Verfahren zu Rx-Boni

Siemsen vertraut dem EuGH

Hamburg - 12.07.2016, 11:45 Uhr

Keine Sorge: Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen ist davon überzeugt, dass der EuGH ausländischen Versandapotheken nicht erlauben wird, deutschen Kunden Rx-Boni zu gewähren. (Foto: Schelbert)

Keine Sorge: Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen ist davon überzeugt, dass der EuGH ausländischen Versandapotheken nicht erlauben wird, deutschen Kunden Rx-Boni zu gewähren. (Foto: Schelbert)


Sorgen über die Ausschreibungswelle bei Zytostatika und Beruhigung zu den Befürchtungen um das EuGH-Verfahren zur Preisbildung waren die Kerngedanken von Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen bei der Kammerversammlung in Hamburg.

Am 11. Juli traf sich die Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg erstmals nach der Wahl des Kammervorstandes im Dezember 2015 und der konstituierenden Sitzung des neuen Vorstandes im Januar. Obwohl der Vorstand damit schon etwa ein halbes Jahr arbeitet, fasste Siemsen kurz die Ziele für die neue Amtsperiode zusammen. Der Vorstand werde sich neben den alt bekannten und immer noch aktuellen Themen und der überfälligen Honorarerhöhung verstärkt um die berufliche Nachwuchsfrage und um die Einführung eines Fehlermanagements mit Hilfe eines offenen Fehlerberichtsverfahrens kümmern. Außerdem werde die Apothekerkammer Hamburg weiter für höhere Transparenz und eine stärkere demokratische Beteiligung der Länder in Berlin eintreten.

Beruhigende Worte zum EuGH-Verfahren

Mit Blick auf das laufende Verfahren zur Arzneimittelpreisbildung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erklärte Siemsen, er sei guten Mutes, dass das Gericht seiner Rechtsprechung treu bleibe und „dem fast ausschließlich politischen und argumentationsarmen Statement des Generalanwalts nicht folgen wird“. Er folgerte, politischer Aktionismus sei derzeit nicht angebracht. Die Apotheker sollten sich nicht von populistischen Äußerungen zu diesem Thema verrückt machen lassen. Siemsen riet nach Großbritannien zu schauen, um zu sehen, wohin Populismus führe. Stattdessen sollten Maßnahmen ergriffen werden, nachdem das Urteil gesprochen sei.

Siemsen warnt vor Rosinenpickerei

Zu den Rahmenbedingungen der Freiberuflichkeit bekräftigte Siemsen, dass der Staat für die Übernahme hoheitlicher Aufgaben eine auskömmliche Honorierung versprochen habe. Doch „die Politik bleibt leider ihren Teil des gesellschaftlichen Vertrages zunehmend schuldig“, so Siemsen und ergänzte: „Immer weiter greift die Rosinenpickerei um sich.“ Staatliche Stellen würden dabei leider keine Ausnahme machen, sondern kräftig mitmischen, beklagte Siemsen. Damit leitete er zu Ausschreibungen für Zytostatika über. Die Ausschreibungswelle habe nun auch Hamburg erreicht. In guter Gesellschaft mit Länderministern und Senatoren für Gesundheit bezeichne er diese Entwicklung als gefährlich, so Siemsen. „Solche Ausschreibungen gefährden über kurz oder lang die flächendeckende, wohnortnahe Versorgung der Patienten mit diesen Arzneimitteln“, mahnte Siemsen. Die hochkomplexe Zytostatikaversorgung dürfe nicht für kurzfristige ökonomische Gewinne geopfert werden.

Hinsichtlich der Versorgung von Flüchtlingen berichtete Siemsen über die Rückkehr zur Normalität. Siemsen lobte das erfolgreiche Engagement der Apotheker in der besonderen Versorgungssituation ab Spätsommer 2015. Die Apotheker hätten alle gesellschaftlichen Forderungen und Wünsche erfüllt und die Erwartungen sogar übertroffen. „Die Apotheker sind also mal wieder sofort da, wo sie gebraucht werden“, folgerte Siemsen. Doch nun würden deutlich weniger Flüchtlinge neu eintreffen. Daher habe er die Initiative übernommen, die Arzneimittelversorgung der Flüchtlinge wieder in die Regelversorgung einzubinden. Bis auf wenige auslaufende Bestandsversorgungen entspreche die Versorgung inzwischen wieder dem Regelsystem.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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