Stellungnahme zum AM-VSG

Auch Zyto-Apotheker fordern ein Ende der Selektivverträge

Berlin / Stuttgart - 23.08.2016, 15:30 Uhr

Ausschreibungen sollen für Chaos sorgen: Fehlende Chemotherapien, unbefüllte Infusionsbestecke und unbeschriftete Spritzen wurden geliefert. (Foto: Fotolia / showcake)

Ausschreibungen sollen für Chaos sorgen: Fehlende Chemotherapien, unbefüllte Infusionsbestecke und unbeschriftete Spritzen wurden geliefert. (Foto: Fotolia / showcake)


Der Verband der Zytostatika-herstellenden Apotheker hat am Dienstag erneut die Abschaffung der Selektivverträge über die Zytostatikaherstellung gefordert. Die Ausschreibungsmodelle zerstörten die wohnortnahe Versorgung der Patienten, außerdem verkenne sie die Patientenautonomie, heißt es in der Stellungnahme. 

„Die Zytostatikaversorgung ist eindeutig nicht dafür geeignet, sie dem Ausschreibungsregime der Krankenkassen zu unterstellen.“ In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf des GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG ) positioniert sich der Verband der Zytostatika-herstellenden Apotheker (VZA) erneut klar gegen die Zytostatika-Selektivverträge. Die Ausschreibungsmodelle zerstörten die wohnortnahe Versorgung der Patienten, die zur Sicherstellung einer effizienten Arzneimittelversorgung aus Qualitätsgesichtspunkten und zur Vorbeugung einer Ressourcenverschwendung gerade gestärkt werden sollten, so der VZA in einer Pressemitteilung. Hinzu komme, „dass Ausschreibungen die Patientenautonomie verkennen. Auch krebskranke Patienten dürfen nach der Gesetzeslage entscheiden, wer sie behandelt und mit Arzneimitteln versorgt“, so der Verband.

Statt Exklusivverträgen sollten die kollektivvertraglichen Regelungen in der Hilfstaxe gestärkt werden, schlägt der VZA vor. Diese hätten in den vergangenen Jahren schon zu erheblichen Einsparungen für alle Krankenkassen geführt. Andererseits blieben dabei aber die bewährten Strukturen der Versorgung erhalten. 

Um weiter und kontinuierlich Einsparungen für die Versicherten aller Krankenkassen zu erzielen, fordert der VZA eine regelmäßige Überprüfung der in der Hilfstaxe vereinbarten Preise. Außerdem sollen die Auskunftsansprüche in § 129 Abs. 5c SGB V gestärkt werden, damit gewichtete Durchschnittspreise ermittelt werden können. Konkret fordert der VZA, die Preise in der Hilfstaxe künftig als feste Preise (beispielsweise in mg) zu vereinbaren sowie diese mindestens einmal jährlich zu überprüfen und an die geänderte Marktlage anzupassen.

Die Liste der Kritiker wird länger

Mit seiner Kritik befindet sich der VZA in guter Gesellschaft. Anfang dieser Woche hatte auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Abkehr von den Zyto-Verträgen gefordert. Die Kliniken machen sich insbesondere über die Versorgung ambulanter Patienten in Kliniken Sorgen. Die Versorgung dieser Patienten dürfe nicht „ausgehebelt“ werden, heißt es in der Mitteilung. Die DKG fordert, dass die Zytostatika weiterhin von den Kliniken selbst hergestellt werden können – eine Möglichkeit, die es bei Selektivverträgen nicht mehr gibt.

Zuvor hatte der Bundesverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO) in der „Welt am Sonntag“ „chaotische Zustände“ in den Praxen beschrieben. Die Apotheken hatten die Ärzte offenbar fehlerhaft beliefert. – laut Vorstandsmitglied Erik Engel eine Auswirkung der Ausschreibungen. So seien fehlende Chemotherapien, nicht lieferbare Begleitmedikationen, unbefüllte Infusionsbestecke, unbeschriftete Spritzen, falsche Packungsgrößen sowie unvollständige oder verspätete Lieferungen gemeldet worden.

ABDA befürchtet schlechteres Versorgungsniveau

Auch die ABDA hat sich heute in ihrer Stellungnahme zum AM-VSG für eine komplette Abschaffung exklusiver Zyto-Ausschreibungen ausgesprochen. Aus Sicht der Apotheker gefährden die Rabattverträge die patientenindividuelle Versorgung. Die ABDA befürchtet „gravierende Einbußen im Versorgungsniveau“. Zudem sorgt man sich, dass Zyto-Verträge bald schon europaweit ausgeschrieben werden könnten und die Zuschläge ausschließlich an große Herstellerbetriebe gehen würden. Dadurch erhöhe sich die Abhängigkeit von einigen wenigen großen Anbietern, zumeist Lohnherstellern, die durch die Orientierung am günstigsten Preis über Massenherstellung und große Marktdominanz den Wettbewerb beherrschen, heißt es in der Stellungnahme.

Der AOK-Bundesverband, der stellvertretend für die Ortskrankenkassen, in immer mehr Regionen exklusiv ausschreibt, zeigt sich vom Gegenwind unbeeindruckt.Im Interview mit DAZ.online erklärte Sabine Richard, bei der AOK zuständig für Versorgungsthemen, warum die Verträge aus ihrer Sicht sogar positive Auswirkungen haben. Dass es am Anfang einer Ausschreibungsrunde Probleme und Irritationen im Markt gebe, kenne man bereits von früheren Ausschreibungen. Sie ist überzeugt, dass sich die Aufregung legen wird. Die Bewertung der Ausschreibunge mache man daran nicht fest, erklärte Richard.

Am heutigen Dienstag treffen sich im BMG alle betroffenen Fachverbände, um ihre Meinung zum AM-VSG kund zu tun.



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