Ambulante und stationäre Versorgung

Die Apotheke als Profitcenter von Kliniken? 

Berlin - 16.02.2016, 16:40 Uhr

Krankenhausapotheken – wie hier an der Uniklinik Leipzig – können die Einnahmen der Klinken steigern. (Foto: picture alliance / dpa)

Krankenhausapotheken – wie hier an der Uniklinik Leipzig – können die Einnahmen der Klinken steigern. (Foto: picture alliance / dpa)


Niedergelassene Ärzte beklagen eine zunehmende Konkurrenz mit Krankenhäusern – insbesondere in der Onkologie. Sie sehen bewährte Strukturen der Behandlung von Krebspatienten in Gefahr und prangern Quersubventionierungen der Kliniken durch Krankenhausapotheken an.

Ambulant tätige Fachärzte müssten erhebliche Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu Krankenhäusern hinnehmen, die ebenfalls immer stärker ambulant tätig sind: Dies sagt die vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) erstellte Studie „Wettbewerb in der ambulanten onkologischen Versorgung – Analyse und Reformansätze“. In Auftrag gegeben hatte sie der Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO), der sie diese Woche gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vorgestellt hat.

Zu den Studienautoren zählt der vielen Apothekern noch bekannte Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap. Er forderte in der Vergangenheit „mehr Wettbewerb im Apothekensektor“ – etwa durch Fremd- und Mehrbesitz, Rx-Preiswettbewerb und ungewöhnliche Honorierungsmodelle. Auch im Auftrag der Ärzte hat er jetzt einen besonderen Blick auf die Apotheken geworfen – die Krankenhausapotheken. 

Ungleiche Markt-Beteiligte

Ausgangspunkt des Gutachtens ist, dass die Politik die Öffnung des ambulanten Bereichs für Krankenhäuser systematisch vorantreibe, zuletzt durch das im vergangenen Jahr verabschiedete GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Krankenhäuser und Vertragsärzte agieren hier auf demselben Markt – doch ihre Bedingungen seien im Hinblick auf Bedarfsplanung, Vergütung und Investitionsfinanzierung ungleich. Das Nachsehen hätten die Vertragsärzte.

Gerade in der Onkologie zeige sich: Krankenhäuser bieten in einem Krankheitsfall die ganze Versorgungskette. Zwar könne auch ein niedergelassener Arzt integrierte Behandlungsangebote organisieren. Aber: Dafür könne er nicht gesondert an der Gesamtvergütung des Behandlungsfalls teilhaben. Krankenhäuser könnten hingegen Vorleistungen internalisieren und gegebenenfalls defizitäre Leistungsbereiche quersubventionieren. 

„Lukrative Arzneimitteltherapie“

Als – einziges – Beispiel hierfür führt das Haucap-Gutachten die Krankenhausapotheken an. Diese könnten zunehmend auch im ambulanten Bereich Arzneimittel abgeben. Ihr Vorteil sei dabei, dass sie die Preise, anders als öffentliche Apotheken, mit den Pharmaunternehmen direkt verhandeln können. Gerade bei der Behandlung von Krebserkrankungen ließen sich hier Erlöse in beträchtlicher Höhe erreichen. Und so richteten sich Kliniken in ihrer ambulanten Tätigkeit gerne in Richtung dieser lukrativen Therapien aus.

Mit Überschüssen aus dem „Profitcenter Krankenhausapotheke“ ließen sich dann defizitäre ambulante oder stationäre Bereiche quersubventionieren. Niedergelassene Ärzte haben hingegen nichts von der Arzneimittelversorgung ihrer Patienten, sie dürfen nicht einmal Absprachen treffen. „Auch hat die öffentliche Apotheke keine Möglichkeit, den Vertragsarzt an möglichen Medikamentengewinnen zu beteiligen“, konstatiert das Gutachten.


Der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein hat in seiner Bemerkung 2014 die Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel als Erfolgsgeschichte bezeichnet. Das UKSH hat ab 2007 die Arzneimittelversorgung von einer privaten auf eine eigene Krankenhausapotheke übertragen. Die Arzneimittelumsätze der Krankenhausapotheke stiegen bei konstantem Personalbestand von 54,3 Mio. Euro in 2008 auf 75,1 Mio. Euro in 2012. Die Überschüsse der Krankenhausapotheke verbleiben seit der Umstellung allein beim UKSH. Diese lagen 2012 in ambulanten Bereich bei 7,7 Mio. Euro. Würden die Arzneimittel weiterhin über eine Lieferapotheke bezogen, wäre dieser Betrag dem UKSH entgangen.

