DAZ.online Wochenschau

Angst vor Gröhe, Hepatitis-C-Kosten, Fluad-Komplikationen und Aluminium

29.11.2014, 08:00 Uhr


„Die Pille danach – bald ohne Rezept“ beschäftigte auch diese Woche die Gemüter. Ärzte fürchten, dass Bundesgesundheitsminister Gröhe umkippt. Die Sorge um Lieferengpässe treibt Krankenhausapotheker um, die Sorge vor Arzneimittelfälschungen unter anderem das Paul-Ehrlich-Institut. Ganz andere Sorgen hat die italienische Arzneimittelagentur. Sie prüft, ob es zwischen der Impfung mit dem Grippeimpfstoff Fluad und Todesfällen einen kausalen Zusammenhang gibt. Mehr dazu in unserer Wochenschau.

Angst vorm Umkippen. Die CHMP-Empfehlung, das europaweit zugelassene Notfallkontrazeptivum Ulipristal (elleOne®) aus der Rezeptpflicht zu entlassen, lässt die Ärzte-Zeitung fragen, ob Gröhe (CDU) umkippt. Bekanntlich hatten sich der Bundesgesundheitsminister und seine Partei gegen eine rezeptfreie Abgabe des national zugelassenen Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptivums PiDaNa ausgesprochen, jetzt bietet ihm die zu erwartende EU-Kommissionsentscheidung zur Rezeptfreigabe von ellaOne® die Möglichkeit, ohne Gesichtsverlust auch Levonorgestrel-haltige Notfallkontrazeptiva aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Begrüßt wird die CHMP-Empfehlung unter anderem vom Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP), den SPD-Frauen und auch dem Präsidenten der Bundesapotherkammer, Dr. Andreas Kiefer.

Todesfälle nach Grippeimpfung. Die italienische Arzneimittelagentur AIFA hat  die Anwendung der Chargen Nr. 142701 und 143301 des in Siena/Italien produzierten Grippeimpfstoffs Fluad des Schweizer Hersteller Novartis Vaccines untersagt. Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Ob es einen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und den Komplikationen gibt, wird derzeit untersucht. In Deutschland sind diese Chargen nicht in den Markt gekommen. Das PEI sieht aktuell keinen Anlass zur Beunruhigung.

Angst vor teuren Hepatitis-C-Medikamenten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat Simeprevir (Olysio®) einen beträchtlichen Zusatznutzen in der Therapie von HCV-Genotyp-1-Infektionen gegenüber Vergleichstherapien attestiert. Auch das wegen seiner hohen Kosten in die Schlagzeilen geratene Sofosbuvir wird bei diesen Infektionen eingesetzt, es kann mit Simeprevir kombiniert werden. Das könnte die Therapiekosten noch mehr in die Höhe treiben: 28 Olysio-Hartkapseln kosten 16.245,96 Euro, 28 Sovaldi®-Filmtabletten 19.999,50 Euro. Ob diese Preise Bestand haben, ist fraglich. In Frankreich konnte der Wirtschaftsausschuss für Gesundheitsprodukte CEPS den Sofosbuvir®-Preis um ein Viertel drücken.

Angst vor Arzneimittelfälschungen. Vor Kurzem war in Spanien ein Netz von Arzneimittel-Schmugglern aufgeflogen, das illegal für den spanischen Markt bestimmte Ware gewinnbringend ins Ausland, auch nach Deutschland verschoben hat. Diese Woche informierte nun das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) über den Ermittlungsstand der spanischen Behörden und teilte mit, dass bislang keine Manipulationen bei den illegal gehandelten Medikamenten festgestellt worden seien. Diese Mitteilung hat den Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands auf den Plan gerufen. Er wirft dem PEI Irreführung und vorsorgliche Verunsicherung von Verbrauchern vor.

Angst vor Ebola. Auch wenn andere Themen das Ebola-Problem aus den Hauptnachrichten verdrängt haben, ist die Gefahr einer weiteren Ausbreitung von Ebola nicht gebannt. Die Impfstoffentwicklung hat jedoch Fahrt aufgenommen. GSK berichtet über erste Erfolge mit dem Impfstoff cAd3-EBO. Er erwies sich in Phase I als sicher und wirksam. MSD hat sich über eine exklusive weltweite Lizenz-Vereinbarung die Rechte an der Erforschung, Entwicklung, Produktion und Vermarktung des zweiten Ebola-Impfstoff-Kandidaten rVSV-EBOV gesichert.

Angst vor Aluminium. Zu hohe Aluminium-Konzentrationen im Blut sind toxisch, doch kann Aluminium auch Brustkrebs oder Alzheimer auslösen? Solche Ängste sind weit verbreitet und werden durch Warnungen vor Aluminium in Kosmetika und Deos noch geschürt. Auch wenn unklar ist, wieviel Aluminium aus Kosmetika über die Haut aufgenommen wird und es keinen eindeutigen Beleg für die Entstehung von Brustkrebs oder Alzheimer gibt, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) einen zurückhaltenden Einsatz von Aluminium-haltigen Deos.

Sorge um Qualitätsverlust. Tabletten für eine Woche in Dosetten zu füllen, ist eine wertvolle Hilfe für Menschen, die auf mehrere Arzneimittel angewiesen sind. Doch jedem Pharmazeuten ist klar, dass nicht jedes Arzneimittel dafür geeignet ist, man denke nur an Brause- oder dispergierbare Tabletten. Bei welchen Arzneimitteln ein Qualitätsverlust bei Herausnahme aus der Originalverpackung droht, ist einer Datenbank des britischen Arzneimittel-Informations-Service (UKMi) zu entnehmen.

Probleme mit  Lieferengpässen. Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Arzneimitteln haben nicht nur Apotheker in öffentlichen Apotheken, auch die Krankenhausapotheker sind betroffen. Europaweit kämpfen einer Umfrage der European Association of Hospital Pharmacists (EAHP) zufolge 87% der Krankenhausapotheken mindestens einmal im Monat mit Problemen bei der Beschaffung von Medikamenten. 66% haben täglich oder wöchentlich Schwierigkeiten.

Warnung vor Schälrötelsucht. Der Interleukin-Antikörper Ustekinumab (Stelara®) wird bei Psoriasis und psoriatischer Arthritis eingesetzt. Jetzt wird in einem Rote-Hand-Brief vor einer auch als Schälrötelsucht bezeichneten exfoliativen Dermatitis gewarnt. Patienten, bei denen sich unter Ustekinumab großflächig die Haut entzündet und große Hautschuppen abblättern, sollten sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben.

Warnung vor undichten Fenistil-Ampullen. Die Firma Novartis hat die Chargen 11027154 und 11045012 Fenistil® (Dimetinden) 1 mg/ml lnjektionslösung (Verfalldatum 05/2017) zurückgerufen. Die Ampullen sind teilweise an der Sollbruchstelle der Brechampullen undicht.


Dr. Doris Uhl