- DAZ.online
- News
- Politik
- Hecken unterstützt ...
Der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, würde es sinnvoll finden, wenn die Erstattungspreise für neue Medikamente vertraulich bleiben. Hecken meint, dass einige Hersteller darauf verzichtet hätten, ihre Präparate vom deutschen Markt zu nehmen, wenn im Gegenzug der ausgehandelte Preis geheim geblieben wäre.
Die Frage der Preisvertraulichkeit existiert seit mehreren Jahren. Schon vor dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) forderten die Pharmaunternehmen, dass die zwischen dem GKV-Spitzenverband und den jeweiligen Herstellern vereinbarten Rabatte geheim bleiben sollten. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe, die beide mit der sogenannten Referenzpreiswirkung zu tun haben. Erstens fürchten die Unternehmen, dass andere EU-Staaten bei der Preisbildung sich auf den niedrigen deutschen Preis beziehen. In einem Worst-Case-Szenario der Industrie könnten nach und nach alle Länder im Sinne eines Domino-Effektes nachziehen und den Preis des betroffenen Produktes absenken.
Zweitens geht es um den sogenannten Länderkorb. Können sich Hersteller und GKV-Spitzenverband nicht über einen Preis einigen, soll eine Schiedsstelle einen Rabatt festlegen. Diese verwendet zur Preisberechnung unter anderem eine Ansammlung an Arzneimittelpreisen aus anderen EU-Ländern. Sinkt in den anderen Ländern durch den oben beschriebenen Vorgang das Preisniveau, könnte also auch die Schiedsstelle zu niedrigeren Preisen kommen, so die Befürchtung der Pharmaindustrie. 2011 konnten die Hersteller ihre Forderung nach Vertraulichkeit jedoch nicht im AMNOG unterbringen.
Langjähriger Wunsch der Pharmaindustrie
Fünf Jahre später könnte dies nun gelingen. Gemeinsam mit der Bundesregierung haben sich Vertreter der Pharmaindustrie im Rahmen des Pharmadialogs darauf geeinigt, die Vertraulichkeit einzuführen. Unterstützung für diese Forderung erhalten die Unternehmen nun von prominenter Stelle: Obwohl der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) überhaupt nicht in die Preisverhandlungen eingebunden ist, begrüßt dessen Chef, Josef Hecken, die geplante Einführung geheimer Preise. Auf der Hauptversammlung des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sagte Hecken: „Wir sind in Deutschland die einzigen in Europa, die die wahren Preise noch in der Lauer-Taxe veröffentlichen.“
Die öffentliche Listung des Erstattungsbetrages müsse hinterfragt werden, forderte der G-BA Chef. Aus Heckens Sicht ist das Königsargument der Pharmaindustrie – die Referenzpreiswirkung – durchaus berechtigt. „Ich habe schon von einigen Unternehmen gehört, dass sie auf einen Opt-Out verzichtet hätten, wenn dafür der Preis vertraulich geblieben wäre.“ Die Hersteller seien durchaus dazu bereit, hierzulande niedrigere Preise zu akzeptieren, wenn sie denn sicher sein könnten, dass diese keinen Einfluss auf andere Märkte haben.
Nur noch Behörden sollen Preise sehen dürfen
Bislang sind die Ergebnisse des Pharmadialogs allerdings eher vage. Beide Seiten haben sich darauf geeinigt, dass das Bundesgesundheitsministerium ein Konzept erarbeitet, bei dem nur noch Institutionen auf den Preis zugreifen können, die diese Information für die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben benötigen. Aus der Opposition im Bundestag und den Krankenkassen gab es heftige Kritik an diesem Plan. Die Linken-Politikerin Kathrin Vogler befürchtet beispielsweise, dass die Gesundheitspolitik den Markt zu sehr aus den Augen lasse. Die Krankenkassen meinen, dass Ärzte die Preise als wichtige Information zur Verordnung benötigen.
Hecken hat kein Verständnis für die Gegner der Vertraulichkeit. Alle diejenigen, die sich an diesem „öffentlichen Sturm“ beteiligt hätten, wolle er mitteilen: „ Ich rufe nur in Erinnerung: Mit Rabattverträgen werden jährlich mehrere Milliarden Euro Umsatz gemacht. Und auch da sind die Preise vertraulich.“
4 Kommentare
niedrige deutsche Arzneimittelpreise?
von Sven Larisch am 15.06.2016 um 7:47 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Aha, so so!
von Anna Cottin am 14.06.2016 um 20:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Chamäleon Hecken
von Heiko Barz am 16.06.2016 um 10:41 Uhr
AW: Danke für die Ergänzung, ...
von Anna Cottin am 16.06.2016 um 22:54 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.