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Es gibt Wochen, in denen helfen nur MCP-Tropfen, etwa beim Retaxwahnsinn und den Lieferengpässen, bei berufspolitischen „Erfolgen“ zum Honorar, fehlenden Evidenzdatenbanken und Medikationsplänen. Und, mein liebes Tagebuch: Warum die ABDA-Crew einen Segelkurs buchen sollte.
7. März 2016
Rabattverträge! Einige von uns nehmen bei diesem Wort gerne ein paar Tropfen MCP-Lösung zu sich. Ja, für uns Apothekers sind sie ein Graus: hoher Erklärungsbedarf bei unseren Patienten und langwierige Diskussionen, weil schon wieder eine Umstellung notwendig wird, ständige Anpassung des Warenlagers, Lieferengpässe bei Rabattarzneimitteln, Gefahr von Retaxationen. Aber für die Kassen sind sie ein Erfolgsmodell par excellence: 3,61 Milliarden Euro konnten die Kassen durch die Rabattverträge im letzten Jahr einsparen. Das ist eine Menge Holz. Mein liebes Tagebuch, Rabattverträge werden nie mehr abgeschafft, wir werden noch lange mit ihnen leben müssen. Das wirklich Dumme dabei ist nur, dass wir Apothekers eine Menge Arbeit damit haben, Milliarden für die Kassen einsparen, aber für diese Arbeit keinen Cent bekommen. Wir wurden ja auch nie gefragt, ob und zu welchen Bedingungen wir das machen wollen. Und gewehrt haben wir uns auch nicht wirklich. Wir müssen die Rabattverträge erfüllen, sonst Retax. Hätte ja schlimmer kommen können: Die Politik musste damals Einsparungen realisieren – und wenn es nicht die Rabattverträge geworden wären, dann hätte man sich das Geld irgendwo anders geholt. Freie Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel, wie mal angedacht war, wäre auch nicht schön gewesen. Aber dass die Arbeit der Apotheken so gar nicht honoriert wird, ist ein starkes Stück. Im Gegenteil, man hat das Gefühl, Rabattverträge sind auch ein Mittel um Apotheken abzuzocken. Mit Einführung der Rabattverträge hat der Retaxwahnsinn zugenommen. Es ist zum – mein liebes Tagebuch, wo stehen die MCP-Tropfen?
Nach welchen Kriterien werden in einer Apotheke eigentlich OTC-Arzneimittel ausgesucht? Haben wir schon immer so gemacht? Eigene Erfahrungen? Rückmeldungen zur Wirksamkeit von Patienten? Günstige Einkaufsangebote der Firmen? Oder wird auch auf die Evidenz geschaut? Mein liebes Tagebuch, wenn eine Apotheke jetzt sagen würde, das würden wir zwar gerne, aber die Unterlagen dafür fehlen uns, dann kann man dafür durchaus nachvollziehen. Deshalb gab es auf dem Apothekertag vor zwei Jahre den guten Ansatz, die ABDA möge doch bitte eine Datenbank aufbauen, die den Apotheken gut aufbereitete Unterlagen zur Evidenz von OTC-Präparaten liefert. Antrag beschlossen – und trotzdem tut sich nichts. Warum ist das so? Warum versandet so ein Antrag? Mein liebes Tagebuch, was wäre das für ein supergutes Angebot für Apotheken, wenn sie sich zur Wirksamkeit anhand von aufbereiteten Studien informieren könnten. Warum lässt die Berufsvertretung die Apotheken da im Regen stehen? Mir wird schon wieder übel.
8. März 2016
Wenn die Kassen und die von ihnen beauftragten Controller pingelig jeden kleinsten Formfehler bei Rezepten beanstanden, dann ist es nicht mehr als recht und billig, wenn auch Apotheken aufrüsten, um Retaxationen zu entgehen. Zum Beispiel durch entsprechende Hard- und Software, mit der sich Fehler auf Rezepten entdecken lassen. Allerdings sollten die Fehler idealerweise vor der Abgabe und vor dem Bedrucken des Rezepts erkannt werden. Klappt zum Teil schon ganz gut, aber noch nicht vollständig. Wenn Rechenzentren anbieten, Änderungen auf den bei ihnen erstellten virtuellen Rezepten, den Images, vorzunehmen, dann mag das zwar eine elegante Lösung für die Apotheke sein, aber nachträglich geht eigentlich nicht – denn dann stimmt das Originalrezept nicht mit dem Image überein. Kassen wehren sich dagegen und drohen schon mit drastischen Maßnahmen. Mein liebes Tagebuch, wann wird dieser Irrsinn ein Ende haben? ich brauch’ schon wieder Tropfen… Ich wünsche mir den „Daniel Düsentrieb“, der den perfekten Rezeptscanner erfindet, der jeden Fehler auf dem Rezept vor dem Bedrucken entdeckt – und die Kassen ihre Controllettis einstampfen müssen. Ach ja, auf das Ergebnis der Schiedsstelle zum Thema Retax bin ich gespannt.
