DAz.online-Wochenschau

Warnhinweis für Galantamin, Erfolg für Empagliflozin und viele Fälschungen

26.09.2015, 07:25 Uhr

(Fotos: scottchan, gena96 - Fotolia.com; Montage: DAZ/ekr)

(Fotos: scottchan, gena96 - Fotolia.com; Montage: DAZ/ekr)


Der SGLT2-Hemmer Empagliflozin konnte in Studien die Sterblichkeit bei Diabetikern senken, und Experten sagen schon einen Wandel in der Behandlung des Diabetes Typ 2 voraus - wenn da nicht die Kosten wären. Die Preisverhandlung zwischen Hersteller und Krankenkassen sind noch nicht abgeschlossen. Weniger positives gibt es von Galantamin zu berichten. Unter dem Acetylcholinesterasehemmer sind bei Alzheimer-Patienten seltene, aber gefährliche Nebenwirkungen aufgetreten. In die Fachinformationen soll ein Hinweis auf schwerwiegende Hautreaktionen aufgenommen werden. Das und noch viel mehr können Sie in unserer Wochenschau lesen. 

SGLT2-Hemmer sorgt für Aufsehen

Die amerikanische Arzneimittel-Agentur FDA verlangt für alle neuen Diabetes-Medikamente im Rahmen der Zulassung Endpunktstudien zur kardiovaskulären Sicherheit. Für den 2014 zugelassenen SGLT2-Hemmer Empagliflozin (Jardiance®) konnte dabei gezeigt werden, dass die Substanz nicht nur sicher ist, sondern tatsächlich auch die Sterblichkeit senkt. Nach Metformin ist Empagliflozin damit erst das zweite Diabetes-Medikament, das die kardiovaskuläre Sterblichkeit reduzieren konnte. Für die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Deutsche Hochdruckliga ist das Anlass genug, die Substanz als Durchbruch in der Diabetes-Therapie zu betrachten. 

Warnhinweis zu Galantamin

Bei Patienten, die das Antidementivum Galantamin (Reminyl®) eingenommen haben, sind vereinzelt schwerwiegende Hautreaktionen wie das Stevens-Johnson-Syndrom und eine akute generalisierte exanthematische Pustulose aufgetreten. Die beiden Krankheitsbilder sowie das Erythema multiforme sollen als seltene Nebenwirkungen in die Produktinformationen Galantamin-haltiger Arzneimittel aufgenommen werden. Patienten und deren Angehörige sollten über Symptome schwerwiegender Hautreaktionen informiert werden. Beim ersten Auftreten eines Hautausschlags soll Galantamin abgesetzt werden.

Antidot für Dabigatran

Der Humanarzneimittelausschuss der EMA hat sich dafür ausgesprochen, mit Idarucizumab (Praxbind®) ein Antidot für Dabigatran (Pradaxa®) zuzulassen. Das vollständig humanisierte Antikörper-Fragment kann die Wirkung von Dabigatran innerhalb kurzer Zeit aufheben. Damit wird es zum ersten Mal für die neuen oralen Antikoagulanzien ein spezifisches Antidot geben. Bislang ist die Gabe von Gerinnungsfaktoren die einzige Möglichkeit, die Wirkung dieser Substanzen aufzuheben.

Erster Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor

In den USA ist die fixe Kombination aus dem AT1-Rezeptorblocker Valsartan und dem Neprilysin-Inhibitor Sacubitril (Entresto®) bereits seit Juli zugelassen. Jetzt wollen die Europäer nachziehen. Der Humanarzneimittelausschuss der EMA hat eine Zulassungsempfehlung für den ersten Vertreter der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI) ausgesprochen. Indiziert ist Entresto® bei symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion. Das Wirkprinzip basiert auf der bei Herzinsuffizienz etablierten Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems durch Valsartan und auf der zusätzlichen Inhibition von Neprilysin, einem Enzym, das für den Abbau von natriuretischen Peptiden verantwortlich ist. Sowohl in Europa als auch in den USA waren die Zulassungsunterlagen in einem beschleunigten Verfahren geprüft worden. 