Studie „Wettbewerb in der ambulanten onkologischen Versorgung – Analyse und Reformansätze“ des Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 


Lösungsvorschlag Vernetzung

Letztlich lautet die Handlungsempfehlung der Experten, dass sich Niedergelassene und Krankenhäuser in der onkologischen Versorgung besser vernetzen sollten. Dem kann Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, nur beipflichten. „Den Nutzen davon haben vor allem die Patienten.“

Denn das große Wissen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen kommt den Krankenhäusern zugute – und somit dem Patienten, der umfassend betreut wird“, warb er. Gleichzeitig erklärte Gassen, „dass wir Niedergelassene den Wettbewerb nicht scheuen, aber man muss uns seitens der Politik die gleichen Möglichkeiten einräumen wie den Kliniken.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Krankenhausapotheken

von Holger am 17.02.2016 um 8:26 Uhr

Ich sehe da eher die Krankenhäuser im Nachteil - unsere Ambulanzermächtigungen sind bezüglich der Auswahl der Leistungen sowie bezüglich der Menge der Leistungen und auch noch zeitlich befristet, außerdem dürfen wir nur die Patienten ambulant behandeln, die der niedergelassene Onkologe zu uns überweist. Wir leben also von den Brosamen, die er uns übrig lässt, weil er diese Patienten entweder nicht behandeln kann oder will.

Es ist richtig, dass die Krankenhausapotheken ihre Einkaufspreise frei verhandeln können. Für Zytostatika dürfen das öffentliche Apotheken aber seit der 15. Novelle des AMG auch! Das ist also sicher kein Wettbewerbsnachteil, sondern diese Spieße sind gleich lang. Jedoch rechnen die Krankenhausapotheken ihre Zubereitungen gegenüber den Kassen nicht nach Hilfstaxe ab, sondern auf der Grundlage von Verträgen gemäß §129a SGB V - und ALLE Verträge, die ich diesbezüglich kenne, enthalten immer die Limitierung "nicht teurer als die öffentliche Apotheke", so dass wir mit unseren Erlösen zumeist niedriger liegen.

Marketingtechnisch haben wir Krankenhäuser natürlich das Problem, dass unsere Zahlen öffentlich auf dem Tisch liegen, wenn wir kommunal oder AöR sind. Die GuV des zytostatikazubereitenden öffentlichen Apothekers ist dagegen private Geheimsache. Wäre doch mal fair, wenn einer der Kollegen, der ebenso viele Zubereitungen (oder gar mehr!) wie die zitierte Klinik abrechnet, seine Zahlen daneben legen würde? Ich bin nicht so sicher, wer da besser dasteht, denn die Infrastruktur der Krankenhäuser ist im Regelfall vergleichsweise teuer und für ambulante Leistungserbringung bekommen die Krankenhäuser auch in den Ländern, die ihrer Verpflichtung zur Investition noch nachkommen, niemals Fördermittel, sondern das müssen das schon immer vollständig selber finanzieren.

Letzte Bemerkung: „Auch hat die öffentliche Apotheke keine Möglichkeit, den Vertragsarzt an möglichen Medikamentengewinnen zu beteiligen“ Sorry, aber mir kommen die Tränen. Wenn Sie ergänzen "... keine LEGALE Möglichkeit ..." bin ich ja bei Ihnen - aber ich kenne persönlich zahlreiche Beispiele für erhebliche Quersubventionen, von denen niedergelassene Fachärzte profitieren, wenn sie einer bestimmten Apotheke ihre Rezepte zuleiten ...

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Wahnwitz

von Tilmann Schöll am 17.02.2016 um 8:07 Uhr

So ist unser System - Man hat zwei völlig unterschiedliche Systeme und sucht nun nach einer Möglichkeit, das kostengünstigere auf alle auszudehnen.
By the way - zahlt eigentlich das UKSH Kammerbeitrag für die 7,7 Mio Überschüsse Euro aus 2012 im ambulanten Bereich ? Da diese ja eigentlich aus dem Umsatz berechnet werden wird da ein ganz schönes Sümmchen für die Kammer zusammenkommen !
Da kann ich den Frust vieler niedergelassener Kollegen verstehen ! Es macht keine Freude, sich diesen ungleichen Marktbedingungen zu stellen - ein Grund mehr, sich nicht selbständig zu machen. Die Zukunft wird zeigen, wie sich das auf die Versorgung der Bevölkerung auswirkt.

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AW: Beiträge

von Holger am 17.02.2016 um 8:30 Uhr

Wir sind alle Mitglied einer ApothekeRkammer, nicht einer ApothekeNkammer. Wenn Sie also den Beitrag des Apothekenleiters an irgendwas bemessen wollten, dann müssten Sie sein persönliches Einkommen heranziehen. Und ich habe berechtigen Anlass zu der Vermutung, dass die Mehrheit der deutschen Leiter von Krankenhausapotheken ein Gehalt bezieht, für das der Inhaber einer zytostatikazubereitenden öffentlichen Apotheke morgens nichtmal den Fuß aus dem Bett strecken würde. Umsatz ist eben KEINE Leistungsgröße der Krankenhausapotheke. Oder zahlen Sie Ihre Kammerbeiträge auch auf die Mieteinnahmen aus Ihrem Immobilienbesitz?

AW: Panorama

von Holger am 19.02.2016 um 10:42 Uhr

Die Panorama-Sendung in der ARD vom 18.2. gesehen? Danach ist ja wohl klar, WER hier die Kohle abgreift! Die Krankenhäuser und deren Apotheken sind es wohl eher nicht ...

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