Oberlehrerhafte Fürsorge

DAK mailt Anti-Retax-Tipps an Apotheker

Berlin - 16.12.2015, 14:00 Uhr

DAK-Newsletter wendet sich mit Anti-Retax-Tipps an Apotheker. (Foto: DAK)

DAK-Newsletter wendet sich mit Anti-Retax-Tipps an Apotheker. (Foto: DAK)


Bei Retaxationen schlägt die DAK stets eine besonders forsche Gangart ein. Für Kassen-Chef Herbert Rebscher machen bei Fehlern sogar Rezepte und Schlosserrechnungen keinen Unterschied: Dann wird nicht bezahlt. Jetzt mailte die DAK an knapp 16.000 Apotheken einen Newsletter mit Anti-Retax-Tipps in oberlehrerhafter Diktion. Sechs Apotheker cancelten prompt den DAK-Mail-Service.

Unter der Überschrift „Rezepte prüfen, Retaxationen vermeiden“ kommt der DAK-Newsletter mit moralisch erhobenem Zeigefinger daher: „Bei unserer Rechnungsprüfung steht die Patientensicherheit im Vordergrund. Aus diesem Grund beanstanden wir Verordnungen zum Beispiel dann, wenn die Arztunterschrift fehlt oder handschriftliche Vermerke im Aut-idem-Feld stehen. Das mag formalistisch erscheinen, für uns sind dies aber Fehler, die die Gesundheit der Versicherten gefährden können und sich nicht nachträglich korrigieren lassen.“

Zynisch und provokant findet diese Sätze ein Apotheker. Hinter diesem „Mäntelchen der Scheinheiligkeit“ verberge sich in Wahrheit die Geldgier der DAK. An 50 Apotheker mailte er einen Aufruf, sich gegen solche Versuche, Nullretaxationen zu rechtfertigen, zu wehren. So will sich die DAK natürlich nicht verstanden wissen. Der Newsletter sei in den letzten Tagen an circa 16.000 Apotheker gemailt und weitgehend gut aufgenommen worden. Nur sechs Apotheker hätten den Newsletter abbestellt. Bestellen mussten die Apotheker den Newsletter aber auch nicht. Die DAK nutze fürs Mailing die ihr bekannten Apotheken-Mailadressen.   

Apotheker-Einmaleins

Auf die einleitenden Bemerkungen folgen einige Anti-Retax-Tipps der DAK, die eigentlich zum Einmaleins des Apothekerlebens zählen. „Achten Sie bitte darauf“, dass bei Austauschpflicht das Rabattarzneimittel abgegeben wird. Bei „pharmazeutischen Bedenken“ seien das Sonderkennzeichen und eine „handschriftliche, konkrete Begründung“ anzugeben. Und selbstverständlich müssten alle Fristen eingehalten werden.

Als Zugabe ließ sich die DAK noch eine Checkliste für die Abrechnung von T-Rezepten einfallen. „Bei der Abrechnungsprüfung fallen uns von Zeit zu Zeit T-Rezepte auf, die nicht korrekt ausgefüllt sind“, wendet sich die DAK mit geradezu mütterlicher Fürsorge an die Apotheker: „Mit unserer Checkliste sehen Sie auf einen Blick, worauf es ankommt.“ Es folgen Selbstverständlichkeiten, die jedem Apotheker geläufig sind: Ein T-Rezept dürfe nur für die Wirkstoffe Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid ausgestellt werden. Diese Wirkstoffe seien teratogen – und unterlägen deshalb besonderen Sicherheitsmaßnahmen.

Newsletter dieser Art will die DAK jetzt regelmäßig alle drei Monate an die Apotheker mailen. Man darf gespannt sein, welche praktische Lebenshilfe die DAK sonst noch anzubieten hat.


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1 Kommentar

Frechheit!

von Tom More am 16.12.2015 um 15:15 Uhr

Sowohl der Vorgang als solcher als auch die Reaktionen unter Kollegen wurden in den letzten Tagen bereits in anderen Foren heftig diskutiert. Positiv war kein von mir gelesener Kommentar, wenn man Zynismus nicht berücksichtigt. Die DAK versucht an ihrem Image zu arbeiten, bleibt in der Sache aber stur und unkooperativ. Faktisch hat die DAk mit ihren Retax-Orgien den Apotheken den Krieg erklärt und wir rächen uns durch die Aufklärung der DAK-Mitglieder, das und wie man die Kasse wechseln kann und - mea culpa - durch Dienst nach Vorschrift bei DAK-Rezepten. Die Folgen trägt der Patient, aber auch uns macht das keinen Spaß, ist nervig, belastend und anstrengend. Der Adrenalin-Spiegel explodiert, wenn, man den Kostenträger DAK sieht... Meine Betriebe sind ab Januar endlich DAK-frei, ich empfehle so vielen Kunden wie möglich den Wechsel, wobei die Empfehlung "egal welche andere Kasse" besonders entlarvend wirkt und in der Offizin Lacher einbringt. Abwarten, ob die DAK sich langfristig davon erholt, ich glaube das nicht. Ich vermisse jedoch den organisierten Widerstand durch Kammern und Verbände...

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