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Sohn eines Apotheken-Mitarbeiters angeschossen
Entsetzen nach Amoklauf in München
Ein Münchner Schüler erschoss am Freitag neun Menschen, zehn weitere wurden schwer verletzt. Angeschossen wurde auch der Sohn eines Mitarbeiters einer Apotheke im Einkaufszentrum. Die Kollegen sind fassungslos. Sie halfen am Abend Menschen, die in Panik Schutz suchten.
Eine schreckliche Tat erschüttert Deutschland wie auch Menschen weltweit: Am gestrigen Freitag schoss ein 18-Jähriger Münchner Schüler am Olympia-Einkaufszentrum anscheinend wahllos auf Passanten. Am fünften Jahrestag des Attentats von Anders Behring Breivik in Norwegen sterben neun überwiegend junge Menschen – drei waren 14, zwei waren 15 Jahre alt. Nach Medienangaben kamen mehrere der getöteten Menschen aus dem Kosovo und der Türkei. Nach Auskunft der Polizei München werden zehn Schwerverletzte und 17 Leichtverletzte noch in Krankenhäusern behandelt.
Unter den Schwerverletzten befindet sich auch ein 13-jähriger Junge, dessen Vater als Fahrer für eine Apotheke im Olympia-Einkaufszentrum sowie für Filialapotheken arbeitet. Er wurde durch zwei Schüsse verletzt, während er mit zwei Freunden in der Filiale eines McDonald's saß, in der der Amokläufer um sich schoss. Seine Freunde wurden gleichfalls durch Schüsse verletzt und überlebten nicht, wie die Inhaberin der Apotheken, Birgit Lauterbach, gegenüber DAZ.online am Telefon sagt. „Es herrscht blanke Fassungslosigkeit und Entsetzen“, sagt sie.
Sie selber kam erst am heutigen Samstag aus dem Urlaub zurück, ihr Sohn war aber mit zwei Mitarbeitern in der Hauptapotheke SaniPlus Apotheke im OEZ. Sie hörten die Schüsse. Anwohner hätten die drei später äußerst fürsorglich bei sich aufgenommen, sagt Lauterbach. Gleichzeitig konnte sie aus dem Urlaub live die Bilder von Überwachungskameras verfolgen und sah so die Sondereinsatzkommandos im Einkaufszentrum.
Mit der Polizei zur Hauptapotheke
Die Filial-Apotheke Mediplus Apotheke am OEZ befindet sich nur gut 200 Meter entfernt von der McDonald’s-Filiale. Eine Apothekerin, die die chaotischen Szenen am Vorabend dort miterlebt hat, möchte am Samstagnachmittag noch nicht mit DAZ.online über die schrecklichen Erlebnisse sprechen.
Am Freitagabend stand ganz München still, da die Polizei sicherheitshalber eine Terrorwarnung ausgesprochen hatte. Die Angestellten der beiden Apotheken halfen, soweit sie konnten. „Panische Leute standen hier, die wir reingelassen haben“, sagt die Mitarbeiterin aus der Apotheke am OEZ gegenüber DAZ.online. Am heutigen Samstag konnte sie kurz mit Kollegen zu der Hauptapotheke im Einkaufszentrum, welches weiterhin abgeriegelt ist. „Wir konnten mit der Polizei ins OEZ“, sagt sie.
Die anderen Filialapotheken öffneten am Samstag wieder
Inzwischen hat sich die Lage vor Ort etwas entspannt. „Wir haben sehr viele Journalisten vor unserer Tür, die ziehen langsam ab“, sagt eine Apothekerin aus der Mediplus Apotheke am OEZ am Samstagnachmittag.
Auch andere Filialapotheken des Familienunternehmens befinden sich in Einkaufszentren – so die Saniplus-Apotheke in den „Riem Arcaden“ am Messezentrum. Deutlich ruhiger sei es heute, sagt eine dortige Mitarbeiterin. Auch sie ist geschockt über die Schüsse auf den Sohn des Fahrers.
Manche Läden bleiben geschlossen
Eine weitere Filiale liegt im Einkaufszentrum „Pasing Arkaden“ im Westen Münchens. Während andere Geschäfte wie ein großer Buchladen oder ein Bekleidungsgeschäft sich dagegen entschieden haben, zu öffnen, ist auch diese Apotheke seit dem Samstagmorgen wieder in Betrieb. „Wenn im OEZ ein Amoklauf ist, kann ich die anderen Apotheken nicht zumachen“, sagte Lauterbach mit Blick auf den pharmazeutischen Versorgungsauftrag.
Weder im Einkaufszentrum noch am benachbarten Fernverkehrsbahnhof Pasing ist Polizei sichtbar, doch offenbar gibt es Zivilpolizisten und vermehrtes Sicherheitspersonal. Nur knapp der Katastrophe entkommen ist eine Verkäuferin eines anderen Geschäfts im Pasinger Einkaufszentrum, die auch schon wieder im Dienst ist: Sie hatte das Olympia-Einkaufszentrum nur fünf Minuten vor dem Amoklauf verlassen.
Trauerakt im Landtag geplant
Erste Vermutungen, die Schießerei könnte einen islamistischen Hintergrund haben, bestätigten sich nicht – aktuell geht die Staatsanwaltschaft von einem klassischen Amoklauf aus. Der Täter hat die deutsche und iranische Staatsbürgerschaft und war offenbar in psychiatrischer Behandlung. Er starb in der Nähe des Tatorts, höchstwahrscheinlich erschoss er sich selbst.
Aus der ganzen Welt kamen zwischenzeitlich Solidaritätsbekundungen, so äußerten sich unter anderem US-Präsident Barack Obama oder der französische Staatspräsident François Hollande. Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel drückten ihr Entsetzen über die Tat und das Leid der direkt Betroffenen aus. „Immer sind es Orte, an denen jeder von uns hätte sein können“, sagte Merkel.
Der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer kündigte inzwischen einen Trauerakt im bayerischen Landtag an. Er will Konsequenzen aus dem tragischen Zwischenfall ziehen. „Wir müssen alles dafür tun, um unsere Sicherheit zu verteidigen“, erklärte er. „Wir müssen Zuwanderer in Deutschland stärker kontrollieren und überwachen“, sagte der bayerische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Kanzleramtsschef Peter Altmaier hingegen sagte, dass es absolute Sicherheit nur mit einem Überwachungsstaat geben könne. „Das kann niemand wollen“, erklärte Altmaier.
Update vom 23.07.2016, 22 Uhr: Zwischenzeitlich konnten wir mit der Inhaberin der Apotheken sprechen und erfuhren von den tragischen Verletzungen des Mitarbeiter-Sohns und seiner Freunde. Der Artikel wurde entsprechend ergänzt.
1 Kommentar
Überwachungskamera
von marko am 02.08.2016 um 15:25 Uhr
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