Es gibt sie noch, die guten Nachrichten: Das rheinland-pfälzische AMTS-Modellprojekt wird um sechs Monate verlängert – bis zur Einführung des bundesweiten Medikationsplans (auf Papier). Ziel des Projekts ist es, die Versorgung der Patienten zu verbessern, auch durch Medikationspläne, die bei diesem Projekt schon elektronisch angelegt und ausgetauscht werden. Das Modellprojekt wird vom rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium mit 70.000 Euro gefördert. Beteiligt sind neben dem Landesministerium die Unimedizin Mainz, die Techniker Krankenkasse und die LAK Rheinland-Pfalz. Mein liebes Tagebuch, es gibt sogar schon tolle Zwischenergebnisse: Die Patienten sind zufrieden, der Medikationsplan bringt wirklich was und auch die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker hat sich verbessert. Mein liebes Tagebuch, da hätte einfach mal unser Bundesgesundheitsminister genauer hinsehen sollen. Das Desaster, das sich ab Oktober abspielen wird – Medikationsplan auf Papier und vom Hausarzt –, kann ich mir schon heute vorstellen. Oh, wo sind meine Tropfen!
9. März 2016
Vom Kabinett ist sie beschlossen, die vierte Novelle zum Arzneimittelgesetz. In erster Linie geht es darin um die Genehmigung klinischer Prüfungen. Aber auch für Apotheken ist etwas dabei: Ein Rezept darf nur beliefert werden, wenn Arzt und Patient vor der Verschreibung unmittelbar Kontakt hatten. Das heißt: Wenn der Onkel Doktor den Patienten nur per Telefon hört oder per Videocamera sieht und ihm dann ein Rezept zuschickt, dann gilt das Rezept nicht. Nur wenn es sich um ein Wiederholungsrezept handelt zur Fortsetzung der Behandlung, wäre dies denkbar. Mein liebes Tagebuch, die Novelle dient dem Schutz des Patienten, denn eine Behandlung und Diagnose via Telefon oder Internet könnte Fehldiagnosen produzieren. Geschäftsmodelle wie Dr. Ed, eine Arztpraxis, die von Großbritannien aus deutschen Patienten Rezepte ausstellt, sind damit nicht mehr möglich. Aber da fragt man sich als Apotheker: Gut gemeint, aber wie soll man in der Apotheke einem Rezept ansehen, ob der Patient persönlichen Kontakt mit dem Arzt hatte?
Was die AMG-Novelle auch regeln wird: Das Berufsbild des Apothekers wird erweitert: Auch Apotheker in Industrie, Behörden und Hochschulen sind pharmazeutisch tätig und gehören zum Berufsbild Apotheker – mein liebes Tagebuch, es wäre ein Unding gewesen, wenn das nicht aufgenommen worden wäre.
Was man in der vierten AMG-Novelle allerdings vergeblich sucht, sind Regelungen zur Anpassung der BtM-Gebühr und der Rezepturpreise, von der Honoraranpassung ganz zu schweigen. Wie hat uns die ABDA noch vor einem Jahr den Mund wässrig gemacht: Für die BtM-Gebühr und die Rezepturpreise gibt’s große Chancen mit der nächsten AMG-Novelle! Spätestens dann würden diese Forderungen von der Politik aufgegriffen, tönte man. Und jetzt: Fehlanzeige, in der AMG-Novelle steht davon nichts. Stattdessen müssen wir auf den großen Coup 2018 warten, wenn das Gutachten zum Apothekenhonorar vorgelegt wird – mit unbekanntem Ausgang.
Unser ABDA-Präsident auf der hessischen Kammerversammlung: Er zeigte sich enttäuscht. Die Apotheker seien beim Medikationsplan nicht angemessen berücksichtigt worden – ein falsches Signal an den Berufsstand. Ja, sowas, mein liebes Tagebuch, das wissen wir doch mittlerweile. Viel interessanter ist doch jetzt, darüber nachzudenken, warum wir Apotheker nicht eingebunden wurden. Ein bisschen Ursachenforschung wäre nicht schlecht – aber da müsste man dann über die eigene Politik, auch die der letzten Jahre, nachdenken. Also, lieber Blick nach vorne: Es gäbe Chancen, meint der Präsident, dass die Apotheker bei der zweiten Stufe, der Erstellung eines elektronischen Medikationsplans, mit eingebunden werden. Woher diese Zuversicht kommt? Mein liebes Tagebuch, wir werden es nicht erfahren.
