Bad Vibell

Active Ownership Capital erhöht Druck auf Arzneimittelhersteller

Bad Vilbel - 10.05.2016, 17:14 Uhr

AOC geht bei Stada auf Konfrontationskurs: Die starke Präsenz der Apotheker bei Stada sei nicht mehr zeitgemäß, heißt es. (Foto: Management)

AOC geht bei Stada auf Konfrontationskurs: Die starke Präsenz der Apotheker bei Stada sei nicht mehr zeitgemäß, heißt es. (Foto: Management)


Der Investor Active Ownership Capital geht bei Stada auf offenen Konfrontationskurs zur Unternehmensführung. Der Frankfurter Fonds hat gerade gut fünf Prozent der Stada-Anteile erworben, jetzt will AOC auf der bevorstehenden Hauptversammlung den Aufsichtsrat umbesetzen lassen.

Die Hauptversammlung des Bad Vilbeler Arzneimittelherstellers Stada am 9. Juni im Frankfurter Congress Center dürfte deutlich unruhiger verlaufen als in den vergangenen Jahren: In einem Ergänzungsantrag zu dem Aktionärstreffen beantragt der Frankfurter Investor Active Ownership Capital (AOC), dass fünf der insgesamt neun Aufsichtsratsmandate des Unternehmens neu besetzt werden sollen.

Außerdem wollen die sogenannten „aktivistischen“ Investoren erreichen, dass die vinkulierten Namensaktien abgeschafft werden. Damit könnte sich mittelfristig nicht nur die Strategie des Unternehmens ändern, Stada würde auch anfälliger für eine mögliche Übernahme werden.

Konkret verlangt AOC die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder Martin Abend, Eckhard Brüggemann, Arnold Hertzsch, Dieter Koch und Constantin Meyer. Sie sind überwiegend Apotheker sowie Ärzte und sitzen teilweise seit über 20 Jahren in dem Gremium.

An deren Stelle sollen folgende Personen in den Aufsichtsrat einziehen: Julia Barth, Legal Counsel bei GE Healthcare und ehemalige Leiterin der Rechtsabteilung von Sandoz; Norbert Klusen, bis 2012 CEO der Techniker Krankenkasse; Klaus-Joachim Krauth, ehemaliger Finanzchef von Hexal und Athos; Ulrich Wandschneider, bis April 2016 CEO der Asklepios Kliniken; sowie Klaus Röhrig, der neben Florian Schuhbauer einer der beiden Gründungspartner von Active Ownership Capital ist. 

Präsenz der Apotheker nicht mehr zeitgemäß

AOC begründet den Hauptversammlungs-Antrag damit, dass sich Stada von einem in Deutschland tätigen Generikahersteller, dessen Kunden hauptsächlich aus deutschen Apotheken bestanden, zu einem global agierenden Pharmaunternehmen mit einer internationalen Kundschaft entwickelt habe - ohne dabei die Kompetenzen im Aufsichtsrat entsprechend anzupassen.

Die starke Präsenz der Apotheker bei Stada sei nicht mehr zeitgemäß. „Das Ziel unseres Ergänzungsverlangens ist es, den Aufsichtsrat von Stada zu erneuern und ihn mit international anerkannten Experten der Pharma- und Healthcare-Branche sowie Experten für Management, Corporate Governance, Finanzen und Recht zu stärken“, teilte AOC mit. Ein gestärkter Aufsichtsrat sei ein erster wichtiger Schritt, um das Unternehmen gemeinsam mit dem Management positiv weiterzuentwickeln.

Auch mit dem Antrag, die vinkulierten Namensaktien von Stada in einfache Namensaktien umzuklassifizieren, geht AOC auf Konfrontationskurs. Die Einführung der vinkulierten Namensaktien habe historische Gründe gehabt, die seit 1993 nicht mehr existierten. Daher halte Active Ownership Capital die Beschränkung der Rechte der Aktionäre durch das Management „weder für zeitgemäß noch für angemessen“.

Deutliches Wertsteigerungspotenzial

AOC hat nach eigenen Angaben deutliches Wertsteigerungspotenzial bei Stada ausgemacht. So könnte die Effizienz der Produktentwicklung verbessert und der Verkauf führender Produkte in weiteren Ländern optimiert werden. Bei den Einkaufskosten sieht der Fonds ein Einsparpotenzial von mindestens fünf Prozent.

Etwa ein Drittel der nach außen vergebenen Produktion sollte wieder ins Unternehmen zurückgeholt werden. Insgesamt könnte Stadas Kostenstruktur laut AOC im Vergleich mit anderen Unternehmen um mehr als 25 Prozent verbessert werden. Zudem hätten die 2,3 Milliarden Euro, die Stada in den vergangenen zehn Jahren für Zukäufe ausgegeben habe, keinen spürbaren Mehrwert geschaffen:

Von April 2006 bis zum April 2016 sei die Marktkapitalisierung trotz der Milliardenausgaben lediglich um 239 Millionen Euro gestiegen. Der Kurs der Aktie habe bis zum Zeitpunkt des Einstiegs von AOC sogar unter dem vor zehn Jahren gelegen.

Mit dieser Analyse übt AOC massive Kritik am bisherigen Vorgehen des Managements und des amtierenden Aufsichtsrats. Unklar lassen die Investoren allerdings, ob der Fonds auf eine Trennung der Geschäftsbereiche Nachahmerpräparate und frei verkäufliche Medikamente hinarbeitet, oder auf einen Verkauf an einen Investor spekuliert.

Auch wird der langjährige Stada-Vorstandschef Hartmut Retzlaff, der wegen seines hohen Gehalts und gut dotierter Pensionsansprüche ohnehin in der Kritik steht, von dem Fonds nicht namentlich erwähnt. Sollte AOC aber die Neubesetzung des Aufsichtsrates gelingen, dürften auch der bisherige Vorstand und dessen Vorsitzender erheblich unter Druck geraten.

Einfache Mehrheit nötig

Allerdings muss AOC dazu zahlreiche weitere Anteilseigner von seinem Kurs überzeugen. Nach einer Mitteilung Stadas vom 1. April 2016 besitzt AOC 5,05 Prozent der Stimmrechtsanteile und Optionen in Höhe von 1,92 Prozent. Entscheidungen können auf der Hauptversammlung mit der einfachen Mehrheit getroffen werden, das heißt mit 50 Prozent plus eine Stimme des vertretenen Kapitals.

AOC wurde von den ehemaligen Bankern Florian Schuhbauer und Klaus Röhrig gegründet. Der Fonds erwirbt nach eigenem Bekunden signifikante Anteile an mittelständischen, börsennotierten, unterbewerteten Unternehmen in der DACH-Region und Skandinavien. Anschließend setze sich Active Ownership Capital dafür ein, den Unternehmenswert aktiv zu steigern, „indem wir die Umsetzung von operativen, strategischen und strukturellen Verbesserungen fördern“. All dies geschehe gemeinsam mit dem jeweiligen Unternehmensmanagement. Zu den Investoren von Active Ownership Capital zählen europäische Unternehmerfamilien und ausgewählte institutionelle Investoren.

Ein Stada-Sprecher teilte mit, dass dem Unternehmen der Ergänzungsantrag von AOC vorliege und dieser zurzeit rechtlich geprüft werde.


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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