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AOK Baden-Württemberg
Hermann bekräftigt Kritik an Importquote
Um die Importquote wird seit Monaten gestritten. Nicht nur die Apothekerschaft fordert regelmäßig, sie abzuschaffen – auch die AOK Baden-Württemberg hatte sich bereits überraschend deutlich gegen die Quote positioniert. Auf der anderen Seite stehen die Arzneimittelimporteure selbst, die beharrlich erklären, Importe seien keinesfalls ein Einfallstor für Fälschungen, sondern sorgten vielmehr für beachtliche Einsparungen im System. AOK-Chef Christopher Herrmann hält ihnen nun vor: Gespart werde bestenfalls marginal – die Quote diene im Wesentlich den Reimporteuren selbst. Mehr Verständnis für die Quote hat hingegen die saarländische Gesundheitsministerin.
Die AOK Baden-Württemberg hält die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Quote durch die Apotheken für überholt. Die Quote garantiere Reimporteuren einen Marktanteil im patentgeschützten Hochpreismarkt. Gerade dort sei eine Vorfahrtsregelung aufgrund eines Preisvorteils von 15 Euro pro Packung aber alles andere als zeitgemäß. „Bei den meisten innovativen Arzneimitteln liegt der Preis bei dem Hundertfachen oder mehr dieses Wertes“, betont Hermann.
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg rechnet vor: „Die Reimporteure insgesamt lagen 2014 mit ihrem Umsatz zum Apothekenverkaufspreis von rund 1,2 Milliarden Euro auf Rang zwei aller pharmazeutischen Anbieter im patentgeschützten, verschreibungspflichtigen GKV-Markt. Der Marktführer allein belegte mit einem Umsatz von über 280 Millionen Euro Rang elf. Angesichts der marginalen Einsparungen durch die Quote dient diese im Wesentlichen den Reimporteuren – und wird dadurch zum wettbewerbswidrigen Marktdirigismus.“
270.000 Euro Strafgelder von Apotheken
Die AOK Baden-Württemberg verweist zudem auf eigene Auswertungen zum Reimportmarkt: Danach lagen die tatsächlichen Einsparungen durch die Reimportquote im Jahr 2014 bei 0,2 Prozent, gemessen an den Gesamt-Arzneimittelausgaben von rund 1,8 Milliarden Euro. Hinzu kämen im Zuge der Quote automatisch verrechnete Strafgelder von Apotheken, die die Quote nicht erfüllten. Diese lagen laut AOK im vergangenen Jahr bei 270.000 Euro. „Alles in allem eine Größenordnung, die leicht etwa mit einer minimalen Anhebung des Herstellerabschlags auf patentgeschützte Arzneimittel problemlos ausgeglichen werden könnte – und die mit Sicherheit auch gerne von den forschenden Herstellern kompensiert würde“, so Hermann.
Der AOK-Chef hält zudem an seiner Auffassung fest, dass sich die Quote als Einfallstor für Fälschungen und gestohlene Ware herausgestellt habe. „Es geht auch darum, kriminelle Aktivitäten nicht auch noch per Quote zu befördern. Patientensicherheit bei der Arzneimittelversorgung muss absolute Priorität genießen“, so Hermann.
VAD kontra BfArM
Ähnlich hatte sich kürzlich der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Karl Broich, geäußert. Der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD) hatte darauf mit einem erzürnten offenen Brief reagiert. Die Importeure entdeckten die Fälschungen und gestohlenen Arzneimittel vielmehr, als dass die Quote ein Einfallstor für zweifelhafte Ware sei. Zudem: Immerhin hätten Importe ein Einsparpotenzial von 340 Millionen Euro im Jahr. Tatsächlich waren es dem Verband zufolge 2014 rund 240 Milliionen Euro. Der VAD bat den BfArM-Chef um einen Terminvorschlag, um ein „klärendes Gespräch“ zu führen.
kohlpharma findet Gehör bei Landesgesundheitsministerin
Gehör fanden die Importeure indessen bei der saarländischen Gesundheitsministerin Monika Bachmann, die gestern den saarländischen Pharmadialog startete. Und zwar bei der Firma kohlpharma in Merzig. Das Unternehmen wartete auch hier mit den genannten Einsparsummen auf. Angesichts dieser Zahlen warnte die Gesundheitsministerin, „trotz derzeit noch üppiger Reserven der Gesetzlichen Krankenkassen und des Gesundheitsfonds, leichtfertig bewährte Kostendämpfungsinstrumente infrage zu stellen und beispielsweise die Importförderung im Sozialgesetzbuch gänzlich zu streichen“.
Auch das Thema Fälschungen griff Bachmann auf: Man müsse die Vorwürfe zur fehlenden Sicherheit bei Importarzneimitteln, die insbesondere im vergangenen Jahr nach den Diebstählen in Italien aufkamen, ernst nehmen. Es sei Aufgabe aller am Arzneimittelmarkt Beteiligten, die Transport- und Vertriebswege zu sichern sowie die nötigen Anstrengungen zu unternehmen, um Medikamentendiebstähle und das Inverkehrbringen von Fälschungen zu vermeiden. Kohlpharma-Chef Edwin Kohl versicherte daraufhin: „Importeure sind per se eine weitere Kontrollstufe in der legalen Lieferkette.“
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