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Der Pharmadialog und seine Ergebnisse erhitzen weiterhin die Gemüter im gesundheitspolitischen Berlin. Insbesondere die Krankenkassen sind unzufrieden, teilweise sogar erzürnt über die zwischen der Pharmaindustrie und der Bundesregierung vereinbarten Inhalte. Für Ärger sorgt beispielsweise ein Beschluss über Arzneimittel-Informationssysteme.
Auf einer Diskussionsveranstaltung des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) war der Pharmadialog am heutigen Donnerstag erneut das alleinige Thema. Zur Erinnerung: Wie die Apotheker waren auch die Krankenkassen bei dem rund anderthalb Jahre andauernden Dialog zwischen drei Bundesministerien und der Pharmaindustrie nicht beteiligt. Lediglich an einer Sitzung nahm der GKV-Spitzenverband als Gast teil.
Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des Kassenverbandes, nutzte die Gelegenheit, um sich über das Diskussionsverfahren zu beschweren. Für ihn als Demokrat sei es nur schwer zu verstehen, dass sich die Bundesregierung in einer solchen Art und Weise „gegenüber einzelnen Gruppen verpflichtet“. Damit spielte Stackelberg auf den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD an, in dem die Regierung der Pharmaindustrie die exklusiven Gespräche angeboten hatte. Es sei auch „auf Dauer unbefriedigend“, dass keine Parlamentarier eingebunden waren. Umso mehr freue er sich nun auf das parlamentarische Verfahren, in dem nicht nur die Aspekte der Pharmaindustrie gehört würden.
Angst vor industrienahen Arztinformationen
Wie weit die Vorstellungen der Krankenkassen mit den Beschlüssen des Pharmadialogs auseinanderklaffen, zeigte sich anhand einer Debatte um Arzneimittel-Informationssysteme in Arztpraxen. Zur Erklärung: Diverse Umfragen unter Kassenärzten haben gezeigt, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über den Zusatznutzen von neuen Arzneimitteln nur sehr selten in den Arztpraxen ankommen. Die Mehrzahl der Ärzte sind über den wirklichen Nutzen der neuen Medikamente nicht gut informiert.
Die Beteiligten des Pharmadialogs haben dazu vorgeschlagen: „Das BMG wird unter Hinzuziehung der Dialogpartner ein Konzept für ein Arztinformationssystem entwickeln.“ Ziel sei es, den gezielten Einsatz neuer Arzneimittel zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Innovationen die Patienten erreichen.
Die Krankenkassen befürchten nun, dass die Informationssysteme von der Industrie infiltriert werden könnten. „Falls es wirklich geplant ist, dass Ärzte mit industrienahen Informationen über die Nutzenbewertung versorgt werden sollen, werden wir dagegen Sturm laufen“, kündigte von Stackelberg an. Gerade an dieser Stelle empfinde er die „Bindung an eine Industriegruppe höchstproblematisch“.
Dr. Sybille Steiner, Dezernentin für Arzneimittel bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), pflichtete von Stackelberg teilweise bei. Es sei im Interesse der Kassenärzte, unabhängig informiert zu werden. Sie stelle sich kurze, informative Zusammenstellungen über neue Medikamente und deren Nutzenbewertung vor. Als Beispiel nannte die Vertreterin der Kassenärzte den KBV-Medikationskatalog, der gemeinsam mit Apothekern im ARMIN-Projekt derzeit in Sachsen und Thüringen getestet wird. Steiner forderte allerdings gleichzeitig, dass die Informationen auch nicht von Kassenseite beeinflusst werden. So dürfe es „unter keinen Umständen“ sein, dass Arzneimittel-Informationen in Subgruppen je nach Höhe des Zusatznutzens unterteilt würden.
1 Kommentar
Apotheker gefordert
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 14.04.2016 um 18:08 Uhr
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