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Pro Generika zum Pharma-Gesetz
Weniger Retax-Stress durch Mehrfachvergaben
Bis zum heutigen Montag mussten alle Fachverbände ihre Stellungnahmen zum sogenannten Pharma-Gesetz einreichen. Der Branchenverband Pro Generika kämpft noch für die Abschaffung der exklusiven Rabattverträge. Ein Argument: Bei Mehrfachvergaben werden Apotheker seltener retaxiert.
Die Stellungnahme von Pro Generika, die DAZ.online vorliegt, bezieht sich auf das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG). Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will mit dem Vorhaben einige Schrauben an der frühen Nutzenbewertung nachjustieren. Außerdem sind einige Änderungen an der Arzneimittelpreisbildung geplant, um die Arzneimittelausgaben zu drosseln. Einige im Referentenentwurf enthaltene Regelungen gehen auf den Pharmadialog zurück, in dem die Bundesregierung mit der Pharmaindustrie die Zukunft der Arzneimittelversorgung diskutiert hatte. Ebenfalls enthalten ist eine Gehaltserhöhung für die Apotheker. Die Pharmazeuten sollen für die Rezepturherstellung und die BtM-Abgabe künftig mehr Geld bekommen.
Zu dieser Honoraranpassung äußert sich der Branchenverband der Generika-Hersteller nicht. In erster Linie geht es Pro Generika um eine Maßnahme, die auch beim Pharmadialog diskutiert wurde: die obligatorische Mehrfachvergabe bei Arzneimittel-Rabattverträgen. Im Ergebnisbericht des Pharmadialogs wird sogar erwähnt, dass die Abschaffung exklusiver Ausschreibungen geprüft werden solle.
Die Mehrfachvergabe als „Standard im Rabattvertragssystem“ würde nicht nur dafür sorgen, dass Engpässe einzelner Lieferanten besser aufgefangen werden könnten, sondern auch eine breitere Beteiligung von Firmen an der Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ermöglichten, heißt es in der Stellungnahme.
Aus Sicht von Pro Generika ist der derzeitige Schutz der Krankenkassen vor einem Lieferengpass nicht ausreichend. Falle ein bezuschlagtes Unternehmen aus, stünden den Kassen zwar Vertragsstrafen und Schadensersatzforderungen zur Verfügung. Aber: „Für die Versorgungssicherheit ist entscheidend, dass dann andere Generika-Unternehmen diesen Versorgungsausfall kompensieren können. Dies ist beim Exklusivzuschlag regelhaft nicht der Fall, da Unternehmen, die von den Krankenkassen keinen Zuschlag erhalten haben, die zusätzlich benötigten Mengen in ihrer Produktion nicht einplanen.“
Entschärfung des Retax-Konfliktes
Laut Pro Generika würden nicht nur die Generika-Hersteller von Mehrfachvergaben profitieren, sondern auch die Apotheken. Denn diese könnten bei Lieferunfähigkeit einfach das Präparat eines anderen bezuschlagten Unternehmens abgeben. „Damit würde zusätzlich die Diskussion um Retaxierungen bei Lieferengpässen entschärft“, erklärt der Branchenverband. Sogar für die Krankenkassen hätten die Mehrpartner-Modelle Vorteile, gibt Pro Generika an – und das sogar für die bei Rabattverträgen federführende Ortskrankenkasse, die AOK Baden-Württemberg.
Die hatte in den vergangenen Wochen nämlich einen Konflikt mit dem Generika-Unternehmen Mibe, das der AOK in einer Ausschreibung eine Anti-Baby-Pille zum Null-Tarif angeboten hat. Die AOK musste den Zuschlag erteilen, befand ein Gericht. Durch die Mehrfachvergabe würden solche „vergaberechtlichen Unschärfen bei Unterkosten-Angeboten“ beseitigt, so Pro Generika. Wie der Fall „Mibe“ gezeigt habe, gebe es derzeit keine vergaberechtliche Handhabe gegen Unterkostenangebote.
Ein Dorn im Auge ist den Generika-Herstellern das überraschend in den Referentenentwurf gerutschte Preismoratorium für Pharmahersteller. Das BMG plant, die Preissperre für Hersteller vorzeitig bis 2022 zu verlängern. Pro Generika ist verärgert: Das Preismoratorium als solches sei ohnehin „willkürlich“. Zudem stelle es noch einen „erheblichen Eingriff in die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit der pharmazeutischen Unternehmen“ dar.
Generika-Hersteller verärgert über Preisstopp-Verlängerung
Die Fortführung des Preisstopps hätte laut dem Branchenverband zur Folge, dass den Generika-Herstellern über einen Zeitraum von 13 Jahren und fünf Monaten die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Preise anzupassen. „Dies ist angesichts der seit Jahren steigenden Ausgaben für Energie, Rohstoffe und Personal bei der Preisgestaltung nicht zumutbar.“ Erstmals will die Bundesregierung den Unternehmen allerdings erlauben, ihre Preise inflationsbedingt anzupassen. Pro Generika kritisiert allerdings, dass das „lediglich auf der Basis des Verbraucherpreisindexes“ möglich sei.
Der Verband stellt noch einige weitere Forderungen auf, die im Referentenentwurf nicht enthalten waren. Um Biosimilars zu stärken, sollten regionale Biosimilar-Zielvereinbarungen verstärkt genutzt werden. Ärzte sollten zudem umfassend über Biosimilars informiert und beraten werden. Pro Generika fordert zudem eine Abschaffung der Rabattverträge über Impfstoffe. Außerdem sprechen sich die Generika-Hersteller für eine komplette Streichung der Importquote aus. Diese sei nicht mehr zeitgemäß: Eine spezifische Förderung von Import-Medikamenten sei sowohl volkswirtschaftlich als auch aus Sicht der Krankenkassen nicht mehr erforderlich. Letztlich sollten importierte Wirkstoffe an europäische Vorgaben angepasst werden und Forschung und Entwicklung in Deutschland gestärkt werden.
Am 23. August werden die Fachverbände – darunter auch die ABDA – die Möglichkeit bekommen, ihre Vorstellungen mündlich im BMG vorzutragen. Nach nochmaligen Änderungen will das BMG den Gesetzentwurf dann im September dem Bundeskabinett zur Abstimmung vorlegen. Dann werden Bundestag und Bundesrat die Möglichkeit erhalten, ihre Vorstellungen in das Vorhaben einzuarbeiten. Im Frühjahr 2017 könnte das Gesetz in Kraft treten.
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