LAMA als Add-on hilfreich

Bei Erwachsenen mit schlecht kontrolliertem Asthma, die mit inhalativen Corticosteroiden behandelt werden, kann die Add-on-Therapie mit einem langwirksamen Muskarin-Antagonisten (LAMA) die Wahrscheinlichkeit von Exazerbationen verringern. Außerdem verbessert sie die Lungenfunktion. Dies geht aus einem Cochrane-Review hervor. Frühere Studien haben bereits die potenziell positiven Auswirkungen von langwirksamen Muskarin-Antagonisten wie Tiotropiumbromid auf die Lungenfunktion von Asthmatikern gezeigt. Trotzdem war unklar, an welcher Stelle der aktuellen schrittweisen Behandlungs-Strategie der Einsatz am meisten bringt.

Zoll beschlagnahmt 3,5 Millionen gefälschte Arzneimittel

Das Zollfahndungsamt Essen vermeldet einen Erfolg im Kampf gegen die organisierte Arzneimittelkriminalität: Nach mehr als einjährigen Ermittlungen haben Beamten fünf Personen festgenommen und rund 3,5 Millionen Arzneimittel beschlagnahmt. Gefunden wurden illegale „Lifestyle-Produkte“ wie potenzsteigernde Präparate und Schlankheitsmittel, aber auch Antibiotika, Schmerz- und Schlafmittel sowie Antidepressiva und Beruhigungstabletten – allesamt in loser Schüttung. 

Entscheidende Lücke bei rabattierten Grippeimpfstoffen?

Australien befindet sich derzeit mitten in der Grippesaison. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Fallzahlen mehr als verdoppelt. Ein möglicher Grund für den Anstieg: Der Impfstoff wirkt nur eingeschränkt. Man hatte sich bei der Impfung auf zwei Influenza-A-Stämme und einen Influenza-B-Erreger aus der Yamagata-Linie eingestellt. Nun grassiert aber ein zweiter B-Stamm aus der B-Victoria-Linie. Sollte in Europa in der kommenden Grippesaison ebenfalls gehäuft ein Stamm der B-Victoria-Linie auftreten, droht auch hier möglicherweise eine Impflücke. Denn in den rabattierten Grippe-Impfstoffen ist B-Victoria nicht enthalten. Lediglich die tetravalenten Grippe-Impfstoffe enthalten als vierte Komponente den B-Stamm Brisbane/60/2008 (Victoria-Linie).

Mehr Schilddrüsenhormone verordnet

Immer mehr Menschen nehmen Schilddrüsenhormone. So hat sich in Rheinland-Pfalz von 2006 bis 2014 die Verordnungsrate bei Erwachsenen zwischen 20 und 34 Jahren mehr als verdoppelt – darauf weist die Techniker Krankenkasse (TK) hin. Erhielten 2006 noch lediglich 3,2% in diesem Alter Schilddrüsenhormone, waren es 2014 bereits 6,3%. Die Daten zeigen, dass die Diagnosehäufigkeit steigt – und Ärzte immer mehr Schilddrüsenhormone verordnen. Der Anstieg der Verordnungszahlen ist ein bundesweites Phänomen.

Österreich: Im Notfall Arznei-Lieferung bis ans Krankenbett

In Wien werden dringend benötigte Arzneimittel jetzt mit dem Taxi zum Patienten gefahren. Die Kosten für den neuen Zustellservice trägt zu einem erheblichen Teil die Apothekerkammer Wien. Die Patienten müssen pro Arzneimittellieferung sieben Euro zuzahlen. Unter dem Motto „Krank daheim, wir lassen Sie nicht allein" steht der Notfall-Service rund um die Uhr zur Verfügung. Auch in der Nacht und am Wochenende können sich Patienten in Wien telefonisch an die nächste diensthabende Apotheke wenden und bekommen im Bedarfsfall die Medikamente direkt nach Hause geliefert. Bislang gab es den Lieferservice in Wien als Testlauf. Ab jetzt startet der Regelbetrieb. Der Zustellservice der 322 Wiener Apotheken läuft in Kooperation mit dem Wiener Taxi-Funkdienst und dem Botendienst veloce.


Dr. Carolina Kusnick (ck), Apothekerin 
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.