Hessische Kammerpräsidentin Funke:

Arzneimittel für „Happy Hour“ ungeignet

Gießen - 16.11.2015, 11:15 Uhr

Ursula Funke hält nichts von "buy one, get two"-Angeboten bei Arzneimitteln. (Bild: LAK Hessen)

Ursula Funke hält nichts von "buy one, get two"-Angeboten bei Arzneimitteln. (Bild: LAK Hessen)


Ursula Funke nutzte die zentrale Herbstfortbildung der hessischen Apothekerkammer für eine Tour d´Horizon zur aktuellen berufspolitischen Lage. Die Kammerpräsidentin ermunterte die Kollegen, den Heilberuf Apotheker gemeinsam weiterzuentwickeln.

Bei der zentralen Herbstfortbildung der hessischen Apothekerkammer am Wochenende in Gießen nutzte Kammerpräsidentin Ursula Funke nach einer Gedenkminute für die Opfer der Pariser Terroranschläge die Gelegenheit für eine kleine Tour d´Horizon zur aktuellen berufspolitischen Lage. Dabei ermunterte sie die Kollegen mit Nachdruck, den Heilberuf Apotheker gemeinsam weiterzuentwickeln.

So kritisierte Funke die Systematik zur Anpassung des Fixums im verschreibungspflichtigen Segment. Diese sei schon bei ihrer Konzeption leistungsfeindlich gewesen und nicht geeignet, die gestiegenen Kosten und den zusätzlichen Aufwand durch die Rabattverträge adäquat zu honorieren. Leider verschließe sich die Politik hier vollkommen gegenüber allen soliden Daten, die den zuständigen Ministerien vorliegen. Zwar habe das Bundeswirtschaftsministerium nun ein Forschungsvorhaben ausgeschrieben, mit dem die Vergütung berechnet werden soll. Aber Ergebnisse werde es frühestens 2017, das heißt in der nächsten Legislaturperiode geben, für Funke mehr als unbefriedigend.

Medikationsplan „nicht ohne uns“

Im Zusammenhang mit dem E-Health-Gesetz, das sich derzeit im Endspurt befindet, hätten Abgeordnete den Alltag und die Leistungen der Apotheke vor Ort kennengelernt. „Glauben Sie mir“, sagte Funke, „da gab es viel aufzuklären und so manches Aha-Erlebnis bei den Politikern über die Aufgabenvielfalt in den Apotheken“. Man habe verdeutlicht, dass der Medikationsplan für die Politik nur dann erfolgreich werde, wenn er den Menschen nutzt, das heißt ihre Arzneitherapie sicherer macht. Funke ist überzeugt: „Das geht nur mit uns.“

Apotheker können mehr als Offizin und Krankenhaus

Auch die derzeitige Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisierung der Anerkennung von Berufsqualifikationen in nationales Recht greift für die hessische Kammerpräsidentin zu kurz. Der vorliegende Entwurf zur Anpassung der Bundesapothekerordnung beinhaltet eine Auflistung typischer apothekerlicher Tätigkeiten, quasi als „Mindestliste“. Diese werde aber der Situation in Deutschland nicht gerecht, meint Funke, denn hierzulande seien die Apotheker „von der Wiege bis zur Bahre“ vollumfänglich für die Arzneimittelversorgung zuständig. Diese Aufgaben nähmen sie nicht nur in der öffentlichen Apotheke und in der Krankenhaus-Apotheke wahr, sondern auch in zahlreichen Funktionen in Forschung, Entwicklung, Herstellung, Lehre, Aufsicht, Qualitätssicherung etc.. Gemeinsam mit den anderen Kammern sei man mit den jeweiligen zuständigen Landesministerien im Gespräch, um hier noch Änderungen über den Bundesrat zu erzielen.

Nichts zu verschenken

Abschließend wandte Funke sich vehement gegen Verkaufspraktiken wie Rabattmodelle, Discountangebote, Taler oder sonstige Incentives. „Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit als Heilberuf, wenn wir das Arzneimittel als Ware besonderer Art, die beratungsbedürftig ist, verramschen.“ meint sie. Dies gelte auch für den OTC-Bereich, wo die Preise frei kalkulierbar sind. Hier muss ihrer Überzeugung nach verantwortungsbewusst mit der Freiheit umgegangen werden.  „Immer wieder machen wir der Politik klar, dass Arzneimittel in die Hände von Apothekern gehören, wir kümmern uns um die richtige Arzneimittelanwendung, achten auf Interaktionen zwischen den vom Arzt verordneten und OTC-Arzneimitteln.“ beschrieb sie Anspruch und Realität. „Dann müssen wir aber auch glaubwürdig auftreten. Arzneimittel eignen sich nicht für „buy two, get one free“, Happy Hour oder gar Verschenken wie 20 Paracetamol für 1 Cent.“

Dumpingangebote suggerierten darüber hinaus, dass die Apotheker etwas zu verschenken hätten. Funke ist sicher: Auch Politiker sind Verbraucher und Patienten – und sie beobachten die Apotheker sehr genau. Auf diese Weise mache jede Apotheke täglich Öffentlichkeitsarbeit für den gesamten Berufsstand, das heißt, jede Kollegin und jeder Kollege sei gefordert, an der heilberuflichen Zukunft mitzuwirken. 


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