Und dann sprach der Präsident noch übers Honorar: Damit ist nur abgegolten, was es 2004 schon gab, sagt Schmidt, neue Dienstleistungen wie Medikationsmanagement sind damit nicht abgedeckt. Genau. Aber weiß das auch die Politik und wissen das die Kassen?
10. März 2016
Tu-eitsch-em, mein liebes Tagebuch, diesen Namen musst du dir merken. „2hm & Associates“ ist die Unternehmensberatung, die ab 1. April im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums analysieren darf, ob unsere Arzneimittelpreisverordnung geändert werden muss und wenn ja, wie. Es ist eines dieser Beratungsunternehmen, das sich gerne der Boot- und Segelsprache bedient, also mit so Floskeln arbeitet wie volle Kraft voraus, man hat Partner an Bord und Crewmitglieder, man setzt mit vereinten Kräften Segel, geht auf Kurs und spielt Navigator oder Steuermann – das übliche Consulter-Kauderwelsch. Dieses Segelteam soll nun eine belastbare Datengrundlage erarbeiten für alle in der AMPreisV geregelten Preise und Preiszuschläge (außer Tierarzneimitteln). Iris an der Heiden, von Haus aus Diplom-Psychologin, leitet das Projekt, das auf 18 Monate angelegt ist. Begleitet wird es durch einen Forschungsbeirat, in dem auch die ABDA vertreten ist. Ende April wird man sich zum ersten Mal treffen. Mein liebes Tagebuch, wohin dieses Segelschiffchen steuern wird, mögen wir uns heute noch gar nicht vorstellen. Die See wird stürmisch sein. Und wir wissen ja: Auf hoher See ist man in Gottes Hand. Die ABDA muss nun überlegen, ob sie ihrerseits selbst einen Dreimaster mit Steuermann anheuert und auf Kurs schickt, sprich: ein eigenes Gutachten in Auftrag gibt, oder ob sie sich in die Hände des tu-eitsch-em-Segelteams mit Psychologin begibt.
11. März 2016
Wenn ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist und die Apotheke ein wirkstoffgleiches Nicht-Rabattarzneimittel abgibt, weil der Patient seinen Wirkstoff dringend benötigt, droht die Nullretaxation. Die Retaxation lässt sich nur verhindern, wenn der Hersteller gegenüber dem Großhändler oder der Apotheke bestätigt, nicht lieferfähig gewesen zu sein. Doch der wird einen Teufel tun, denn würde er dies bestätigen, drohten ihm Strafzahlungen an die Krankenkassen. Und, na ja, irgendwo in Deutschland sind immer ein paar Schächtelchen an irgendeinen Großhandel unterwegs, bloß nicht dort, wo sie gebraucht werden. Mein liebes Tagebuch, das ist schon eine perverse Situation: Um nach den Buchstaben der Verträge zu handeln, müsste man also den Patienten vertrösten auf den Tag X, an dem das Präparat wieder geliefert wird. Das schmerzt heilberuflich, zumal ein oder mehrere wirkstoffgleiche Alternativpräparate in der Schublade liegen, die aber eben nicht im Rabattvertrag der Kasse sind. Gibt man eine Alternative ab, schenkt man das Arzneimittel der Kasse. Und das schmerzt kaufmännisch. Warum wird dieses Dilemma nicht in die Öffentlichkeit getragen? Warum sorgt hier die ABDA nicht für eine politische Diskussion? Zum Glück lässt Haru Diefenbach, der frühere Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands, nicht locker. Er bittet erneut darum, ihm Defektlisten zu schicken, um das Problem der Lieferengpässe mit Zahlen zu belegen. Helft ihm! Wir brauchen Zahlen. Hier hilft nur öffentlicher Druck, aber gewaltig.
9 Kommentare
Noch Fragen? - Klar, Kollege Ditzel!
von Gunnar Müller, Detmold am 13.03.2016 um 14:06 Uhr
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was zu tun wäre?
von Christian Giese am 13.03.2016 um 12:17 Uhr
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Von unten nach oben
von Reinhard Rodiger am 13.03.2016 um 11:19 Uhr
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mir doch egal!
von Christian Giese am 13.03.2016 um 10:39 Uhr
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AW: Geduld bringt Rosen !
von Ulrich Ströh am 13.03.2016 um 12:42 Uhr
Guten Morgen, meine Lieben !
von gabriela aures am 13.03.2016 um 9:53 Uhr
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ein Berufsstand...
von Christiane Patzelt am 13.03.2016 um 9:46 Uhr
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Selbst aktiv werden, denn "Ohne ApothekeR fehlt Dir was"
von Kerstin Kemmritz am 13.03.2016 um 9:39 Uhr
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Unwohlsein! Hilft MCP ?
von Ulrich Ströh am 13.03.2016 um 9:10 Uhr
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