlechter ab und diesem Nachteil stehe in anderen Punkten kein Vorteil gegenüber. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und andere medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften üben jetzt Kritik.

Kritisiert wird dabei die Datengrundlage, auf der die Nutzenbewertung des IQWiG basiert. Das Gutachten stützt sich vor allem auf die einzige prospektive, randomisierte Studie, die zu dieser Fragestellung existiert, die aber nur mit einem Implantat (Wingspan) und einer Indikationsstellung durchgeführt wurde und daher nicht das gesamte Spektrum der Indikationen für die intrakranielle Stenttherapie abdeckt. Zudem wurden in die Studie lediglich Patienten eingeschlossen, die sich in einem stabilen klinischen Zustand befanden. Patienten mit akuten Gefäßverschlüssen und ursächlich zugrunde liegender Stenose wurden nicht randomisiert.

Diese Datenbasis reicht daher in den Augen der Fachgesellschaften nicht aus, die Methode der intrakraniellen Stentbehandlung vollumfänglich und abschließend zu beurteilen. Wünschenswert wäre eine differenzierte Betrachtung gewesen, die unterschiedliche klinische Konstellationen, Indikationsstellungen und Implantate berücksichtigt, vor allem weil in bestimmten Behandlungssituationen keine therapeutische Alternative zum intrakraniellen Stent existiere.

So hätte nach Auffassung der Fachgesellschaften das wissenschaftlich korrekte Fazit lauten müssen, dass der Nutzen des Wingspan-Stents zur Behandlung symptomatischer intrakranieller Stenosen bei Patienten in einem klinisch stabilen Zustand nicht belegt ist und es in dieser Gruppe Hinweise auf einen möglichen Schaden durch eine solche Behandlung gibt, in bestimmten Konstellationen die Behandlung aber weiterhin möglich sein müsse.

Dem Pauschalurteil des IQWiG – es gibt im Vergleich zur rein medikamentösen Behandlung Hinweise auf einen Schaden für den Patienten hinsichtlich des Endpunkts Schlaganfall, während bei der Mortalität kein relevanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen zu sehen ist – stimme man nicht zu. Das IQWiG weist zwar in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die einbezogenen Daten mit einigen Unsicherheiten behaftet und möglicherweise verzerrt sind, man aber in der Gesamtschau zu der negativen Einschätzung der Behandlungsmethode kommt.

Welche Konsequenzen die Einschätzung des IQWiG hat, hängt nun vom G-BA ab. Sieht das Gremium unter anderem auf Basis des IQWiG-Gutachtens Hinweise auf einen unzureichenden Nutzen, eine Schädlichkeit oder Unwirksamkeit der Stentbehandlung, so dürfte diese künftig nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden.

Die vollständige Stellungnahme der Fachgesellschaften finden Sie hier.


Julia Borsch