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Krebskongress 2016 - Netzwerk mit Apothekern
Gefahr der „Industrialisierung“ der onkologischen Versorgung
Zunehmend werden Krebs-Patienten nicht in hämatologisch-onkologischen Praxen versorgt. Der Verdrängungswettbewerb schade den Patienten, waren sich Experten des BNHO-Symposiums am Freitag sicher. Sie setzen auf die Gründung von Netzwerken zur ambulanten Versorgung - darin sollten die wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten auch mit Apotheken verbessert werden.
Zurzeit wird ein erheblicher Anteil der onkologischen Patienten - über 600.000 pro Jahr - wohnortnah in hämatologisch-onkologischen Schwerpunktpraxen versorgt. Doch zunehmend bieten auch Krankenhäuser eine ambulante onkologische Versorgung an. Dies ist von der Politik seit der Einführung des Gesundheitsreformgesetzes im Jahre 2000 so gewollt - doch liegt es auch im Interesse der Patienten?
Prof. Stephan Schmitz, Vorsitzender des Berufsverbands der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO) in Deutschland, hat daran erhebliche Zweifel: „Das führt leider vielerorts nicht zu einem Wettbewerb um mehr Qualität, sondern zu profitorientierten Versorgungsstrukturen, bei denen der Patient nur eine Nebenrolle einnimmt.“ Unter der Frage "Welche Onkologen braucht das Land?" hatte der BNHO am Freitag zum Symposium im Rahmen des Krebskongresses in Berlin geladen.
Gefahr der Rosinenpickerei
Bestimmte Wert die essentiell für die Arzt-Patienten-Beziehung sind wie Empathie, Zuhören, einen langen Atem haben - ja schließlich die gesamte ärztliche Kunst - werden unter diesen Bedingungen abgewertet. Darauf verwies der Medizinethiker Prof. Giovanni Maio aus Freiburg. „Die Heilberufe sind nicht angetreten, einen Wettbewerb zu gewinnen. Sie wollen Patienten versorgen, die sich nicht selbst helfen können(...)“, sagte er. Die gegenwärtige Entwicklung könnte unter anderem auch dazu führen, dass der kollegiale Umgang der Ärzte in den verschiedenen Versorgungsformen zerstört wird, so Maio
Prof. Dr. Justus Haucap, Leiter einer neuen, vom BNHO beauftragten Studie, verwies darauf, dass die Überschüsse,
die Klinikapotheken bei der Versorgung onkologischer Patienten erwirtschaften, teilweise zur Quersubventionierung defizitärer Bereiche im Krankenhaus verwendet werden.
Auch böte das System einen Anreiz zur „Rosinenpickerei“: Die „profitabelsten Patienten“ werden im Krankenhaus behandelt,
die weniger profitablen überlässt man den niedergelassenen Onkologen. Nach den Ergebnissen der Studie hätten die freiberuflichen niedergelassenen Onkologen im derzeitigen Versorgungssystem ganz erhebliche Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu den Krankenhäusern.
Zukunftsperspektiven
Wege zur Verbesserung dieser Situation sieht er unter anderem in der Gründung von Netzwerken zur ambulanten Versorgung. Darin sollten die wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten
auch mit Apotheken verbessert werden. Insbesondere im Hinblick auf die Autonomie der Vertragsgestaltung sollten Mitglieder eines Netzwerkes frei über die Aufteilung der Erlöse entscheiden dürfen, betonte Dr. Walter Baumann vom Wissenschaftlichen Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Köln.
Es müssten tragfähige Kooperationsstrukturen geschaffen werden, die ein faires Nebeneinander der Versorgungsebenen ermöglichen, statt einem Verdrängungswettbewerb und einer lokalen Monopolbildung Vorschub zu leiste die letztlich zu Lasten des Patienten gehe.
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