Nur geringer Zusatznutzen

Entresto bei herzinsuffizienten Diabetikern

17.06.2016, 16:30 Uhr

Nicht alle herzinsuffizienten Patienten profitieren gleichermaßen von dem neuen Arzneimittel. (Foto: abhijith3747 / Fotolia)

Nicht alle herzinsuffizienten Patienten profitieren gleichermaßen von dem neuen Arzneimittel. (Foto: abhijith3747 / Fotolia)


Nicht alle Patientengruppen profitieren gleichermaßen und „beträchtlich” von Entresto. Zu diesem Schluss kommt das IQWiG. Diabetiker müssten differenziert betrachtet werden. Der G-BA folgt der Auffassung des IQWiG und bescheinigt dieser Subgruppe lediglich einen „geringen Zusatznutzen”.

Entresto® bereichert die Therapie herzinsuffizienter Patienten. Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) der Valsartan-Sacubitril-Kombination im April 2016 „Hinweise auf einen beträchtlichen Zusatznutzen“ bescheinigt. Eine ergänzende IQWiG-Bewertung, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Auftrag gegeben wurde, relativiert nun diese Aussage: Für herzinsuffiziente Diabetiker gebe es lediglich „Hinweise auf einen geringen Zusatznutzen“. Nur für Patienten ohne Diabetes sei dieser beträchtlich. In seiner abschließenden Nutzenbewertung vom 16. Juni, folgt der G-BA dieser Einschätzung des IQWiG.

Sensitivitäsanalysen überzeugten IQWiG nicht

„Die Frage, ob die Kombination Sacubitril / Valsartan häufiger oder seltener zu schweren Nebenwirkungen führt, konnte nicht beantwortet werden. Der Hersteller legte hierzu keine geeigneten Daten vor“, bemängelte das IQWiG in seinem Dossier vom April. Gleichermaßen verhalte es sich mit der Häufigkeit von Therapieabbrüchen aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

Hintergrund für diese Aussage ist die Tatsache, dass der zulassungsrelevanten Studie PARADIGM HF zu Entresto® eine Run-in-Phase vorgeschaltet war. Sie sollte die Verträglichkeit der Zieldosis der eingesetzten Arzneimittel in der eigentlichen Untersuchung gewährleisten. Etwa 20 Prozent der Probanden schieden während des Run-ins aus. Die Nebenwirkungsrate unter Studienbedingungen könne somit – verglichen mit der klinischen Praxis – unterschätzt sein, argumentiert das IQWiG.

Der Pharmazeutische Unternehmer, die Novartis Pharma GmbH, begegnete diesem Argument durch nachgereichte Sensitivitätsanalysen und dem Hinweis, dass möglicherweise das „Subgruppenmerkmal Diabetes mellitus” sich negativ auf die Gesamtkohorte auswirke. Sensitivitätsanalysen geben Antwort auf die Frage, ob auch bei veränderten Daten – wenn einzelne Studien in einer Auswertung nicht berücksichtigt werden – die Entscheidung stabil bleibt. 

Die neuen Auswertungen überzeugten das IQWiG nicht bei allen. Somit bleibt auch die Dossierbewertung unbeinflusst – einen beträchtlicher Zusatznutzen gebe es, allerdings nur für Nicht-Diabetiker.

Valsartan und Sacubitril bereits in Leitlinien verankert

Entresto® kombiniert die Wirkstoffe Valsartan und Sacubitril. Der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhinbitor (ARNI) ist seit November 2015 in Deutschland zur Therapie der symptomatischen chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion zugelassen – und hat als neuer „shooting star” in dieser Indikation bereits Eingang in die aktuellen Leitlinien gefunden.

Die amerikanische Leitlinie berücksichtigt die Kombination aus Valsartan und Sacubitril schon in der First-line-Therapie: Der ARNI ist somit bereits initial – gemeinsam mit Betablocker und Aldosteron-Rezeptor-Antagonist – den ACE-Hemmern und AT1-Rezeptor-Antagonisten gleichgestellt.

Die europäischen Leitlinien formulieren zurückhaltender: Diese indizieren Entresto® erst nach Versagen der Dreierkombination aus ACE-Hemmer / AT1-Rezeptor-Antagonist, Betablocker und Aldosteron-Rezeptor-Antagonist.

Valsartan

Valsartan gehört zur Gruppe der AT1-Antagonisten. Ebenso wie ACE-Hemmer, Aldosteron-Antagonisten und der Renin-Inhibitor Aliskiren zählt die Substanz zu den Inhibitoren des Renin-Angiotensin-System (RAS). Durch selektive Blockade des AT1-Rezeptors hebt Valsartan die physiologischen Effekte von Angiotensin II – starke Vasokonstriktion und eine erhöhte Aldosteron-Ausschüttung – auf. Die blutdrucksenkende Wirkung von Valsartan beruht also auf einer Vasodilatation sowie einer erhöhten Wasser – und Natriumausscheidung. Allerdings kommt es auch zu einer erhöhten Kaliumretention. Valsartan wird allein oder in fixer oder freier Kombination mit anderen Substanzen zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz sowie zur Sekundärprophylaxe nach einem Herzinfarkt eingesetzt. Handelsnamen (Beispiele): Diovan® und Generika (in Kombination mit anderen Substanzen: Entresto®, Exforge®, Exforge® HCT, Codiovan®, Cordinate®, Cotareg®, Dafiro®, Provas® comp.)

Sacubitril

Sacubitril blockiert das Enzym Neprilysin, das für den Abbau von natriuretischen Peptiden (ANP und BNP) verantwortlich ist. ANP und BNP stellen Gegenspieler zum vasokonstriktorisch wirkenden Angiotensin II dar. Unter anderem senken sie das Plasmavolumen durch eine erhöhte Diurese und Natriurese. Blockiert man das abbauende Enzym, führen erhöhte ANP- und BNP-Spiegel zu einer Senkung der Vor- und Nachlast sowie zu einer Steigerung des Herzzeitvolumens. Sacubitril wird als fixe Kombination mit Valsartan bei symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion eingesetzt. Handelsname: Entresto® (fixe Kombination mit Valsartan)


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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