GMP-Mängel in Indien

Dieses Mal ist es der Wirkstoffhersteller Wockhardt

Remagen - 26.01.2015, 12:02 Uhr


Schon wieder ist ein indischer Wirkstoffhersteller nach GMP-Überwachungen mit einem Importstopp von Wirkstoffen in die EU belegt worden. Diesmal geht es um die Firma Wockhardt und deren Fertigungsstätte in Chikaltharna in Aurangabad. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA ist dort bei einer Inspektion im November 2013 einigen schwerwiegenden Ungereimtheiten auf die Schliche gekommen und hatte in der europäischen EudraGMPD Datenbank einen entsprechenden Non-Compliance-Bericht hinterlegt. Auch eine weitere Begehung im September des letzten Jahres brachte offenbar keine zufriedenstellende Besserung. Nun ist Schluss mit Exporten in die EU.

Die Mängel betreffen die Herstellung von Wirkstoffen. Nach dem „Statement of non-compliance“ ging es zunächst um den Bluthochdruck-Wirkstoff Captopril, Oxybutynin-HCI gegen Überfunktion des Harnblasenmuskels und das Parkinsonmittel Pramipexol-Dihydrochlorid-Monohydrat. Konkret wird in dem Statement ein kritischer Mangel im Hinblick auf die Integrität von GMP-Daten angeführt. Es sollen Einträge zu Zeitpunkten vorgenommen worden sein, an denen gar kein Personal anwesend war. Eine zweite Beanstandung betrifft potenzielle Produktkontaminationen, dazu gehörte auch die Verwendung von ungeeigneten Materialien in der Nähe der Produkte, z.B. Asbest-beschichtete Ringdichtungen für Zentrifugen. Weitere Defizite beziehen sich auf die Ausrüstung, Einrichtung und Wartung, darunter Unzugänglichkeiten bei der Reinigungsvalidierung.

Die erste Feststellung zu schwerwiegenden GMP-Verstößen der MHRA hatte die weitere Lieferung in die EU zunächst nicht komplett ausgeschlossen, um die Versorgung mit dringend notwendigen Wirkstoffen nicht zu gefährden. Nach einer Entscheidung der Firma, den Export von Wirkstoffen in den EU-Markt von sich aus einzustellen, wurde das „Statement of non-compliance“ nun aktualisiert, um alle Wirkstoffe abzudecken. Bevor nicht eine EU-Behörde durch eine weitere Inspektion festgestellt hat, dass bei Wockhardt alles GMP-gerecht zugeht, sind damit weitere Lieferungen in die EU ausgeschlossen. Die MHRA empfiehlt den Zulassungsinhabern, die die entsprechenden Wirkstoffe in ihren Präparaten einsetzen, Wockhardt als Hersteller durch eine Änderungsanzeige auszusondern. Eine Rückrufaktion ist nicht vorgesehen.

Auch mit der US-Behörde FDA liegt Wockhardt wegen GMP-Mängeln im Clinch. Für zwei seiner Betriebsstätten in Waluj und Chikalthana gelte derzeit ein Importverbot, meldete kürzlich der indische News-provider „dna“. Jedoch habe auch die FDA Wockhardt die Herstellung von fünf Arzneimitteln für den amerikanischen Markt genehmigt, um Versorgungsengpässe zu vermeiden.

Wockhardt ist ein rein indisches, multinational tätiges Unternehmen. Betätigungsfelder sind die Herstellung und Vermarktung von pharmazeutischen und biopharmazeutischen Formulierungen, Wirkstoffen und Impfstoffen. Laut Angaben auf der Firmen-Webseite gehorchen die zwölf Fertigungsstätten des Unternehmens strengen GMP-Anforderungen. Sie seien konform mit den Vorgaben internationaler Regulierungsbehörden wie der US-FDA, der britischen MHRA und der brasilianischen ANVISA, behauptet Wockhardt vollmundig auf seiner Internet-Seite.

In Europa ist das Unternehmen in Großbritannien, Irland und Frankreich aktiv und will dort durch Einlizenzierungen noch weiter expandieren.


Dr. Helga Blasius