Ratgeber für Arbeitgeber

IHK gibt Tipps zur Integration von Flüchtlingen

Stuttgart - 10.03.2016, 15:10 Uhr

Begeisterter Praktikant: Mohammad Alsaied aus Homs, Syrien, sammelt derzeit in der Mohren-Apotheke in Jüterbog Erfahrungen. (Fotos: Josefine Sack)

Begeisterter Praktikant: Mohammad Alsaied aus Homs, Syrien, sammelt derzeit in der Mohren-Apotheke in Jüterbog Erfahrungen. (Fotos: Josefine Sack)


Was ist zu beachten, wenn Apotheken einen Flüchtling beschäftigen wollen? Ein neuer Ratgeber der Industrie- und Handelskammer gibt Aufschluss über Chancen und Anforderungen.

Angesichts der mehr als eine Million Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, stellen sich auch Apotheken die Frage, ob diese nicht auch in der Offizin tätig werden können. Um einige Hürden bei der Integration von Asylbewerbern abzubauen, hat jetzt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (IHK) in einem 60-seitigem Ratgeber die wichtigsten Informationen zusammengestellt, die Arbeitgeber wissen sollten. Die Themen reichen vom „Aufenthaltsstatus“ bis zur „Vorrangprüfung“.

Welche Tätigkeiten dürfen Flüchtlinge überhaupt aufnehmen? Sofern eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt, gibt es laut IHK für eine Erwerbstätigkeit oder auch Ausbildung keine Einschränkungen – abgesehen von einer möglichen Befristung der Aufenthaltserlaubnis. Für Geduldete und Asylbewerber gibt es eine Wartefrist von drei Monaten, außerdem prüft die Arbeitsagentur ob es bevorrechtigte Arbeitnehmer aus Deutschland oder der EU gibt – und ob die Anstellungsbedingungen nicht schlechter sind, als bei vergleichbaren deutschen Arbeitnehmern.

Ausbildung mit Hilfen

Bei Ausbildungen entfällt für Geduldete die Wartefrist von drei Monaten. Asylberechtigte können auch in den ersten sechs Monaten nach Beginn der Tätigkeit auch „Ausbildungsbegleitende Hilfen“ in Anspruch nehmen, die von der Agentur für Arbeit getragen werden: Außerhalb der betrieblichen Ausbildungszeit können sie zusätzlichen Unterricht erhalten, um beispielweise Sprachdefizite abzubauen.

Solange ein ausländischer Berufsabschluss in Deutschland noch nicht anerkannt ist oder Flüchtlinge sich beruflich neu orientieren wollen, können sie auch ein Praktikum aufnehmen. In diesen Fällen unterliegen sie nicht dem gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie höchstens drei Monate dauern. Gedultete Flüchtlinge und Asylbewerber brauchen hierzu die Genehmigung der Ausländerbehörde, bei Flüchtlingen mit Aufenthaltserlaubnis gibt es diese Anforderung nicht. Hospitationen, bei denen Flüchtlinge die Abläufe in einer Apotheke kennenlernen, sind gänzlich ohne Einschränkungen möglich.


(Grafik: IHK)

Übersicht zu Praktika für Flüchtlinge


Anerkennung von Berufsabschlüssen

Sowohl für die betroffenen Flüchtlinge als auch für ihre Arbeitgeber ist eine Anerkennung früherer Berufsabschlüsse wertvoll. Seit Inkrafttreten des Berufsanerkennungsgesetz besteht auf ein entsprechendes Verfahren Rechtsanspruch, das „nach Eingang der vollständigen Unterlagen“ maximal drei Monate dauern kann. Anfallende Gebühren werden manchmal von der Arbeitsagentur übernommen. Falls nicht alle Dokumente zur Verfügung stehen, kann auch auf eine Qualifikationsanalyse zurückgegriffen werden, bei der anhand von Arbeitsproben, Gesprächen oder Fachpräsentationen die Fähigkeiten geprüft werden.

Um dauerhaft als Apotheker in Deutschland arbeiten zu können, müssen auch Flüchtlinge eine Approbation erlangen – und hierzu eine Berufsausbildung nachweisen, die der deutschen gleichwertigig ist. Dies wird nur für EU-Bürger automatisch angenommen. Falls die Gleichwertigkeit nicht festgestellt werden kann, ist es möglich, dies über eine Prüfung nachzuholen. Außerdem müssen viele Dokumente wie ein ärztlicher Gesundheitstests, Führungszeugnisse oder eine beglaubigte Kopie der Abschlussprüfung vorgelegt werden. Die zuständige Apothekerkammer prüft außerdem, ob sichere Deutschkenntnisse vorhanden sind.

Bei einer Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr haben Flüchtlinge einen Anspruch auf einen Integrationskurs, bei dem in 660 Unterrichtsstunden hauptsächlich die deutsche Sprache gelehrt wird. Außerdem gibt es auf ähnlich umfangreiche berufsbezogene Sprachkurse, die auch in Teilzeit durchgeführt werden können.

Echte Integration in den Betrieb

Als konkrete Tipps für die Zusammenarbeit empfiehlt die IHK, Flüchtlingen einen Paten oder Mentor im Unternehmen zur Seite zu stellen, der sie beispielsweise auch bei Behördengängen unterstützen kann. Auch die Teilnahme am normalen Sozialleben innerhalb des Betriebs erwähnt der Ratgeber: „Einbindung der Flüchtlinge in informelle Rituale wie gemeinsames Mittagessen, Stammtische, Betriebssport oder Tippspiele“ führt die IHK auf.

Auch die örtlichen IHKs unterstützen im Rahmen der Aktion „Ankommen in Deutschland – Gemeinsam unterstützen wir Integration“ die Integration durch ein Beratungs- und Unterstützungsangebot. So vermitteln die Ansprechpartner Sprachkurse, Betriebsbesuche oder Qualifizierungsangebote.

„Sie, liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, können dabei helfen, Flüchtlingen Zukunftschancen in Deutschland zu geben und damit perspektivisch auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten“, schreibt Eric Schweitzer im Grußwort des Ratgebers, Präsident der IHK Berlin. „Wir wollen Ihnen Mut machen, sich dieser wichtigen Aufgabe zu stellen.“


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