Schlangenbisse

Suche nach einem universellen Gegengift

Remagen - 14.01.2015, 08:52 Uhr


Forscher von der Liverpool School of Tropical Medicine (LSTM) wollen für die Opfer von Schlangenbissen in Schwarzafrika ein neuartiges „Universal-Gegengift“ entwickeln und haben hierfür eine finanzielle Förderung vom britischen Medical Research Council (MRC) erhalten. Die derzeitigen Behandlungen sind teuer und wenig effizient.

„Es gibt in Afrika südlich der Sahara mehr als 20 Arten von tödlichen Schlangen“, sagt Dr. Harrison, Leiter der Alistair Reid Venom Forschergruppe der LSTM. „Wenn jemand gebissen wird, verlassen sich die Ärzte oft auf Beschreibung der Tiere durch die Opfer, um zu entscheiden, welche Behandlung die richtige ist. Die bevorzugte Option ist, ein Breitspektrum- oder Poly-spezifisches Gegengift zu geben, um sicherheitshalber alle möglichen Schlangenarten zu erfassen. Die Mittel sind aber in der Regel leider nicht sehr wirksam gegen eine einzelne Schlangenart. Deshalb müssen mehrere Fläschchen des Gegengiftes verabreicht werden, was die Gefahr schwerer Nebenwirkungen erhöht.“

Die Grenzen der aktuellen Multi-Spezies-Gegengifte ergeben sich aus ihrem Herstellungsverfahren. Das Venom wird von mehreren Arten von Schlangen „gemolken“ und dann in niedrigen Dosen Pferden oder Schafen injiziert. Diese produzieren daraufhin Antikörper gegen das Gift, die zu dem multi-spezifischen Gegengift aufgereinigt werden. Die Verwendung mehrerer Schlangenarten hat jedoch zur Folge, dass die Tiere gegen die einzelnen Spezies jeweils nur eine kleine Menge an Antikörpern generieren. Das heißt, das resultierende Gegengift ist ziemlich schwach.

Das Forschungsteam an der LSTM und seine Partner am Instituto Clodomiro Picado in San Jose, Costa Rica, sowie am Biomedizinischen Institut von Valencia in Spanien wollen nun die Wirksamkeit Poly-spezifischer Gegengifte erheblich verbessern, und zwar mit einer bahnbrechenden neuen Technik namens „antivenomics“. Das Produkt soll außerdem alle medizinisch bedeutsamen Giftschlangen südlich der Sahara erfassen. Hierzu wurden 21 Arten von afrikanischen Giftschlangen (insgesamt 450 Tiere) „gemolken“. Zudem soll die Hitzestabilität des Gegengiftes erhöht werden, denn die bis dato erforderliche Kühllagerung ist ein weiteres großes Manko. Billiger soll die Behandlung auch werden. Schließlich leben die Betroffenen in den ärmsten Regionen der Welt.

Eine einzelne Flasche des derzeit effektivsten polyspezifischen Gegengifts kostet 140 US-Dollar pro Fläschchen. Da  mehrere Fläschchen benötigt werden, um Heilung zu erzielen, kann eine Behandlung mehr als 500 bis 600 US-Dollar kosten.  

„Das neue universelle Gegengift soll in Zukunft viele der jährlichen 32.000 Todesfälle durch Schlangenbisse in Afrika verhindern“, hofft Harrison, „und außerdem die Zahl von 96.000 Menschen reduzieren, die infolge von Bissen eine dauerhaft Behinderung davon tragen.“


Dr. Helga Blasius