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Nutzenbewertung von Arzneimitteln in der EU
Kommt auch hier die Harmonisierung?
Das Europäische Parlament hat eine neue Studie vorgelegt, mit der die Möglichkeiten für eine harmonisierte Nutzenbewertung von Arzneimitteln in der EU ausgelotet werden. Sie untersucht den Status Quo der gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen in den 28 EU-Mitgliedstaaten. Außerdem werden sechs ausgewählte Länder – Österreich, Frankreich, Italien, Polen, die Slowakei und Schweden – einer eingehenderen Analyse unterzogen. Die Studie schließt mit einer Reihe Empfehlungen für die Zukunft ab. Hiernach gibt es durchaus gute Ansätze für ein harmonisiertes Vorgehen.
Der therapeutische (Zusatz-)Nutzen eines Arzneimittels ist in vielen Ländern eine wichtige Voraussetzung dafür, wie es im Rahmen der nationalen Erstattungssysteme klassifiziert und bezahlt wird. Die Mitgliedstaaten haben für seine Bewertung (Relative Efficacy/Effectiveness Assessments (REAs)) unterschiedliche Methoden entwickelt. Einige verwenden eine Klassifikation, die das Niveau des Nutzens beschreibt. Frankreich stuft beispielsweise neue Medikamente als „wesentliche“, „signifikante“, „leichte“, „geringfügige“ oder „keine“ Verbesserung ein. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Deutschland, Spanien, Italien und Österreich. Andere Länder haben ein einfaches kategorisches Klassifizierungssystem (Nutzen vorhanden oder nicht). In den Niederlanden werden Medikamente entweder als Anhang 1A (ähnlicher therapeutischer Nutzen), oder Anhang 1 b (therapeutischen Zusatznutzen) klassifiziert. Ähnliche Systeme unterhalten Belgien, Tschechien und Ungarn. Kroatien, Schweden und Großbritannien messen im Rahmen ihrer Analyse auch die zusätzliche Anzahl der gewonnen qualitätsbereinigten Lebensjahre (Quality-Adjusted Life Years – QALY) für den Patienten.
Wenig Unterschiede bei Komparatoren-Auswahl
Bei der in EU-Ländern eingesetzten Definition der Komparatoren – also der zweckmäßigen Vergleichstherapie – gibt es relativ wenig Unterschiede. Die meisten nehmen „die beste Standard-Versorgung“ als wichtigsten Komparator der Wahl, aber einige ermöglichen und empfehlen außerdem zusätzliche Vergleiche mit der „bestmöglichen Versorgung“ oder der „billigsten Alternative“.
Sobald der therapeutische Nutzen bestimmt ist, wird er in vielen Ländern als explizites oder implizites Kriterium für die Preisregulierung oder Preisverhandlungen herangezogen. Einige Mitgliedstaaten bewerten die Wirtschaftlichkeit systematisch, wie Dänemark, Spanien, Schweden oder Großbritannien, andere nur diejenige von Arzneimitteln mit einem therapeutischen Nutzen. In der Tschechischen Republik sind Arzneimittel mit einem hohen Nutzen vom Nachweis der Kosteneffektivität befreit. In Großbritannien, wo die Preise für Arzneimittel nur indirekt durch das Pharmaceutical Price Regulation Scheme (PPRS) geregelt sind, hat der therapeutische Nutzen dagegen keine Auswirkungen auf die Preise.
Prinzipien grundsätzlich vereinbar
Die Studie kommt abschließend zu dem Schluss, dass es in den EU-Mitgliedstaaten zwar unterschiedliche Methoden zur Messung des therapeutischen Nutzens gibt, dass die zugrunde liegenden Prinzipien jedoch nicht grundsätzlich unvereinbar sind. Unter anderem werden folgende Empfehlungen ausgesprochen:
- Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin tatkräftig auf gemeinsame Definitionen und Bewertungsmethoden hinarbeiten. Hierzu wird die Entwicklung von „Good practices“ angeregt.
- Der therapeutische Nutzen sollte getrennt von Kosten- und andere wirtschaftlichen Erwägungen bewertet werden.
- Im Idealfall sollte der Nutzen skaliert werden, wie bereits jetzt in einigen Mitgliedstaaten mit profunden Erfahrungen mit der Nutzenbewertung wie Deutschland, Frankreich und Italien gehandhabt.
- Darüber hinaus sollte der therapeutisch Nutzen von einem multidisziplinären Team von ausgebildeten Experten gemessen werden und nicht von einer Gruppierung von Stakeholdern.
- Hierzu könnte auf europäischer Ebene ein Ausschuss von Vertretern der Mitgliedstaaten etabliert werden. Die zuständigen Behörden auf nationaler Ebene können die harmonisierten Bewertungs-Berichte dann als Grundlage für ihre jeweiligen Entscheidungsprozesse zur Preisbildung und Erstattung heranziehen.
Ausdrücklich wird festgestellt, dass diese Zuständigkeit voll bei den nationalen Behörden verbleibt, getreu der Vision des bereits jetzt bestehenden europäischen Netzwerkes der nationalen Health Technology Assessment (HTA)-Behörden (EUnetHTA): „Die Evidenz ist global, die Entscheidung national“.
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