Lieferunterbrechung für Etopophos und Vepesid K

Vermeidbare Todesfälle nicht auszuschließen

Berlin - 23.05.2016, 17:50 Uhr

Der nächste Engpass bei Krebs-Arzneimitteln ist absehbar. (Foto: B. Wylezich Fotolia)

Der nächste Engpass bei Krebs-Arzneimitteln ist absehbar. (Foto: B. Wylezich Fotolia)


Schon wieder ein Engpass in der onkologischen Versorgung: Bristol-Myers Squibb hat für seine Etoposid-haltigen Arzneimittel Etopophos und Vepesid K ab August 2016 eine Lieferunterbrechung angekündigt, die für ein Jahr andauern könnte. Das meldet die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V..

Erst Mitte April hatte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (DGHO) auf einen erneuten Lieferengpass bei dem zytotoxischen Arzneimittel Alkeran® (Melphalan) hingewiesen. Einen guten Monat später hat sich dieses Problem noch nicht erledigt. Der aktuelle Bestand von Alkeran i.v. wird laut der Engpass-Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weiterhin nur kontingentiert abgegeben.

Dafür steht den Onkologen und Klinikapotheken der nächste Engpass ins Haus. Wie die DGHO mitteilt, hat Bristol-Myers Squibb (BMS) dem Vorstand der Fachgesellschaft mitgeteilt, dass es bei den Etoposid-haltigen Arzneimitteln Etopophos (Pulver zum Herstellen einer Infusionslösung) und Vepesid K (Kapseln) ab August 2016 voraussichtlich für ein Jahr zu einer Lieferunterbrechung kommen wird. Als Grund nennt BMS Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Grundsubstanz des Wirkstoffs. Diese wird für Etopophos aus dem Himalaya-Maiapfel gewonnen, der seit kurzem dem „Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES)“ unterliegt.

Etoposid wird als Einzelmedikation oder in Kombination mit anderen Substanzen im Rahmen der Chemotherapie verschiedener Malignome eingesetzt. Etwa bei der Therapie von Keimzelltumoren des Hodens, kleinzelligem Lungenkarzinom der von Hodgkin-Lymphomen (BEACOPP) und hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen (CHOEP). 

Eine essenzielle Rolle spielt die Substanz laut DGHO in der Hochdosis-Chemotherapie mit autologem Stammzellersatz und in verschiedenen Protokollen in der pädiatrischen Onkologie. In vielen dieser Indikationen handele es sich um kurative Therapieansätze, so dass vermeidbare Tumortodesfälle auftreten könnten, wenn die Substanzen fehlen. 

Nur noch auf Antrag und patientenbezogen

Die Applikation von Etoposid ist sowohl durch die in Alkohol gelöste Zubereitung als auch in Form des alkoholfreien Etoposid-Phosphats möglich. Für alkohollösliches Etoposid gibt es mehrere Hersteller. Allerdings ist dieses laut DGHO vor allem für Hochdosis-Therapieprotokolle und in der pädiatrischen Onkologie wenig geeignet. So sei in der pädiatrischen Onkologie nur das Etoposid-Phosphat formal zugelassen. Daher plane BMS ab sofort, die Vergabe von Etopophos zu kontingentieren. Das Präparat soll es dann auf Antrag patientenbezogen geben.

Die DGHO betont erneut, dass Liefer- und Versorgungsengpässe von essenziell notwendigen Krebstherapeutika „nicht akzeptabel“ seien. Die Fachgesellschaft hat eigenen Angaben zufolge in einem Gespräch mit BMS deutlich gemacht, dass für die Behandlung von Kindern und Erwachsenen im Rahmen der Hochdosistherapie weiterhin ein zentraler Bedarf für die Substanz bestehe. BMS habe zugesichert, die DGHO kontinuierlich über den aktuellen Sachstand zu informieren und eng in die weiteren Beratungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden. So bringe die DGHO für mögliche Veränderungen von Protokollen bezüglich eines entsprechenden Substanzwechsel (einfaches Etoposid vs. Etoposid-Phosphat) ihre Fachexpertise ein.

Ob andere Hersteller ihre Etoposid-haltigen Arzneimittel künftig weiter liefern können, oder das gleiche Problem wie BMS mit dem Himalaya-Maiapfel haben, wird sich zeigen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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